Ich bin getauft ...

Es gibt einen alten Witz über drei Pastöre, die sich über ihre Probleme mit lästigen Tauben in der Kirche unterhalten:

Während zwei der geistlichen Herren alle möglichen Rezepte zum Verjagen von Tauben austauschen und immer wieder eingestehen, dass alle diese Rezepte nichts nützen, sitzt der dritte Pastor einfach schmunzelnd dabei.

Schließlich fragt ihn einer seiner Mitbrüder: „Und wie gehst du mit den Tauben um?" Die verblüffende Antwort lautet: „ Ich habe die Tauben in der Kirche alle getauft, seitdem kommen sie nicht mehr !"

Sicher ist das nicht Sinn und Zweck der Taufe, aber in manchen Kirchen und Gemeinden bekommt man den Eindruck, dass nicht nur die Tauben nach der Taufe den Besuch der Kirche einstellen.

Dabei ist die Taufe das Sakrament der Aufnahme in die kirchliche Gemeinschaft. Diese Gemeinschaft der getauften Gläubigen ist es, die unsere Kirche ausmacht, nicht das schöne Gebäude, nicht die Würdenträger in Rom, Köln oder Solingen. Mit der Taufe wird jeder Christ zum „ Mitglied des Volkes Gottes" und bekommt Anteil an „Christus, der gesalbt ist zum Priester, König und Propheten". So sagt es die Liturgie und so steht es in vielen grundlegenden Texten und Dokumenten aus der langen Geschichte der Kirche.

Doch was heißen diese theologischen Überlegungen ganz konkret für den einzelnen Gläubigen in Solingen, im Pfarrverband MiNor? Zunächst einmal bedeutet es: ES KOMMT AUF JEDEN AN !

Jeder einzelne Christ ist für die Gemeinschaft wichtig und umgekehrt ist die Gemeinschaft für jeden einzelnen Christen wichtig. Wer, wenn nicht die einzelnen Gläubigen sollten den kirchlichen Mitarbeitern eine Aufgabe stellen können? Mit wem sollten die Priester Gottesdienst feiern, wenn nicht mit den Gemeindemitgliedern? Für wen sollten all die Angebote der Begegnung, der Freizeitgestaltung, der Information und Bildung sein, die unser Gemeindeleben bereichern, wenn nicht für Sie, die getauften Mitglieder unserer Gemeinden?

Sie sehen, die Taufe ist nicht nur ein Geschehen für den Einzelnen. Die Taufe ist nicht einfach ein Familienfest zur Geburt eines Kindes. Mit der Taufe wird jedem von uns eine Aufgabe und eine Kompetenz übertragen, nämlich am Aufbau und Fortbestand der Gemeinde vor Ort und der Kirche in der ganzen Welt mitzuwirken. Die Theologie nennt dies „das allgemeine Priestertum aller Getauften“.

Jeder getaufte Christ hat die Aufgabe und die Möglichkeit, seine besonderen Fähigkeiten, seine Ideen und Gedanken, seine Kraft in das Gesamte der Gemeinde und der Kirche mit einzubringen. Mit der Taufe bekommt jeder Einzelne eine wichtige Bedeutung für die Gemeinschaft. Wie sich das zeigt, ist ganz unterschiedlich. Der eine wird Mitglied in einem Gremium der Pfarrei, der andere übernimmt eine Aufgabe in der Weitergabe des Glaubens, der dritte engagiert sich bei gemeinsamen Festen, noch ein anderer hat ein Talent für die Betreuung von Kindern und Jugendlichen. Und es gibt noch so viel mehr!

In der Taufe wird für all das die nötige Kompetenz verliehen und der Zugang zur Gemeinschaft geschenkt.

Jeder ist eingeladen und aufgerufen, sich entsprechend einzubringen zum Wohl der ganzen Gemeinschaft und als Stütze für die anderen. Das meint das allgemeine Priestertum aller Getauften und das braucht unsere Kirche heute mehr denn je.

B. Dobelke, Pfarrer