Die Entstehung von St. Engelbert 1906

 

Beginnen wir mit dem Jahr 1906. Die deutschen Länder wurden von zahlreichen Königen bzw. Fürsten regiert. Der König von Preußen - zu dem damals Solingen gehörte - war als Wilhelm II. zugleich Deutscher Kaiser.

Im Jahr, da unsere Kirche und Pfarrgemeinde in die Geschichte eintraten, geschah etwas, worüber damals fast ganz Deutschland lachte: die Köpenickiade. Der Schuster Wilhelm Vogt besorgte sich eine abgelegte Hauptmannsuniform, nahm mühelos eine Gruppe Soldaten unter sein Kommando und beschlagnahmte die Stadtkasse von Köpenick. Vogt bekam einige Jahre Gefängnis, aber der Kaiser begnadigte ihn und gestattete ihm sogar, sein Bild in Hauptmannsuniform zu verkaufen. Man sagt, der Kaiser sei darüber erfreut gewesen, was eine Offiziersuniform in seinen Land bewirken konnte.

Aber 1906 geschah nicht nur Humorvolles. In diesem Jahr wurde auch der Hamburger Hauptbahnhof in Betrieb genommen. In Mittelamerika wurde der Bau des Panamakanals, der die Schifffahrtslinie New York - San Francisco um 13000 km verkürzt, nach jahrelanger Bauunterbrechung weitergeführt. 1906 fand auch das erste größere Autorennen statt. Die Höchstgeschwindigkeit der Rennwagen betrug etwa 100 km/h. Es wurden in diesem Jahr noch Flugversuche in einem Doppeldeckerflugzeug unternommen, die weniger als 1 Minute dauerten und nicht einmal 100 m Weite erreichten, dennoch wurde schon eine Flugzeugfabrik eingerichtet.

 

1906 also feierten die Katholiken im Raum Mangenberg die erste Eucharistiefeier in ihrer neuen Kirche und brauchten nicht mehr den weiten Weg zur Pfarrkirche St. Katharina in der damals noch selbständigen Stadt Wald zu machen. Sie freuten sich an ihrer Kirche, von deren damals ziemlich vollständiger Inneneinrichtung lediglich der Taufstein die Jahrzehnte überdauert hat. Da die Kämpfe im ersten Weltkrieg im Westen außerhalb der deutschen Grenzen stattfanden, hat die Kirche diesen Krieg ohne Schaden überstanden.

 

Für den kirchlichen Bereich sei festgehalten, dass im Jahr 1906 der später heilig gesprochene Pius X. Papst war. Durch sein Kommuniondekret eröffnete er den Gläubigen die Möglichkeit zu häufigerem Kommunionempfang auch schon im frühen Kindesalter. An der Spitze der Kölner Kirchenprovinz und des Erzbistums Köln stand  in diesem Jahre Erzbischof Anton Kardinal Fischer. Er wird als zielbewusste und energiegeladene Persönlichkeit geschildert und er förderte vor allem das katholische Vereinswesen und die frühe und häufige Kommunion.

Erst in den dreißiger Jahren wurden wesentliche Veränderungen an der Kirche vorgenommen. Ob es sich dabei eher um notwendige Reparaturarbeiten oder Anpassung an den gewandelten Zeitgeschmack handelte, ist nicht mehr feststellbar. Jedenfalls wurden dabei auch die Fenster im Chorraum und im oberen Bereich des Mittelschiffes geschlossen. Dieser Zustand blieb bis in die siebziger bzw. achtziger Jahre erhalten, auch nachdem die Kirche durch Bombeneinschläge in ihrer Nähe im zweiten Weltkrieg großen Schaden genommen hatte.

Durch Kriegseinwirkungen wurden auch die ersten Kirchenfenster des später vor allem durch die Gestaltung von Kirchenfenstern so berühmten Künstlers Georg Meistermann zerstört.

Besonders in den letzten zwanzig Jahren wurde dann unsere Pfarrkirche außen und innen und vom Boden bis zum Dach gründlich saniert und im Innern vor allem mit Werken des Künstlers Henrik Dywan gediegen ausgestattet. Die Chor- und Kapellenfenster schuf der Künstler Dieter Hartmann. Auf Details brauche ich hier nicht einzugehen, da die einzelnen Kunstwerke in der Fortsetzungsreihe "Lernen Sie Ihre Pfarrkirche kennen" vorgestellt wurden.

Eines darf ich im Hinblick auf Sie als Gemeindemitglieder und Ihre finanzielle Hilfe, sowie auf die Pfarrgremien und die beteiligten Künstler dankbar feststellen: Auch nach 90 Jahren ist unsere Kirche St. Engelbert ein würdiger Mittelpunkt unserer Pfarrgemeinde. Sie hat Regierungsformen und Reiche überlebt und wie zu Zeiten des uns schon so fernen Deutschen Kaiserreiches ist sie für viele ihre religiöse Heimat.

Aber nicht nur die Kirche, auch die Kirchengemeinde St. Engelbert besteht 90 Jahre, zunächst als Rektorat bis sie 1922 zu selbständigen Pfarrei erhoben wurde.

 

Dazu einige Zahlen (Stand 1997):

  • Seit 1906 wirkten 9 Rektoren bzw. Pfarrer, 8 Kapläne und 2 Subsidiäre in unserer Pfarrgemeinde und 4 Neupriester gingen aus ihr hervor. Seit 1912 führt die Pfarrei eigene Kirchenbücher.
  • Von 1912 - 1996 wurden in unserer Kirche  - wohl alle am gleichen Taufbecken - 2945 Taufen gespendet. Außerdem wurden von 1927 - 1946 in den Städt. Krankenanstalten 504 Kinder getauft, die in einem eigenen Buch verzeichnete sind.
  • In den letzten 22 Jahren gingen in unserer Kirche 618 Kinder zur Erstkommunion.
  • Von 1946 - 1996 wurden von unserer Gemeinde aus 704 Pfarrangehörige zu Grabe geleitet.

Nüchterne Zahlen, die zeigen, dass seit der Zeit des Kaiserreiches im Jahre 1906 in unserer Pfarrgemeinde St. Engelbert christlichen Glaube ununterbrochen weitergegeben und gelebt wurde.

 

*veröffentlicht 1997 von Pater W. Mertens