Ich glaube!

Für die Sommerausgabe von "MiNor Spektrum" haben Menschen aus Solingen und Umgebung uns von ihrem Glauben erzählt.

Wir stellen ihre "Glaubensbekenntnisse" für Sie zum Nachlesen bereit:

 

"Ich glaube" - Pfarrer Mohr

"Martyria" - Schüler(innen) aus Wuppertal

"Ich glaube: Jesus hat gelebt" - Dr. B. Langensiepen

"Was ist Glaube - was ist Glaube für mich?" - C. Schroeder

"Mein Glaube" - Pfr. Thomas Schorsch

"Ich habe wieder zurückgefunden" - C. Böhmer

"Und doch habe ich einen Glauben" - ausgetreten aus der Kirche

Ich glaube. Glaube ich?

Mein erster Gedanke zum Thema dieses Heftes war: „Na, das sollte kein Problem sein; schließlich ist doch Glaube mein täglich Brot.“ Nur hat sich bald herausgestellt: Das ist doch gar nicht so einfach, einen Beitrag zu diesem Thema zu schreiben.

Irgendwie funktionieren diese zwei Worte doppelt: „Ich glaube.“ Aber auch: „Glaube ich?“. Und das hat mich auf die Spur des Apostels Thomas gebracht, der mir in meinem Leben immer wieder ziemlich nahe ist: Ich finde mich bei ihm wieder, und zwar sowohl beim „Ich glaube.“ als auch beim „Glaube ich?“

Denn einerseits war Thomas einer der zwölf Apostel: Er hat Jesus begleitet, war immer an seiner Seite. Er hat seine Reden gehört und seine Wunder gesehen. Ihm und den anderen hat Jesus seine Gleichnisse erklärt. Selbstverständlich war er einer, der glaubt.

Andererseits kennen wir Thomas als „den Ungläubigen“. Den, der nicht da war, als Jesus den anderen erschienen ist. Der dann gesagt hat: Wenn ich ihn nicht sehe und wenn ich ihn nicht anfassen kann, dann kann ich nicht glauben.

Man mag denken: Ja, ein Priester; so einer, der für die Kirche arbeitet, der glaubt. Gar keine Frage, gar kein Zweifel. Wieso also Thomas, der Ungläubige?

Die Antwort ist einfach: Weil selbstverständlich auch ich zweifle, nicht immer so felsenfest glauben kann. Der Glaube ist nichts, was man einfach „hat“: Der Glaube entwickelt sich, ändert sich, ist immer neu und kann manchmal auch eine ziemliche Durststrecke sein. Das ist so, weil Glaube keine Sache ist, sondern eine Beziehung: die Beziehung eines Menschen zu Gott. Und wie jede Beziehung zwischen Menschen, so ist das eben auch mit der Beziehung zu Gott.

Mein Einstieg in diese Beziehung war natürlich die Taufe. An die habe ich, wie wohl die meisten, zwar keine persönliche Erinnerung; der Priester, der mich getauft hat, begleitet mich allerdings bis heute.

Die Zeit bis ungefähr zur Firmung war einfach: Der liebe Gott war einfach da.

Die ersten Zweifel sind dann engagiert ausdiskutiert worden in vertrauter Runde mit unserem damaligen Kaplan. Über Gott und die Welt haben wir geredet, manchmal bis es tiefe Nacht war und die Köpfe rauchten. War Gott da? Heute sage ich: Bestimmt! Damals war ich mir da nicht so sicher.

Und nach dem Zivildienst die Frage: Wie geht’s weiter? Theologie, Priester? Wirklich? Nein, eher nicht. Erstmal „was Vernünftiges“. Aber die Beziehung zu Gott, der Glaube, ist in eine neue Runde gegangen; die Frage: „Was hat Gott mit mir vor?“ war noch nicht beantwortet. Und nun sitze ich also hier und versuche, diesen Beitrag zu schreiben.

 Mir ist jedenfalls im Laufe der Zeit immer klarer geworden, dass es eben nicht nur darauf ankommt, etwas im wörtlichen Sinne zu tun für den Glauben: In die Heilige Messe gehen, Messdiener sein, in Gremien mitzuarbeiten und so weiter. All das ist wichtig und wirklich wertvoll, weil ich das, was ich glaube, auch leben möchte. Und weil natürlich die Gemeinschaft eine große Stütze ist. Benedikt XVI. hat das ganz kurz und knapp gesagt: Wer glaubt, ist nie allein.

Nein, ich muss auch im geistlichen oder geistigen Sinn etwas tun für den Glauben: Nicht nur in die Messe gehen, sondern wirklich  innerlich mit feiern. In der Bibel lesen. Ganz persönlich beten. Oder neben all dem Lärm und dem Alltag die Stille suchen. Denn nur da kann ich Gott wirklich begegnen. Oder ein gutes geistliches Buch lesen. Mit anderen Menschen über den Glauben reden. Begleitung (auch geistliche Begleitung) suchen. Beichten. Denn so kann die Beziehung zu Gott wirklich wachsen und tragen. So kann ich Je- sus wirklich ganz persönlich begegnen. Das wird gerade in den Momenten des Zweifelns wichtig sein.

Stellen Sie sich vor, Sie würden sich in Ehe, Beziehung oder auch Freundschaft  nur  noch  auf  das „Tun“  beschränken: Nur noch machen, machen, machen. Käme da nicht auch die Beziehung zu kurz? Würde nicht ein Gespräch, ein Austausch fehlen? Würde man sich nicht irgendwann fragen: Wieso sind wir eigentlich noch befreundet, wieso sind wir noch zusammen?

Muss man nicht auch mal einfach nur still zusammensitzen können und nichts tun? Machen nicht diese sehr einfachen Momente auch den Reiz einer tiefen Freundschaft aus (einer Beziehung oder Ehe sowieso)?

Vielleicht haben wir gerade heute Ruhe, Stille und Spiritualität nötig, wo alles um uns herum laut, hektisch und fordernd ist. Vielleicht tut uns gerade heute Gott gut, der einfach da ist und nicht lärmt. Vielleicht sollten wir es wieder wagen, uns ganz ehrlich selbst zu fragen:

„Glaube ich?“

Eine Woche nach der ersten Begegnung der Apostel mit Jesus, der von den Toten auferstanden ist, war Thomas dann doch dabei. Jesus hat ihn angesprochen und ihm angeboten, ihn anzufassen. Thomas hat nur gesagt: „Mein Herr und mein Gott“. Es hat gereicht, Jesus zu begegnen, um sagen zu können: „Ich glaube“.

 

Ihr Pastor Michael Mohr