Willkommen in der Stille

Eine Meditationsübung

 

Beginnen kann jeder gleich hier und heute, ohne auf einen Berggipfel in die Alpen oder in ein japanisches Zen- Kloster zu fahren. Weder ist ein besonderes Outfit noch Räucherwerk oder eine Buddha-Statue nötig. Es ist auch keine Ersatzreligion sondern ein Instrument um das Lebenstempo zu verlangsamen, gleich welcher Religion oder Weltanschauung man auch immer angehört. Durch Meditation kommen wir zu uns selbst, finden Ruhe und Gelassenheit. Diese Einsicht ist kein Geschenk Asiens an das christliche Abendland. Uns ist die Meditation schon aus Jesu Zeiten her bekannt.

 

Täglich etwas Zeit reservieren

Die grundlegende Voraussetzung ist, sich regelmäßig etwas Zeit zu reservieren, am besten jeden Tag. Eine Viertelstunde ist ein guter Anfang. Gerne darf es auch mit der Zeit etwas mehr sein. Bequeme Kleidung und ein ruhiger, ungestörter Platz, geschmückt mit einer Kerze oder einem Bild oder dem Ton einer Klangschale. Ob man während der Meditation lieber auf einem festen Kissen auf dem Boden sitzt oder auf einem Hocker oder auf einem Stuhl, ist eine Frage der Vorliebe und gesundheitlichen Verfassung.

Dann die Augen schließen und versuchen, ganz bei sich und im gegenwärtigen Moment zu sein. Am besten gelingt das, indem die Aufmerksamkeit auf den eigenen Atem gerichtet ist. Bewusst wahrnehmen, wie der Atem fließt. Wie er von selbst kommt und wieder geht. Wir beobachten sein Ein- und Ausströmen, aber beeinflussen ihn nicht. Durch die Konzentration auf diesen natürlichen Vorgang wird der Atem mit der Zeit immer ruhiger und wir ebenso.

Gegenstand der Meditation kann ein geeignetes Wort, auch biblisch, oder ein Mantra, ein Bild oder ein schöner Ort sein. Die Augen schließen ist in der Regel hilfreich. Wichtig ist die Fokussierung des Bewusstseins. Am besten ausprobieren und Vorurteile beiseitelassen.

Während wir sitzen und zu innerer Ruhe finden wollen, funkt allerdings immer wieder unser Gehirn dazwischen. „Wenn nur all die Gedanken nicht wären", seufzen Meditations-Neulinge. Sie sind enttäuscht, weil sie sofort eine Gedankenleere erhofft hatten. Es ist völlig normal, dass ungefragt Gedanken und Gefühle auftauchen. Statt sie zu unterdrücken, sollte man sie wie Vögel oder Wolken ansehen, die am Himmel vorüberziehen. Wir nehmen sie zur Kenntnis, ohne sie zu beurteilen.

Spürbare und messbare Ergebnisse

Was während der Meditation im Kopf passiert, hat ein Neurowissenschaftler an Probanden untersucht. Im Zustand tiefer Versenkung veränderte sich die Hirnaktivität. Es wurden hochfrequente Gammawellen gemessen, die sonst nur bei kurzzeitiger höchster Konzentration auftreten.

Wenn das Wasser sich nicht bewegt, wird alles klar

Meditation kann sogar die Struktur des Gehirns verändern. Untersuchungen haben ergeben, dass bei regelmäßigem Meditieren die Zahl der Nervenzellen wächst. Ein weiteres interessantes Ergebnis der Untersuchungsreihe war, dass die Ausdünnung der Hirnrinde bei älteren Menschen zum Stillstand kommt.

Buch-Tipp

Sibylle Engels: "Meditation für Neugierige und Ungeduldige", 156 Seiten mit vielen Farbfotos

Üben hilft

Die Übung macht's bei der Meditation, wie beim Lesen oder Klavierspielen. Schon ein nur fünftägiges  Meditationstraining wirke stressmindernd, so der Ulmer Gehirnforscher Manfred Spitzer. Wer meditiert schult seine Körperwahrnehmung und Achtsamkeit. Ich entschleunige mein Lebenstempo. Vieles nimmt man dann gelassener. Ich bin auf einem guten Weg, die rote Ampel stört nicht mehr, sie ist ein unverhofftes Geschenk, eine Minute Innehalten zu können.

Diakon Jürgen Wies