St. Johann Baptist
Pfarrkirche Niederaußem
13. Jahrhundert
Beim ältesten Kern des Gotteshauses, den man auch heute noch betritt und der aus dem frühen 13. Jahrhundert stammt, handelt es sich um eine einschiffige staufische Kirche. Vermutlich existierte vor dieser Kirche ein Vorgängerbau. Vorstellbar wäre eine schlichte kleine Holzkapelle (errichtet um das Jahr 1028), von der jedoch keine Überreste erhalten geblieben sind.
14. und 15. Jahrhundert
Um 1300 wurde die Niederaußemer Kapelle erstmalig im Liber valoris als „Ausheim capella“ erwähnt. Das Patronatsrecht hatte seit 1257 bis zur Säkularisation im Jahre 1802 die Abtei Kornelimünster. Die Kirche war somit Eigentum der Abtei und dieser zehntpflichtig. Kornelimünster besaß unter anderem auch die Filialkapelle Oberaußem. Am 22. April 1304 wurde „Nederoushem“ vom Kölner Dompropst Heinrich von Virneburg zur Pfarrei erhoben und die Kapelle somit zur Pfarrkirche. Als erster Pfarrer wird der Priester Theoderich genannt. Das Patrozinium des heiligen Johannes des Täufers (Johannes Baptist) weist auf eine fränkische Gründung hin. Aus dieser Zeit stammt auch das dritte Pfeilerpaar im Mittelschiff mit seinen romanischen Gesimsen. Gotisch ist der Schlussstein mit einem Relief des Evangelisten Johannes (14. oder 15. Jh.), der auch heute noch im Gewölbe des 1908 angebauten neuen Chors zu sehen ist.
16. Jahrhundert
Der Kirchenbau, so wie er sich heute präsentiert, geht in seinen wesentlichen Formen auf die Anfänge des 16. Jahrhunderts zurück. Dieser Neubau fand unter Verwendung älterer Bauteile statt. Vielleicht gibt das Gussjahr der ältesten Glocke (1527) einen Hinweis auf die genaue Entstehungszeit. Beim Baukörper handelt es sich um eine dreischiffige spätgotische Staffelkirche, einer Architekturform bei der das Mittelschiff nur geringfügig höher ist als die Seitenschiffe. Auch äußerlich macht sich dies an den verschiedenen Höhen der 3 Dächer bemerkbar, wobei der mittlere Dachstuhl die anderen überhöht. Vor das Mittelschiff kam der dreigeschossige Westturm aus Feldbrandstein mit Rundbogenblenden und spitzbogigen Schallfenstern. Er wird von einem achtseitigen Spitzhelm gekrönt. Im Mauerwerk des Langhauses sehen wir die in unserer Heimat verbreiteten Tuffsteinbänder, die sich mit den dunkleren Backsteinschichten abwechseln.
17. Jahrhundert
1693 wurde die Pfarrkirche unter Pfarrer Bernhard Arets renoviert. Der Boden wurde erneuert und die Wände neu angestrichen. Das noch brauchbare Material konnte wieder verwendet werden. Allerdings reichte dies nicht aus. Darum wurden Grabsteine zweier prominenter Mitbürger unter Zustimmung der Nachfahren verwendet, um die Lücken aufzufüllen.
19. Jahrhundert
Unter Leitung von Julius Busch aus Neuss erfolgten 1887 und 1893/94 weitere Restaurierungen der Kirche. Das bis dahin flach gedeckte Langhaus wurde im neugotischen Stil gewölbt. Die Neugotik ist eine Stilrichtung des 19. Jahrhunderts, bei der die mittelalterliche Gotik nachgeahmt wird. Die Holzgewölbe im südlichen Seitenschiff wurden durch Backsteingewölbe ersetzt und die Sakristei in das Südschiff verlegt. In der zweiten Jahrhunderthälfte bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts wurde die Pfarrkirche mit neugotischen Elementen wie Hochaltar und Seitenaltäre neu ausgestattet, die der Kirche einen neuen „alten Glanz“ gaben. In dieser Zeit wurde auch ein Großteil der Figuren angeschafft sowie Kanzel und Taufstein. 1887 erhielten die Einschnitte zwischen dem Mauerwerk und den Satteldächern der Schiffe sowie die Turmgesimse einen Aufsatz aus hellgelben Bachsteinen.
20. Jahrhundert
1908 wurde wie erwähnt ein neues Chorhaus mit dreiseitigem Chorabschluss angebaut. Am Knotenpunkt des dortigen Gewölbes fand der alte gotische Schlussstein wieder seinen Platz. Chor und Altäre wurden am 28. Juli 1910 durch den Kölner Weihbischof Joseph Müller feierlich geweiht. 1941 erfolgte eine weitere Kirchenrenovierung. Die Wände wurden neu getönt, die Figuren und Altäre restauriert und alle anderen Einrichtungsgegenstände und Fußböden angestrichen.
Das 20. Jahrhundert war auch geprägt von Zerstörung und Wiederinstandsetzung. Jedoch hinterließ der 2. Weltkrieg nur geringe Schäden am Gotteshaus. Die Fenster wurden beschädigt und im Kirchturm sowie im Mauerwerk waren auch einige Treffer aufzuweisen. Die beiden 1942 aus dem Turm entfernten Glocken überstanden den Krieg unversehrt und konnten Weihnachten desselben Jahres wieder im Turm angebracht werden. 1949 wurden weitere Kriegsschäden am Kirchendach beseitigt und ein neuer Beichtstuhl aufgestellt. 1956-57 wurde die Beleuchtung erneuert, die Turmuhr instand gesetzt. Dann folgten Arbeiten an den Glocken, am Läutwerk und an der Heizung sowie an der Orgel. 1959-61stand noch immer die Kirchenrestaurierung und die Neuverglasung der Fenster im Vordergrund. Die neuen Fenster stammen von dem Bensberger Künstler Hermann Gottfried. Die Wochentagsgottesdienste mussten im 1953-54 nach Plänen von
Diplom-Architekt Pörkert errichteten Jugendheim gehalten werden. Die Gewölbe wurden aufgebessert und auch die Wände mussten abgeschlagen und neu verputzt werden. Danach erhielt das gesamte Kircheninnere einen weißen Kalkanstrich. Hochaltar, Kanzel und auch ein Teil der Figuren wurden entfernt. Weiterhin erhalten blieben die neugotischen Seitenaltäre, Taufstein und die Evangelistenfiguren der Kanzel aus dem 19.Jh., die man an der neuen Orgelbühne anbrachte. Manche der entfernten Figuren kehrten jedoch in den letzten Jahren wieder nach und nach in das Gotteshaus zurück. Die Restaurierungsarbeiten, welche im April 1961 abgeschlossen werden konnten, befassten sich auch mit den übrigen Teilen des Inventars. Zuvor wurde im März desselben Jahres im Chorraum ein neuer Hochaltar aufgestellt, gestiftet von der Rheinischen Braunkohlenwerke –Ag Köln sowie ein neuer Tabernakel, ein neuer Ambo und moderne Chorschranken. Diese Inventare stammen von dem Düsseldorfer Bildhauer Hein Sinten. Am 29.1.1966 folgte durch Weihbischof Augustinus Frotz die Konsekration des neuen Hochaltars.
Das 2. Vatikanische Konzil verlangte einige Veränderungen in der Liturgieform. Auch der Altarraum musste im Laufe der Zeit den
neuen Regelungen gemäß dem Konzil gestaltet werden. Somit kam in der Folgezeit ein neuer Zelebrationsaltar vor den Hochaltar,
der unter anderem aus den vier Stelen der entfernten Chorschranken bestand. Diesen Altar entfernte man jedoch in den neunziger
Jahren wieder.
Weitere größere Restaurierungsarbeiten wurden 1974 unter Leitung des Restaurators Minn vorgenommen. 1981 kam ein neuer Ambo aus Bronze von dem Künstler Egino Weinert in die Kirche. 1990-1994 fand bisher die letzte aufwendige Totalrenovierung und Instandsetzung statt. Dabei wurden die im Laufe der Zeit entstandenen Schäden am Außenmauerwerk beseitigt, sowie die Risse im Gewölbe und die Schäden am Dachstuhl, der noch das spätgotische Original darstellt. Das Innere wurde neu ausgemalt und viele Einrichtungsgegenstände restauriert. Auch eine Überarbeitung der Heizung und umfassende Elektroarbeiten waren nun fällig. Aufgrund unvorhersehbarer größerer Schäden verzögerten sich die Bauabläufe, wodurch die Bausanierung erst im September 1994 endete. Bis 1997 wurden noch Teile im Kircheninneren erneuert, u. a. folgte eine Erneuerung der Altarstufen und man verkleinerte den Hochaltar von 1961 zu einem Hauptaltar. Das Kruzifix aus der Mitte des 15. Jahrhunderts, welches vorher hinter dem Hochaltar stand, wurde am Triumphbogen aufgehängt.
Christoph Schmitz