Das Leben in dieser Welt ist komplex. Um die richtigen Entscheidungen zu treffen, ist es vernünftig und hilfreich, einfache Regeln aufzustellen, die auf die unterschiedlichsten Situationen angewandt werden können. So eine Regel ist das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe. Sie ist quasi ein Kompass für unser Leben als Christ.
Doch die Nächstenliebe ist keine christliche Errungenschaft, es gab sie vorher schon im Judentum und es gibt sie in der einen oder anderen Form praktisch in jeder Religion. Und daher scheint die Frage, die Jesus im Evangelium heute gestellt wird, einleuchtend: wer ist denn eigentlich mein „Nächster“?
Bei seiner Antwort, dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter, gibt Jesus die Frage etwas verändert zurück: wer ist zum Nächsten geworden? Für ihn geht es bei Nächstenliebe nicht um „die Anderen“ sondern - um MICH! Habe ich genug Liebe, dass sie für andere konkret erfahrbar wird?
Die Idee zu fragen, wer mein „Nächster“ ist, ist in Wirklichkeit teuflisch schlau. Denn all die – durchaus sinnvollen – Einteilungen nach Nationen, Vereinen, Parteien, in Juden und Samariter, katholisch oder evangelisch, mit oder ohne Migrationshintergrund, weiblich / männlich / divers führen in diesem Fall dazu, die Liebe einzuschränken. Du bist drinnen, du bist draußen. Die Folgen solchen Denkens spüren wir in unserer Gesellschaft tagtäglich.
Gottes Liebe aber ist grenzenlos und gilt jedem, nicht einer ausgewählten Gruppe. Jesus in der Liebe nachzufolgen ist damit natürlich anstrengend, denn unsere Liebe soll auch denen gelten, um die wir lieber einen Bogen machen. Doch ER traut es uns zu, wie es in der Lesung aus dem Buch Deuteronomium heißt: „Gottes Wort (sein Gebot) ist ganz nah bei dir, es ist in deinem Mund und in deinem Herzen, du kannst es halten.“
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen im Namen des ganzen Pastoralteams eine schöne Ferienzeit und Gottes reichen Segen