Von Bücherwurm und Leseratte

Es war einmal ein Bücherwurm,

der wohnte in nem großen Turm

mit dicken Mauern, kleinen Fenstern

und nachts um 12 auch mit Gespenstern.

Voll Bücher war das ganze Haus,

drum ging der Wurm auch selten aus.

Stets war er emsig auf der Suche

nach einem ungeles’nen Buche

und kroch bei Tag und auch bei Nacht

durch seine große Bücherpracht,

stellt dabei fest, das arme Wesen,

dass alle er schon hat gelesen.

Es war einmal ’ne Leseratte,

die kein Buch mehr für sich hatte.

Sie rannte los zum großen Turm

und sagte zu dem Bücherwurm:

„Gib mir ein Buch zu meinem Glück,

du kriegst es später dann zurück.“

Da blies der Wurm sich mächtig auf:

„Wie kommst du eigentlich drauf?

Jedes Buch hat seinen Platz

und ist für mich der größte Schatz.

Drum gäbe ich auch nimmermehr

nur ein Ein’zges davon her!“

Weil das so nicht gelingen wollte,

die Ratte sich von dannen trollte

und machte schnell sich auf den Weg

zur nächsten Bibliothek.

Dort gab’s Bücher ohne Enden

in den Regalen an den Wänden.

Hier bekam sie ihren Willen

konnt’ ihren Lesehunger stillen,

ging dann zurück zum großen Turm

und sagte zu dem Bücherwurm:

„Ich lad dich ein – ich bin so frei –

komm mit mir in die Bücherei!

Dort kannst du in allen Ecken

neue Bücher stets entdecken.“

Der Wurm, der brummte zwar, doch dann

schloss er der Ratte sich schnell an.

Nun sitzen beide täglich hier

und haben dabei viel Plaisier.

Hildegard Pollheim