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Roman des Monats: September 2025
Henning Sußebach: Anna oder: Was von einem Leben bleibt

Was bleibt? Was bleibt von einem Leben, von einem Menschen, wenn niemand mehr lebt, der als Augenzeuge sprechen kann?
Ein paar Erinnerungsstücke vielleicht: Fotos, Briefe, ein Tagebuch, ein Schmuckstück, eine Zuckerdose. Und Familiengeschichten, die mündlich weitergereicht werden, bei Hochzeiten, Taufen, Beerdigungen.
Henning Sußebach, Journalist und Autor, schreibt ein Buch über seine Urgroßmutter Anna, gestorben 1932, rekonstruiert aus dem Wenigen, was von ihr blieb, ihr Leben.
Anna Kalthoff wird 1866 geboren, in einem kleinen Ort in der Nähe von Soest. Früh verliert sie ihren Vater, also muss sie früh auf eigenen Beinen stehen. Viel Auswahl haben Frauen damals nicht, abseits einer Heirat, die für wirtschaftliche Sicherheit sorgt. Anna wird erst Klosterschülerin, dann zur Lehrerin ausgebildet. Lehrerinnen werden gebraucht in einem Land, dessen Bevölkerung rasant wächst. Lehrerinnen sind aber stets untergeordnet unter ihre männlichen Kollegen, verdienen weniger, verlieren ihre Arbeit, wenn sie heiraten.
1887 kommt Anna nach Cobbenrode, ein kleines Dorf tief im Sauerland. Während in Berlin Wilhelm II. den Thron besteigt, Bertha Benz das Automobil ihres Mannes von Mannheim nach Pforzheim fährt und Vincent van Gogh in Südfrankreich seine berühmten Sonnenblumen malt, unterrichtet Anna vierzig Kinder in zwei Schichten, montags bis samstags. Streng soll sie gewesen sein.
Aber sie muss auch eine weiche Seite gehabt haben. Sie verliebt sich in einen Mann aus dem Dorf. Der „passt“ nicht – vielmehr wird sie als „nicht passend“ angesehen.
Doch Anna widersetzt sich den Regeln ihrer Zeit und den Erwartungen des Dorfes. Sie ist eine selbstbewusste Frau: Sie entscheidet, was sie tut und was sie lässt, wie sie lebt und wen sie liebt.
Gegen alle zeitgenössischen Vorstellungen ist sie damit erfolgreich. Sie erlebt ein Kaiserreich und eine Republik, einen verheerenden Krieg, Währungsreformen, Börsencrashs und eine Inflation, die Industrialisierung und die Reform des Wahlrechts.
Anna bleibt sie selbst, nutzt neue Freiräume und dehnt diese aus.
Sie ist eine von vielen und eine wie keine.
Aus einer fernen Zeit kommt uns Anna nahe. Was bleibt: Dieses Buch, Familiengeschichte und Welthistorie zugleich, erzählt das außergewöhnliche Leben einer ganz gewöhnlichen Frau und ist eine Liebeserklärung an die Menschen, die uns vorausgingen - ein ungeahntes, ungewöhnliches Lesevergnügen.
BKE
Henning Sußebach. Anna oder: Was von einem Leben bleibt. Die Geschichte meiner Urgroßmutter. C.H.Beck Verlag. 199 Seiten.