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Chronik des Stifts-Chores Bonn 1924 - 1953 - Ohne Frauen geht's halt nicht

1924 - 1935 - Chorleiter Josef Schmidt

Am 28. April 1924 wählte der Chor Herrn Josef Schmidt, den später bekannten Beethovenforscher und Musikwissenschaftler, zum Dirigenten. In den über 10 Jahren seines Wirkens an der Stiftspfarre hat er den Chor zu überragenden Leistungen geführt.

 

Zur Unterstützung der Knaben zog man Damen hinzu, die zur Bereicherung des Repertoires beitrugen. Herrn Schmidt lag besonders die Pflege der Musik alter Meister am Herzen.

 

1925 wurden die neuen Glocken der Stiftskirche geweiht, bei dem der Chor in der Chronik besonders hervorgehoben wurde. In einem Pontifikalamt 1925 sang der Chor die 6-stimmige Messe a cappella von Nekes. Bei einem Dekanatsfest der Bonner Kirchenchöre führte der Chor das achtstimmige Ave Maria von Casali auf.

 

Ein weiterer Eckstein in der Chorgeschichte war im Jahre 1927 ein Konzert im Kloster Knechtsteden, bei dem auch die Missa Exultet seines Dirigenten Josef Schmidt aufgeführt wurde.

 

Da die Pfarre zwei Volksschulen besaß, glaubte der Präses die Damen entlassen zu müssen und einen Knabenchor aufstellen zu können. Es wurden über 60 Knaben geworben und man begann mit den Proben. Aber bereits nach zwei Monaten sah sich der Dirigent ob des gesanglichen Unvermögens der Knaben gezwungen, wieder Damen hinzuzuziehen.

 

Der Höhepunkt seines Schaffens war am 17. April 1930 die Aufführung des Oratoriums Christus am Ölberg von Ludwig van Beethoven in der Bonner Beethovenhalle. Dieses Konzert wurde durch den damals noch jungen Rundfunk übertragen und machte den Stifts-Chor musikalisch auch über die Grenzen der engeren Heimat bekannt.

 

Auch zeitgenössische Kompositionen wurden aufgeführt: Weihnachten 1931 sang der Chor bereits ein Werk des späteren Kölner Hochschullehrers der Musik, Heinrich Lemacher, die Missa Jesu splendor patris.

 

Die kirchenmusikalischen Andachten des Stifts-Chores, in denen Werke des 14. bis 16. Jahrhunderts, des Barocks, der Klassik, der Romantik, der Moderne und auch des gregorianischen Chorals dargeboten wurden, fanden besonders bei Fachleuten große Beachtung.

 

Als Herr Dr. Josef Schmidt-Görg 1935 eine Dozentur an der Bonner Universität erhielt, legte er die Leitung des Chores nieder. Er hielt aber immer noch Kontakt zum Stifts-Chor, der nach dem Krieg in den 1940er und 1950er Jahren manche seiner Vorlesungen mit Musikbeispielen begleitete.

 

Herr Dr. Schmidt-Görg, dies sei hier festgehalten, hat den Chor auf hervorragende Weise und mit größter Sachkenntnis geleitet.

1935 - 1937 - Chorleiter Dr. Hermann Josef Dahmen

Herr Dr. Hermann Josef Dahmen, der Leiter des Kammerchores der Universität Bonn, trat die Nachfolge von Prof. Dr. Schmidt-Görg an. Am 24. November 1935 wurden unter seiner Leitung in einer abendlichen Feierstunde Werke von Scheid, Förster, Laufenberg, Scholtys und Bach aufgeführt. Besonders bei Kennern dieser Musik fand diese Aufführung viel Beachtung.

 

Unter seiner Leitung studierte der Frauenchor das vierstimmige Werk Laudi alla Vergine Maria von Verdi ein, das bei mehreren Aufführungen u. a. 1936 in einem Konzert in der Kirche St. Pantaleon in Köln bei der Tagung des katholischen Akademikerverbandes sowohl bei den Zuhörern als auch bei der Presse begeisterte Anerkennung fand.

 

In einer Vortragsreihe des germanistischen Seminars der Bonner Universität trug der Chor an sechs Abenden Hymnen, Motetten und Sequenzen vor.

 

Dr. Hermann Josef Dahmen hat den Chor - es seien hier die zahlreichen kirchenmusikalischen Sonderveranstaltungen erwähnt - durch eine feinsinnige Art und Stimmkultur weiter auf einer Höhe gehalten, die weit über den Bonner Raum ausstrahlte.

 

Ende September 1937 legte Dr. Josef Dahmen sein Amt nieder.

1937 - 1938 - Chorleiter Friedrich Troost

Der Organist an der Stiftskirche, Friedrich Troost, übernahm 1937 bis zu seiner Berufung als Domorganist in Limburg und Hochschullehrer im Jahre 1938 die Leitung des Stifts-Chores. Unter seiner Leitung wurde die später oft aufgeführte Missa brevis in B von W. A. Mozart einstudiert. Sie gehört noch heute zum ständigen Repertoire.

 

Die Kriegszeit rückte heran.

1938 - 1953 - Chorleiter Hans Weindorf und Musikdirektor Jakob Christ

Nachfolger als musikalischer Leiter bis zu seiner Einberufung im Mai 1940 wurde Herr Hans Weindorf, ein ausgezeichneter Chorpädagoge und Organist (Bachem-Schüler). Unter seiner Leitung studierte der Stifts-Chor die Missa choralis von Franz Liszt erneut ein, die bereits unter Dr. Dahmen ausdrucksstark ein Meisterstück des Stifts-Chores war.

 

Des weiteren sei an die Einstudierung des Deutschen Te Deums von Tittel erinnert, ein gewaltiges Deutsches „Großer Gott, wir loben Dich“, das heute in Vergessenheit geraten ist und gerade in der Jetztzeit - Hebung der Deutschen Sprache im Gottesdienst - eine festliche Aussagekraft auch für die jüngere Generation hätte.

 

Weiterhin wurde unter Hans Weindorf die Franziskus-Messe von Piechler, einem zeitgenössischen Komponisten, gerne gesungen.

  

1940 - 1944 - nicht immer „die gute alte Zeit“

Während der Einberufungszeit von Herrn Weindorf konnte der Stifts-Chor für die musikalische Betreuung den Musikalienhändler Herrn Musikdirektor Jakob Christ gewinnen. Die Beziehungen von Herrn Christ zu Bonner und Kölner Musikern ermöglichten dem Chor die Aufführung von etlichen Orchestermessen. Das war wohl einmalig zur Zeit des Krieges, zumal im profanen Bereich die Pflege der Kultur völlig zum Erliegen kam.

 

Am 20. Mai 1940 starb der Ehrendirigent Eduard Henseler. Der Chor sang im Requiem und am Grabe.

 

Unter der Stabführung von Musikdirektor Jakob Christ verschönte der Chor am 24. Mai die Feier des silbernen Priesterjubiläums von Herrn Pastor Joseph Meier.

Im Zuge der Kirchenrenovierung 1941 wurde das linke Seitenschiff zur Kriegergedächtniskapelle umgestaltet. Bei der Einweihung sang der Chor passende Lieder und bei der Festandacht des Stiftungsfestes das Te Deum von Tittel. An der Orgel Prof. Bachem, Köln.

 

Im Juni sang der Chor beim Besuch von Herrn Kaplan Grüning in Köln-Braunsfeld die Piechler-Messe und besuchte nachmittags das Brühler Schloß.

 

Zum Weihnachtsfest desselben Jahres wurde die von Herrn Musikdirektor Jakob Christ neueinstudierte Messe in C von Franz Schubert sowie Die Himmel erzählen aus der Schöpfung von Haydn zu Gehör gebracht. Weihnachten 1942 führte der Chor in der Mette, die wegen der vorgeschriebenen Verdunkelung der Kirche erst um 7 Uhr begann, die C-Dur-Messe von Ludwig van Beethoven mit Solisten und dem städtischen Orchester auf, die Weihnachten 1943 wiederholt wurde. Es war für Stiftspfarrei ein großes Erlebnis, das dem Chor und seinem Dirigenten Jakob Christ viel Anerkennung einbrachte.

In den Jahren 1943 und 1944 hat der Chor trotz des wütenden Krieges seine Aufgaben stets erfüllt, wurde jedoch durch die immer stärker einsetzenden Fliegerangriffe stark behindert. Der Großangriff auf Bonn im Oktober 1944 beeinträchtigte die Probenarbeit zwar erheblich, sie kam aber trotz der Zerstörung der Kirche nicht zum Erliegen.

 

Erst Weihnachten 1944, nach einem erneuten Angriff auf Bonn (28. Dezember 1944), musste die Probenarbeit eingestellt werden. Bei dem Brand des oberen Kapitelsaales verlor der Chor seine Fahne und einen Teil seines Notenmaterials.

 

Organisten waren im und nach dem Kriege zunächst Herr Matthias Prange (* 25.11.1922 † 14.04.2009, später Kantor an St. Elisabeth) und Herr Willy Trapp.

Nach dem Krieg bis 1953

1945/46

Im Mai 1945 kamen die noch in Bonn anwesenden Sängerinnen und Sänger wieder zusammen. Sie sangen unter der Stabführung von Herrn Christ zunächst im Kapitelsaal, der als Notkirche eingerichtet war. Zum Patronatsfest nahm man das rechte Seitenschiff der Kirche wieder in Gebrauch und nun konnten die sonntäglichen Hochämter wieder gesungen werden.

 

Nach Rückkehr von Herrn Weindorf wurde die 5-stimmige a-cappella-Messe von Wöss einstudiert und aufgeführt.

 

Im Jahre 1946 wurde Herr Musikdirektor Jakob Christ anlässlich seiner silbernen Hochzeit zum Ehrendirigenten ernannt.

 

1947/48

Herr Weindorf, der nach seiner Rückkehr die Chorleitung wieder übernommen hatte, wurde im Jahre 1947 Organist und Chorleiter an St. Josef in Bonn-Beuel.

An seine Stelle trat nun wieder Herr Musikdirektor Christ und im Pontifikalamt am Patronatsfest 1948, das von Herrn Weihbischof Dr. Stockums zelebriert wurde, führte der Chor noch einmal die C-Dur-Messe von Ludwig van Beethoven mit Solisten und dem Städtischen Orchester zur Einweihung der völlig renovierten Kirche auf. Als Einlage brachte man Bruckners Locus iste und Die Himmel erzählen aus der Schöpfung von Haydn.

Der Stifts-Chor wirkte in dieser Zeit bei zahlreichen weltlichen Veranstaltungen mit und genoss großes Ansehen.

 

1953

Im September 1953 verließ Herr Trapp die Stiftskirche, um eine Stelle in Köln anzutreten.

 

Unter Herrn Trapp wurde die bereits von Herrn Weindorf begonnene Tradition der Choral-Schola in gründlicher Form weiter ausgebaut, die über Wolfgang Oehms und Joseph Noël eine beachtenswerte Höhe erreicht hat. Die Schola (16 Herren) beherrschen das gesamte lateinische Proprium der Jahres-Messen.

 

Da nun der neue Organist, Herr Wolfgang Oehms, nach den Bestimmungen des Generalvikariates auch den Dirigentenposten bekleiden muss, konnte Herr Christ dem Chor als musikalischer Leiter nicht weiter vorstehen. Am Patronatsfest verabschiedete er sich mit der von ihm neueinstudierten Bläsermesse von Lemacher. Dem Hochamt wohnte der Komponist bei. Er bedankte sich nachher schriftlich bei dem Dirigenten und dem Chor für diese hervorragende Aufführung.

 

Unter der Leitung des Herrn Christ hat der Chor außer in den Gottesdiensten auch bei vielen weltlichen Anlässen mitgewirkt und stets größte Anerkennung gefunden. Herrn Christ sei an dieser Stelle für seine große Mühewaltung herzlicher Dank gesagt. Dankbar erinnern wir uns auch seiner vielen Stiftungen von Volksliedersammlungen, Motetten und Liedern, die das Notenmaterial des Chores wesentlich bereichert haben.

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