Auf Augenhöhe
Seit April 2019 ist Schwester Christina Obdachlosenseelsorgerin, zuvor hat sie 40 Jahre mit Kindern gearbeitet, als Kinderkrankenschwester und als Erzieherin. Die Pfarrbriefredaktion wollte von ihr etwas erfahren über ihre Begegnungen mit obdachlosen/wohnungslosen Menschen.
"Ich war nach den langen Jahren der Arbeit mit Kindern auf der Suche nach Veränderung, nach
einer neuen Aufgabe, da kam dann auf tragische Weise durch den Tod von Schwester Franziska die
Anfrage zu mir, ihre Nachfolge anzutreten."
Für die Ordensfrau gibt es viele Ähnlichkeiten zwischen der Begegnung mit Kindern und mit Obdachlosen. Äußerlich gehe es darum, sich klein zu machen, sich zu bücken, um die sprichwörtliche Augenhöhe herzustellen. Innerlich gehe es ebenso darum, sich klein zu machen, Erwartungen, Vorstellungen, Ansprüche abzulegen. "Da bin ich in meiner neuen Aufgabe noch sehr auf dem Weg, das ist nicht einfach."
Das Ordenskleid, mit dem sie deutlich als Seelsorgerin erkennbar ist, hilft ihr im Kontakt
mit den Frauen und Männern auf der Straße weiter. Sie spürt, dass die Leute sich freuen, wenn sie
kommt, und ist erstaunt, wie schnell Gespräche über Gott und über das Leben, besonders über das
Ende des Lebens entstehen. Dieses Ende steht vielen deutlich vor Augen. Nicht selten kommt es vor,
dass ihr Gegenüber noch etwas klären will oder auch nur aussprechen will, was belastet. "Ich gebe
auch schon mal ein kleines Kreuz oder einen Rosenkranz, beides ist sehr begehrt, die Menschen
brauchen etwas zum Anfassen."
Eine besonders berührende Begegnung hat sich kürzlich ereignet, als Schwester Christina mit
ihrem neuen Kollegen
Stefan Burtscher,
gemeinsam unterwegs war: Am Breslauer Platz lag eine junge Frau, komatös, kaum ansprechbar, gelb
verfärbt. Männer und Frauen um sie herum waren tief betroffen, weinten. Sie wollte nicht ins
Krankenhaus, wollte sterben. Schließlich konnte man sie doch ins Krankenhaus bringen, Schwester
Christina besuchte sie fast täglich bis sie nach zehn Tagen starb. "Wir haben dann am Breslauer
Platz einen Wortgottesdienst gefeiert, Kerzen aufgestellt. Der leibliche Vater, den man ausfindig
gemacht hatte, kam dazu. Es war eine bewegende Feier."
Immer wieder begegnet sie Menschen, die trotz schwerer Erkrankung die dringend erforderliche
Behandlung im Krankenhaus ablehnen – wegen des Reglements dort und auch weil Alkohol oder Drogen
untersagt sind. "Diese Entscheidungen wirklich zu respektieren und zu akzeptieren, das gehört zu
den schwierigen Aufgaben meines Dienstes."
Foto: Domradio / Hilde Reginiter