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Stefan Burtscher – aktiv in zwei Welten

Anfang September 2020 hat sich Stefan Burtscher beim Sonntagsgottesdienst im Kreuzgang vorgestellt – als Pastoralassistent arbeitet er mit einer halben Stelle in St. Severin, mit der anderen halben Stelle in der Obdachlosenseelsorge "Gubbio".

©SilviaBins ©SilviaBins

Vorarlberg, Bürs, ein kleiner Ort (3500 Einwohner) – hier ist Stefan Burtscher gemeinsam mit seiner älteren Schwester aufgewachsen. Die Herkunft des 28-Jährigen ist unverkennbar an der österreichisch gefärbten Sprache zu spüren.
Nach dem Abitur und einem neunmonatigen Zivildienst als Rettungssanitäter hat er begonnen, in Innsbruck Chemie zu studieren. "Nach fünf Semestern habe ich gemerkt, dass Chemie zwar ein spannendes Studium ist, aber dass mir die Leidenschaft und vor allem der Kontakt zu Menschen fehlt." Er suchte sich einen Studiengang, bei dem die berufliche Perspektive die Begegnung mit Menschen vorsieht. Die Theologie, ergänzt durch Religionspädagogik, hat dann gepasst. Besonders prägte ihn die Ausbildung zum ehrenamtlichen Krankenhausseelsorger. Da spürte er deutlich: Das war der richtige Weg.

 
"Im März 2018 führte mich die Suche nach Gott und mir selbst ein erstes Mal nach Köln." Im Rahmen von Straßenexerzitien kam er in Kontakt mit dem Thema Obdachlosigkeit und mit Gubbio, dem Zentrum für Obdachlosenseelsorge in der Ulrichgasse. Im Sommer 2019 folgte ein Praktikum. "Die Begegnungen und Gespräche mit den Gästen in Gubbio und mit den Menschen auf den Straßen Kölns waren sehr intensiv, berührend und bereichernd." Diese Erfahrungen hat er in seine Diplomarbeit (Thema Straßenexer-zitien) und seine religionspädagogische Abschlussarbeit (Gubbio als kirchlicher Ort und Ort der Christusnachfolge) einfließen lassen. Die Arbeit fand den Weg zu Weihbischof Ansgar Puff, der sich ebenfalls in Gubbio engagiert. Das Angebot, die freie 50-Prozent-Stelle in Gubbio zu übernehmen, nahm er gern an. "Es hat sich dann so gefügt, dass gleichzeitig in St. Severin jemand gesucht wurde – eine Win-win-Situation", findet er.

 
Seit 1. Juli arbeitet Stefan Burtscher im Gubbio, seit 1. September in St. Severin. In der Pfarrei ist er 10 Stunden wöchentlich im Einsatz – mit dem Schwerpunkt der Erstkommunionvorbereitung. Auch für das wichtige Feld der Prävention und im Arbeitskreis Musik ist er engagiert. Die übrigen Stunden der halben Stelle wird er in den nächsten drei Jahren in seine Ausbildung zum Pastoralreferenten investieren. Die kurzen Wege zwischen Gubbio und Severin und der hohe Stellenwert, den der Dienst am Menschen in St. Severin einnimmt, erleichtern die Kombination beider 50-Prozent-Tätigkeiten, aber "man muss auch sehr schnell umschalten können", stellt er fest.

 
Existenzielle Fragen im seelsorglichen Gespräch mit Menschen auf der Straße, die nicht wissen, wo sie eine warme Mahlzeit oder für die kommende Nacht ein Dach über dem Kopf bekommen können und kurz darauf organisatorische Fragen zur Bildung von Gruppen für die Vorbereitung der Erstkommunion und zur Gestaltung der Gruppenstunden prägen seinen beruflichen Alltag. "Beides ist berechtigt, beides wichtig, beide Welten können sich gegenseitig befruchten", davon ist er überzeugt. 

 
Durch die Begegnung mit vielen verschiedenen Menschen erfährt Burtscher viel Positives, es gilt aber auch, Ohnmacht auszuhalten, und so manche Last nimmt er mit nach Hause. "In solchen Momenten merke ich, dass meine Spiritualität eine große Kraftquelle ist. In dieser Haltung, dass mein Dienst an den Menschen auf der Straße mein Ort und mein Weg ist, Christus nachzufolgen, sehe ich auch einen großen Unterschied zu Sozialarbeitern, die als Streetworker arbeiten." Das ist ihm wichtig. Wichtig ist ihm auch, dass er dieses besondere Arbeitsfeld mit Schwester Christina teilt.

 
Sowohl im Gubbio-Team als auch im Seelsorgeteam von St. Severin fühlt er sich gut aufgehoben und kann sich austauschen. Schon vor seinem Dienstbeginn in Köln gab es Kontakte zum Severiner Team. "Ich finde überall offene Türen und von allen Seiten Unterstützung. Das macht es mir leicht, hier anzukommen." Der große Vertrauensvorschluss freut ihn, gibt ihm Rückhalt und ist Ansporn.

 
Nicht ganz so einfach war der Wechsel von der ländlichen Heimat und dem eher beschaulichen Innsbruck in die quirlige Großstadt Köln. Neben Vorfreude war auch ein bisschen Sorge vor Anonymität dabei. Freudig überrascht ist er, im Severinsviertel fast dörfliche Strukturen zu erleben, in denen man sich kennt und voneinander weiß. "Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich in den letzten Wochen so herzlich in St. Severin aufgenommen wurde und freue mich darauf, noch viel mehr Menschen, die unsere Gemeinde ausmachen, kennenzulernen."

 

Das Gespräch führte Ingrid Rasch.

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