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Den Tod feiern?

Marianne Ricking ist im Severinsviertel vielen Menschen als langjährige Leiterin des Kindergartens an der Eiche bekannt. Nicht wenige inzwischen Erwachsene haben sie dort in ihrer Kindheit erlebt. Den Gemeindemitgliedern ist sie darüber hinaus vertraut als Lektorin, Kommunionhelferin, Küsterin, pastorale Begleiterin der Menschen auf der Beatmungsstation im Krankenhaus und in vielen anderen Bereichen des Gemeindelebens. Alle kennen sie als sehr zugewandte und lebensfrohe Frau. Nun hat sie ein weiteres Aufgabenfeld: Sie leitet Beerdigungsfeiern in unserer Gemeinde. Stefanie Manderscheid von der Pfarrbriefredaktion hat mit ihr über die neue Tätigkeit gesprochen.

<em>Foto: Beatrice Tomasetti</em> Foto: Beatrice Tomasetti

Was ist das eigentlich genau – eine "Beerdigungs-beauftragte"?

Beerdigungsbeauftragte sind ehrenamtlich tätige Gemeindemitglieder, die Beerdigungsfeiern leiten. Ich habe dazu an einer umfangreichen Ausbildung des Bistums teilgenommen.

Das Thema unseres Pfarrbriefs ist ja "Feste feiern". Was meinen Sie, Frau Ricking, kann man Beerdigungen feiern?

Ja, man kann Beerdigungen feiern. Ich habe schon ganz unterschiedliche Beerdigungen erlebt. Neulich habe ich eine alte Dame beerdigt, die mit 96 Jahren verstorben war. An ihrem Grab kamen die beiden Nichten und ich miteinander ins Gespräch. Die beiden haben in diesem Gespräch im besten Sinne des Wortes die Tante wieder lebendig werden lassen. Das war eine sehr schöne Erfahrung für die Trauernden, aber auch für mich. Ich habe zunächst erzählt, was ich über die Verstorbene aus dem Vorbereitungsgespräch wusste. Die beiden Nichten haben sich dann eingeklinkt. Das war sehr lebendig, für mich und auch für die Angehörigen war das ein Fest. Und als Christen glauben wir ja auch, dass das Leben weitergeht, nur in einer anderen Form. Für mich ist Sterben eigentlich zum Urgrund wieder zurück zu gehen. Ich bin geboren worden, ich habe mein Leben gelebt, dieses irdische Leben ist abgeschlossen, aber es geht weiter. Das gilt es zu feiern!

Sie haben viele Jahre im Kindergarten gearbeitet und dort immer das junge Leben, den Anfang des Lebens gefeiert. Jetzt feiern Sie den Abschied oder den Übergang in ein anderes Leben. Warum?

Für mich ist es schön, dass es so weitergeht. Ich habe die Kinder begleitet und jetzt bin ich selbst an einem Punkt meines Lebens, wo mein Berufsleben aufhört und ich eben Rentnerin bin; diese neue Aufgabe entspricht auch meinem eigenen Älterwerden.

Könnte man sagen, dass Sie, indem Sie sich um die Kranken in der Beatmungspflege und die Verstorbenen kümmern, eigentlich auch das Leben feiern?

Ja, ich feiere das Leben mit den Kranken und mit den Trauernden. Die Gottesdienste, die ich mit ihnen feiere, haben immer etwas mit Leben zu tun, mit Beziehung, mit positiven Dingen.

Sind Beerdigungen eher Feiern für die Angehörigen oder für die Verstorbenen?

Ganz klar für die Angehörigen. Wir bleiben zurück, und für uns muss sich diese Leere, die entsteht, wenn jemand stirbt, füllen. Es ist ein Trost für die Angehörigen. Ich begleite die Angehörigen. Bestattung hat nicht nur mit dem Verstorbenen zu tun, sondern auch und vor allem mit den Hinterbliebenen. Der Übergang soll gut und würdig gestaltet sein!

Wie läuft denn eine Beerdigung und die Vorbereitungen dazu konkret ab?

Das ist ganz unterschiedlich: Wenn Menschen gestorben sind, die ich gekannt habe – und ich habe viele gekannt –, dann sieht ein Trauergespräch natürlich anders aus, dann kann man gemeinsam trauern, man ist ein Stück Leben zusammen gegangen. Ich habe diese Menschen gekannt, wenn auch nicht auf die gleiche Weise wie die Angehörigen. Man muss aber auch ein Stückchen Abstand haben. Wichtig ist immer, dass ich bei der Feier etwas sage über den Menschen, der gestorben ist und auch über und zu den Menschen, die sich verabschieden.

Die Bestattungsfeier folgt Ritualen, die es schon seit vielen Jahrhunderten gibt. Der Tod bleibt bei aller Feierlichkeit doch oft sehr dramatisch und vor allem sehr traurig. Helfen Ihnen die Rituale, die ja selbst feierlich sind, Ihre Aufgabe zu erfüllen?

Die festen Strukturen, die Rituale geben Halt, mir genauso wie den Trauernden. Die Kunst besteht darin, die festen Rituale zu verbinden mit dem Verstorbenen, mit seinem einzigartigen Leben und mit seinem individuellen Tod.

Welches Fest feiern Sie persönlich denn am allerliebsten?

Mein allerliebstes Fest ist Weihnachten. Den Kindern habe ich immer gesagt, dass wir an Weihnachten den Geburtstag
Jesu feiern. Denn für die Kinder ist ihre Geburtstagsfeier das wichtigste Fest.
Bezogen auf das Geburtsfest Jesu haben wir dann genauso wie bei den Kindern gesungen: "Wie schön, dass Du geboren bist ..." Und meinen eigenen Geburtstag mag ich auch sehr, weil mir die anderen dann sagen, wie schön, dass Du da bist! Da schließt sich für mich der Kreis: wir feiern den Beginn des Lebens, und wir feiern das Ende des Lebens, weil wir als Christen glauben, dass der Tod der Übergang zu einem neuen, anderen Leben für uns ist.



 
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