Foto: Beatrice Tomasetti
Was ist das eigentlich genau – eine
"Beerdigungs-beauftragte"?
Beerdigungsbeauftragte sind ehrenamtlich tätige Gemeindemitglieder, die Beerdigungsfeiern
leiten. Ich habe dazu an einer umfangreichen Ausbildung des Bistums teilgenommen.
Das Thema unseres Pfarrbriefs ist ja "Feste feiern". Was meinen Sie, Frau Ricking, kann man
Beerdigungen feiern?
Ja, man kann Beerdigungen feiern. Ich habe schon ganz unterschiedliche Beerdigungen erlebt.
Neulich habe ich eine alte Dame beerdigt, die mit 96 Jahren verstorben war. An ihrem Grab kamen die
beiden Nichten und ich miteinander ins Gespräch. Die beiden haben in diesem Gespräch im besten
Sinne des Wortes die Tante wieder lebendig werden lassen. Das war eine sehr schöne Erfahrung für
die Trauernden, aber auch für mich. Ich habe zunächst erzählt, was ich über die Verstorbene aus dem
Vorbereitungsgespräch wusste. Die beiden Nichten haben sich dann eingeklinkt. Das war sehr
lebendig, für mich und auch für die Angehörigen war das ein Fest. Und als Christen glauben wir ja
auch, dass das Leben weitergeht, nur in einer anderen Form. Für mich ist Sterben eigentlich zum
Urgrund wieder zurück zu gehen. Ich bin geboren worden, ich habe mein Leben gelebt, dieses irdische
Leben ist abgeschlossen, aber es geht weiter. Das gilt es zu feiern!
Sie haben viele Jahre im Kindergarten gearbeitet und dort immer das junge Leben, den Anfang
des Lebens gefeiert. Jetzt feiern Sie den Abschied oder den Übergang in ein anderes Leben.
Warum?
Für mich ist es schön, dass es so weitergeht. Ich habe die Kinder begleitet und jetzt bin ich
selbst an einem Punkt meines Lebens, wo mein Berufsleben aufhört und ich eben Rentnerin bin; diese
neue Aufgabe entspricht auch meinem eigenen Älterwerden.
Könnte man sagen, dass Sie, indem Sie sich um die Kranken in der Beatmungspflege und die
Verstorbenen kümmern, eigentlich auch das Leben feiern?
Ja, ich feiere das Leben mit den Kranken und mit den Trauernden. Die Gottesdienste, die ich mit
ihnen feiere, haben immer etwas mit Leben zu tun, mit Beziehung, mit positiven Dingen.
Sind Beerdigungen eher Feiern für die Angehörigen oder für die Verstorbenen?
Ganz klar für die Angehörigen. Wir bleiben zurück, und für uns muss sich diese Leere, die
entsteht, wenn jemand stirbt, füllen. Es ist ein Trost für die Angehörigen. Ich begleite die
Angehörigen. Bestattung hat nicht nur mit dem Verstorbenen zu tun, sondern auch und vor allem mit
den Hinterbliebenen. Der Übergang soll gut und würdig gestaltet sein!
Wie läuft denn eine Beerdigung und die Vorbereitungen dazu konkret ab?
Das ist ganz unterschiedlich: Wenn Menschen gestorben sind, die ich gekannt habe – und ich habe
viele gekannt –, dann sieht ein Trauergespräch natürlich anders aus, dann kann man gemeinsam
trauern, man ist ein Stück Leben zusammen gegangen. Ich habe diese Menschen gekannt, wenn auch
nicht auf die gleiche Weise wie die Angehörigen. Man muss aber auch ein Stückchen Abstand haben.
Wichtig ist immer, dass ich bei der Feier etwas sage über den Menschen, der gestorben ist und auch
über und zu den Menschen, die sich verabschieden.
Die Bestattungsfeier folgt Ritualen, die es schon seit vielen Jahrhunderten gibt. Der Tod
bleibt bei aller Feierlichkeit doch oft sehr dramatisch und vor allem sehr traurig. Helfen Ihnen
die Rituale, die ja selbst feierlich sind, Ihre Aufgabe zu erfüllen?
Die festen Strukturen, die Rituale geben Halt, mir genauso wie den Trauernden. Die Kunst besteht
darin, die festen Rituale zu verbinden mit dem Verstorbenen, mit seinem einzigartigen Leben und mit
seinem individuellen Tod.
Welches Fest feiern Sie persönlich denn am allerliebsten?
Mein allerliebstes Fest ist Weihnachten. Den Kindern habe ich immer gesagt, dass wir an
Weihnachten den Geburtstag
Jesu feiern. Denn für die Kinder ist ihre Geburtstagsfeier das wichtigste Fest.
Bezogen auf das Geburtsfest Jesu haben wir dann genauso wie bei den Kindern gesungen: "Wie
schön, dass Du geboren bist ..." Und meinen eigenen Geburtstag mag ich auch sehr, weil mir die
anderen dann sagen, wie schön, dass Du da bist! Da schließt sich für mich der Kreis: wir feiern den
Beginn des Lebens, und wir feiern das Ende des Lebens, weil wir als Christen glauben, dass der Tod
der Übergang zu einem neuen, anderen Leben für uns ist.