Severinusschrein
Forschungsergebnisse zur Öffnung des Schreins veröffentlicht
22. Februar 2013;
Mehr als ein halbes Dutzend leuchtend farbige Tücher, gewebt vor mehr als 1.000 Jahren, teils im islamischen Kulturkreis, eine faszinierende Reliquienlade aus dem 10. Jahrhundert, das älteste und bislang unbekannte Siegel eines Kölner Erzbischofs, die Knöchelchen einer Maus: Was könnten diese Gegenstände gemeinsam haben?
Sie alle sind spektakuläre Funde, die bei der Öffnung des Schreins in der Kölner Kirche St.
Severin vor zwölf Jahren ans Tageslicht kamen. Seit dieser Zeit war ein interdisziplinäres Team von
Wissenschaftlern mit der Erforschung dieses einmaligen Fundes befasst. Die Ergebnisse wurden nun
der Öffentlichkeit präsentiert.
Bei einem Pressegespräch im Sacrarium von St. Severin, stellten
Prof. Dr. Sabine Schrenk (Universität Bonn, Abt. Christliche Archäologie),
Dr. Ursula Tegtmeier (Universität Köln, Labor für Archäobotanik),
Dr. Joachim Oepen (Historisches Archiv des Erzbistums Köln),
Johannes Quirl (Pfarrer an St. Severin)
das Buch "Der hl. Severin von Köln. Verehrung und Legende. Befunde und Forschungen zur Schreinsöffnung von 1999" vor.
Der Band bietet nach mehrjährigen Forschungen erstmals eine umfassende Darstellung der interdisziplinären Untersuchungen des bei einer Schreins- öffnung in der Kölner Kirche St. Severin 1999 entdeckten, bis dahin vollkommen unbekannten Befundes:
Außer den mutmaßlichen Gebeinen des hl. Severin, des um 400 amtierenden dritten namentlich bekannten Bischofs von Köln, fanden sich u.a. eine hölzerne Reliquienlade des 10. Jahrhunderts mit u.a. Siegeln früherer Schreinsöffnungen, darunter auch das älteste und bislang nicht bekannte Siegel eines Kölner Erzbischofs von 948 sowie die Knochen von drei im 10. Jahrhundert in der Reliquienlade verendeten Zwergmäusen.
Am beeindruckendsten sind sieben sehr gut und fast vollständig erhaltene, großformatige Leinen- und Seidengewebe des 7.–10. Jahrhunderts, teilweise aus dem frühislamischen Kulturkreis stammend, eines davon mit einer hebräischen Aufschrift. Hinzu kommen winzige Reste eines spätantiken Seidendamastes. Diese und eine Reihe weiterer Objekte sind zudem radiokarbondatiert. Neben der Auswertung dieser Funde stellt der Band u.a. auch die anthropologischen Untersuchungen der Gebeine des Heiligen vor, sowie eine gründliche Auswertung der archäologischen und frühen schriftlichen Quellen zur Person des hl. Severin und seiner Verehrung. Ferner ist die Severinusvita des 10. Jh. im lateinischen Original und erstmals in einer deutschen Übersetzung abgedruckt.
Die Ergebnisse sind von großer Bedeutung für einzelne Forschungsdisziplinen, insbesondere aber für die Kölner Stadtgeschichte sowie die Geschichte des Christentums im 1. nachchristlichen Jahrtausend.
Besichtigungsmöglichkeit des Sacrariums St. Severin:
In einer Seitenkrypta der Kölner Kirche St. Severin sind die bei der Schreinsöffnung aufgefundenen Textilien im Rahmen von Führungen öffentlich zugänglich. Entsprechende Anfragen können an das Pfarrbüro gerichtet werden.
Die Publikation:
Der hl. Severin von Köln
Verehrung und Legende
Befunde und Forschungen zur Schreinsöffnung von 1999
herausgegeben von Joachim Oepen, Bernd Päffgen, Sabine Schrenk und Ursula Tegtmeier,
erscheint als 40. Band in der vom Historischen Archiv des Erzbistums Köln herausgegebenen Reihe „Studien zur Kölner Kirchengeschichte“; Verlag Franz Schmitt, Siegburg, ISBN 978-3-87710-456-9
Preis: 49,- €
Umfang: 602 S., 245 meist farbige Abb.
Herausgeber:
Dr. Joachim Oepen, Historiker und Archivar, stellv. Leiter des Historischen Archiv des Erzbistums Köln; Mitherausgeber von "Geschichte in Köln. Zeitschrift für Stadt- und Regionalgeschichte"; Forschungsschwerpunkte: Kölner Stadtgeschichte, Hist. Hilfswissenschaften u.a.
Prof. Dr. Bernd Päffgen, Extra-Ordinarius am Institut für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie und Provinzialrömische Archäologie der Ludwig-Maximilians-Universität München; Forschungsschwerpunkte: Archäologie der Spätantike und des Mittelalters, 1988 Dissertation über die Ausgrabungen in und um St.Severin
Prof. Dr. Sabine Schrenk, Archäologin, Inhaberin der Professur für Christliche Archäologie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn, Institut für Kunstgeschichte und Archäologie; Forschungsschwerpunkte: Bildforschung; Textilien des 1. Jahrtausends n. Chr.
Dr. Ursula Tegtmeier, Archäologin, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Labor für Archäobotanik, Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität zu Köln; Forschungsschwerpunkte: Holz und Holzkohlen aus archäologischen Grabungen; regionaler Schwerpunkt: Rheinland
Autoren: 23 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sowie Restauratoren und Restauratorinnen der Universitäten Köln, Bonn, München, Göttingen, Münster, Hamburg, Kiel, Utrecht und Reading (Großbrit.), am Historischen Archiv des Erzbistums Köln, dem Braunschweigischen Landesmuseum, dem LVR-Landesmuseum Bonn sowie an Restaurierungswerkstätten und Instituten in Köln.
Bestellen können Sie das Buch direkt beim Verlag: Verlag Franz Schmitt