ERZBISTUM KÖLN  Domradio  Caritas Köln

Wer macht was? Teil 5: Der Restaurator

Dem Stein behutsam zu Leibe rücken - das tun die Restauratoren, deren Arbeit im Wesentlichen in Inneren der Kirche geschieht. Dort werden die Stein- und Mauerflächen der Säulen, die Wände und Gewölbebereiche bearbeitet. Michael Wissen sprach mit Michael Streuff, Restaurator der Firma "Restauratoren Kartäuserhof".

Sagen Sie uns etwas zu sich und Ihrer Firma.
Ich habe eine klassische Steinmetzausbildung in der Kölner Dombauhütte absolviert und bin Bildhauermeister. Nach der Ausbildung habe ich zunächst noch an der Dombauhütte gearbeitet, dann gemeinsam mit einem Partner die jetzige Firma gegründet. Wir arbeiten in unserer Restaurationswerkstatt mitten im Veedel im Kartäuserhof und nutzen zusätzlich eine Halle in Longerich für die Bearbeitung größerer Werkstücke. Mein Partner ist Diplomrestaurator, sodass wir gemeinsam eine große Bandbreite verschiedener Aufgaben übernehmen können. Wir ergänzen uns gut in unseren Kenntnissen und Erfahrungen. Wir beschäftigen vier feste Mitarbeiter, die hier in der Kirche zurzeit eingesetzt sind. Bei speziellen Arbeiten greifen wir auf erfahrene freiberufliche Mitarbeiter zurück. Wir haben bereits an mehreren romanischen Kirchen in Köln gearbeitet und sind auch überregional an verschiedenen Projekten beteiligt. Unser Schwerpunkt liegt im Bereich der Sanierung historischer Gebäude. Zu unseren Aufgaben gehört es, die historische Substanz (Gestein, Ornamentik, Farbgebung) zu erfassen und zu bewerten, sie zu erhalten und zu sanieren bis hin zur Neukonzeption der Gestaltung und deren Umsetzung.

Neue (alte) Farben für die Säulenkapitelle in St. Severin. ©SilviaBins Neue (alte) Farben für die Säulenkapitelle in St. Severin. ©SilviaBins

Was ist Ihre Aufgabe bei dieser Sanierungsmaßnahme?
Wir sind für die Sanierung und Neugestaltung der Innenraumflächen verantwortlich. Mit Sandstrahlverfahren entfernen wir an Säulen und Gewölben die alten Farbanstriche, die in den Nachkriegsjahren entsprechend den damaligen Gestaltungsvorstellungen aufgebracht wurden. Die einzelnen Farbschichten werden sehr behutsam abgetragen, weil wir erwarten, historisch bedeutsame Farbschichten oder Gestaltungs- elemente zu finden. Sind historische Farbreste erkennbar, entnehmen wir Proben, die wir in unserer Werkstatt mit wissen- schaftlichen Methoden – nach Farbton, Material bzw. Farb- pigment, Struktur und Zusammensetzung – untersuchen.
So können wir Teile der historischen Gestaltungsmerkmale der Kirche erfassen und dokumentieren. Allerdings lassen sich aufgrund der umfangreichen Bauphasen und Umgestaltungen des Kirchenraumes keine gesicherten Aussagen über eine einheitliche Farbgestaltung zu einem bestimmten Zeitraum machen. Wir können aber die Grundelemente/-farben der alten Farbfassungen erkennen und uns bei der Neugestaltung daran orientieren. Ein Bespiel hierfür ist das neue Farbkonzept der Säulenkapitelle. Die Kapitelle sollen in den nachweislich alten Farbtönen gestaltet werden, das heißt: Rot als Basisfarbe, Blau (damals sehr wertvolles Farbpigment) zur Einfassung und Ocker mit abgesetztem Goldrand.

Auch kleine Darstellungen werden wieder deutlich sichtbar. ©SilviaBins Auch kleine Darstellungen werden wieder deutlich sichtbar. ©SilviaBins

Gibt es in Ihrer Arbeit besonders aufregende Erfahrungen oder bewegende Momente?
Ja, zum Beispiel wenn wir einzelne kleine farbliche Wandmotive finden (u.a. ein kleiner Stern), die zum Teil erst nach einer Belichtung mit UV-Licht vollständig sichtbar werden. Diese Farbfassungen werden vollständig dokumentiert und erhalten. In den unteren Bereichen des Kirchenraumes, wo man sie auch später noch im Detail erkennen kann, lassen wir sie sichtbar, in den oberen Bereichen decken wir sie vorsichtig mit einer jederzeit abnehmbaren Schutzfarbschicht ab, um später ein für das Auge des Betrachters einheitliches Bild der Oberflächen zu erhalten.
Wenn wir die Steinoberfläche freilegen, erscheinen auch die unterschiedlich farbigen Gesteinsarten – Trachyt, roter und gelber Sandstein, Tuff, z. T. auch römische Ziegel – die beim Bau verwendet wurden. Kleinere Schadstellen im Mauerwerk werden mit einem Spezialmörtel ausgebessert und in Farbe und Textur (Oberflächenstruktur) dem umgebenden Gestein angepasst. Nach Abschluss unserer Arbeiten wird die "Steinsichtigkeit" den neuen Gesamteindruck des Kirchenraumes wesentlich prägen. Die farbliche Musterung durch die verschiedenen Gesteine vermittelt einen ursprünglichen und plastischen Eindruck, der dem Raum sehr zugute kommt.

 

Interessant ist auch, dass wir immer wieder alte Steinmetzsignaturen finden. Die Zeichen sind eine Art persönlicher Fingerabdruck des jeweiligen Handwerkers, der an diesem Stein oder Abschnitt gearbeitet hat. Diese Signaturen sind wichtige historische Zeugnisse für die Forschung im Bereich der Architektur und Baugeschichte. Auch kleinere Ornamente oder figürliche Darstellungen – wie z.B. ein kleines Gesicht an einem Kapitell werden nach der Bearbeitung wieder deutlich sichtbar.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den anderen Gewerken?
Ganz unproblematisch und sehr konstruktiv. Wenn wir zum Beispiel strukturelle Schäden am Mauerwerk entdecken, stimmen wir die notwendige Arbeit mit der Steinmetzfirma Schorn ab, die dann problematische Stellen fachgerecht saniert.

 

Und mit der Denkmalpflege?
Für die Neugestaltung der Farbfassung erarbeiten wir einen Vorschlag, den wir an den sichtbaren Säulenkapitellen als Musterfarbfassung auftragen. Anschließend diskutieren wir das vor Ort mit den Vertretern des Bauherrn, des Fachbereichs Bau im Erzbistum, dem Stadtkonservator der Stadt Köln und dem Rheinischen Landesamt für Denkmalpflege und finden dann eine einvernehmliche Gestaltungslösung.

 

Gibt es etwas, das Sie an der Arbeit hier auf der Baustelle besonders fasziniert?
Für mich ist die Arbeit an einer der großen, historisch bedeutenden romanischen Kirchen etwas sehr Besonderes. Die heute noch sichtbaren Spuren der Arbeit von Menschen früherer Jahrhunderte zeigen mir, dass wir in einer langen Tradition stehen. Und wir sind stolz und froh, dass wir heute daran arbeiten können, dieses Bauwerk für zukünftige Generationen zu erhalten.

Michael Wissen

 

Zum Seitenanfang Seite weiterempfehlen Druckversion Kontakt  Barrierefrei Datenschutz  Impressum