Dem Stein behutsam zu Leibe rücken - das tun die Restauratoren, deren Arbeit im Wesentlichen in Inneren der Kirche geschieht. Dort werden die Stein- und Mauerflächen der Säulen, die Wände und Gewölbebereiche bearbeitet.
Michael Wissen sprach mit Michael Streuff, Restaurator der Firma "Restauratoren Kartäuserhof".
Sagen Sie uns etwas zu sich und Ihrer Firma. Ich habe eine klassische Steinmetzausbildung in der Kölner Dombauhütte absolviert und bin
Bildhauermeister. Nach der Ausbildung habe ich zunächst noch an der Dombauhütte gearbeitet, dann
gemeinsam mit einem Partner die jetzige Firma gegründet. Wir arbeiten in unserer
Restaurationswerkstatt mitten im Veedel im Kartäuserhof und nutzen zusätzlich eine Halle in
Longerich für die Bearbeitung größerer Werkstücke. Mein Partner ist Diplomrestaurator, sodass wir
gemeinsam eine große Bandbreite verschiedener Aufgaben übernehmen können. Wir ergänzen uns gut in
unseren Kenntnissen und Erfahrungen. Wir beschäftigen vier feste Mitarbeiter, die hier in der
Kirche zurzeit eingesetzt sind. Bei speziellen Arbeiten greifen wir auf erfahrene freiberufliche
Mitarbeiter zurück. Wir haben bereits an mehreren romanischen Kirchen in Köln gearbeitet und sind
auch überregional an verschiedenen Projekten beteiligt. Unser Schwerpunkt liegt im Bereich der
Sanierung historischer Gebäude. Zu unseren Aufgaben gehört es, die historische Substanz (Gestein,
Ornamentik, Farbgebung) zu erfassen und zu bewerten, sie zu erhalten und zu sanieren bis hin zur
Neukonzeption der Gestaltung und deren Umsetzung.
Was ist Ihre Aufgabe bei dieser Sanierungsmaßnahme? Wir sind für die Sanierung und Neugestaltung der Innenraumflächen verantwortlich. Mit
Sandstrahlverfahren entfernen wir an Säulen und Gewölben die alten Farbanstriche, die in den
Nachkriegsjahren entsprechend den damaligen Gestaltungsvorstellungen aufgebracht wurden. Die
einzelnen Farbschichten werden sehr behutsam abgetragen, weil wir erwarten, historisch bedeutsame
Farbschichten oder Gestaltungs- elemente zu finden. Sind historische Farbreste erkennbar, entnehmen
wir Proben, die wir in unserer Werkstatt mit wissen- schaftlichen Methoden – nach Farbton,
Material bzw. Farb- pigment, Struktur und Zusammensetzung – untersuchen.
So können wir Teile der historischen Gestaltungsmerkmale der Kirche erfassen und
dokumentieren. Allerdings lassen sich aufgrund der umfangreichen Bauphasen und Umgestaltungen des
Kirchenraumes keine gesicherten Aussagen über eine einheitliche Farbgestaltung zu einem bestimmten
Zeitraum machen. Wir können aber die Grundelemente/-farben der alten Farbfassungen erkennen und uns
bei der Neugestaltung daran orientieren. Ein Bespiel hierfür ist das neue Farbkonzept der
Säulenkapitelle. Die Kapitelle sollen in den nachweislich alten Farbtönen gestaltet werden, das
heißt: Rot als Basisfarbe, Blau (damals sehr wertvolles Farbpigment) zur Einfassung und Ocker mit
abgesetztem Goldrand.
Gibt es in Ihrer Arbeit besonders aufregende Erfahrungen oder bewegende Momente? Ja, zum Beispiel wenn wir einzelne kleine farbliche Wandmotive finden (u.a. ein kleiner
Stern), die zum Teil erst nach einer Belichtung mit UV-Licht vollständig sichtbar werden. Diese
Farbfassungen werden vollständig dokumentiert und erhalten. In den unteren Bereichen des
Kirchenraumes, wo man sie auch später noch im Detail erkennen kann, lassen wir sie sichtbar, in den
oberen Bereichen decken wir sie vorsichtig mit einer jederzeit abnehmbaren Schutzfarbschicht ab, um
später ein für das Auge des Betrachters einheitliches Bild der Oberflächen zu erhalten.
Wenn wir die Steinoberfläche freilegen, erscheinen auch die unterschiedlich farbigen
Gesteinsarten – Trachyt, roter und gelber Sandstein, Tuff, z. T. auch römische Ziegel –
die beim Bau verwendet wurden. Kleinere Schadstellen im Mauerwerk werden mit einem Spezialmörtel
ausgebessert und in Farbe und Textur (Oberflächenstruktur) dem umgebenden Gestein angepasst. Nach
Abschluss unserer Arbeiten wird die "Steinsichtigkeit" den neuen Gesamteindruck des Kirchenraumes
wesentlich prägen. Die farbliche Musterung durch die verschiedenen Gesteine vermittelt einen
ursprünglichen und plastischen Eindruck, der dem Raum sehr zugute kommt.
Interessant ist auch, dass wir immer wieder alte Steinmetzsignaturen finden. Die Zeichen sind
eine Art persönlicher Fingerabdruck des jeweiligen Handwerkers, der an diesem Stein oder Abschnitt
gearbeitet hat. Diese Signaturen sind wichtige historische Zeugnisse für die Forschung im Bereich
der Architektur und Baugeschichte. Auch kleinere Ornamente oder figürliche Darstellungen –
wie z.B. ein kleines Gesicht an einem Kapitell werden nach der Bearbeitung wieder deutlich
sichtbar.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den anderen Gewerken? Ganz unproblematisch und sehr konstruktiv. Wenn wir zum Beispiel strukturelle Schäden am
Mauerwerk entdecken, stimmen wir die notwendige Arbeit mit der Steinmetzfirma Schorn ab, die dann
problematische Stellen fachgerecht saniert.
Und mit der Denkmalpflege? Für die Neugestaltung der Farbfassung erarbeiten wir einen Vorschlag, den wir an den
sichtbaren Säulenkapitellen als Musterfarbfassung auftragen. Anschließend diskutieren wir das vor
Ort mit den Vertretern des Bauherrn, des Fachbereichs Bau im Erzbistum, dem Stadtkonservator der
Stadt Köln und dem Rheinischen Landesamt für Denkmalpflege und finden dann eine einvernehmliche
Gestaltungslösung.
Gibt es etwas, das Sie an der Arbeit hier auf der Baustelle besonders fasziniert? Für mich ist die Arbeit an einer der großen, historisch bedeutenden romanischen Kirchen etwas
sehr Besonderes. Die heute noch sichtbaren Spuren der Arbeit von Menschen früherer Jahrhunderte
zeigen mir, dass wir in einer langen Tradition stehen. Und wir sind stolz und froh, dass wir heute
daran arbeiten können, dieses Bauwerk für zukünftige Generationen zu erhalten.