Wer macht was? Teil 2: Der Gerüstbauer
Eindrucksvoll präsentiert sich im Inneren der Kirche der aufwendige Gerüstbau, der die Voraussetzung für alle Sanierungsarbeiten im Inneren schafft. Tom Wotoschek ist der Kolonnenführer der Gerüstbauer. Michael Wissen, von der Pfarrbriefredaktion, sprach mit ihm.
Herr Wotoschek, woher kommen Sie bzw. Ihre Firma?
Unsere Firma hat ihren Hauptsitz in Schmölln, nahe bei Leipzig. Von den insgesamt 60-70
Mitarbeitern der Firma arbeiten 9-10 Kollegen hier am Gerüstauf- und Umbau. Ich selber bin als
Kolonnenführer der "Chef vor Ort", also Ansprechpartner für die Bauleitung und verantwortlich für
den ordnungsgemäßen Aufbau der geplanten Gerüstbauten und die Führung meiner Mitarbeiter. Wir
arbeiten in festen Teams über einen längeren Zeitraum zusammen. So kennt jeder die Stärken und
Schwächen des anderen, und wir können sicher zusammenarbeiten.
Wie sieht die Arbeitswoche für Sie und Ihre Mitarbeiter aus?
Wir reisen gemeinsam in der Nacht von Sonntag auf Montag aus Schmölln an und fangen morgens
gegen 7 Uhr auf der Baustelle hier an. Von Montag bis Donnerstag sind wir in der Regel bis 19 Uhr
vor Ort und haben dann unser Arbeitspensum weitestgehend erfüllt. Freitags machen wir uns morgens
gegen 9 Uhr auf den sechsstündigen Heimweg.
Ist der Gerüstbau an und in einer so alten Kirche eine besondere Herausforderung?
Wir sind keine "normale" Gerüstbaufirma. Im In- und Ausland haben wir Aufträge ausgeführt mit
dem Aufbau von Großgerüsten an Baudenkmälern, Brücken- und Industriebauten oder auch Talsperren.
Schloss Neuschwanstein oder das Bolschoi-Theater in Moskau sind vielleicht die prominentesten
Objekte, die ich nennen kann. Aber auch hier in der Region haben wir an Gerüstbauten am Altenberger
Dom oder an der Ahrtalbrücke gearbeitet. Trotzdem hat St. Severin Besonderheiten, die einige
Ansprüche an mich und meine Mitarbeiter stellen.
Welche Besonderheiten sind das?
Das Gerüst muss für besonders hohe Belastungen ausgelegt sein, weil eine große Menge
Material, Werkzeug und Maschinen für die Dachdecker-, Maurer- und Steinmetzarbeiten auf dem Gerüst
gelagert werden müssen. Außerdem wird auf dem Innenraumgerüst, bei einigen Arbeiten, ein Teil der
Gewölbelast abgefangen. Das Gerüst muss daher den Anforderungen der höchsten Tragfähigkeitsklasse
entsprechen. Dass sind 600 kg pro Quadratmeter. Innen im Hauptschiff der Kirche kann der Boden
diese Last nicht tragen, weil darunter die römischen Ausgrabungen liegen. Das Gerüst steht deshalb
auf großen querliegenden Stahlträgern, die rechts und links auf den Grundmauern aufliegen. Das
Außengerüst müssen wir ebenfalls besonders sichern. Hier sind ebenfalls Stahlträger quer in die
Außenwand eingesetzt worden, auf denen sich das Gerüst aufstützt und fixiert ist.
Ist alles im Vorfeld vollständig planbar?
Im Zuge der Vorarbeiten besprechen unsere Chefs und Spezialisten mit dem leitenden
Architekten und den Statikern die Bedingungen und Anforderungen vor Ort. Die Planung des Gerüsts
erfolgt dann nach den Vorgaben und technischen Anforderungen am Computer in der Zentrale in
Schmölln. Nach diesen Plänen bauen wir die Gerüste auf. Bei so einem Bauwerk müssen wir aber vor
Ort immer auch flexibel reagieren und die Höhen und Fächergrößen (Breite und Höhe zwischen den
Gerüststangen) bei Bedarf anpassen. Dazu haben wir unsere erfahrenen Leute auf der Baustelle.
Alles, was wir hier tun, wird von einem Prüfstatiker abschließend abgenommen und dann erst
freigegeben.
Wie wird das Gerüst im Innenraum aussehen, wenn es vollständig aufgebaut ist?
Das ca. 16 m hohe Innenraumgerüst wird das gesamte Hauptschiff bis oben in das Gewölbe
füllen. Hier werden die Hauptarbeiten an Mauerwerk und Gewölbe in den nächsten Monaten stattfinden.
Eine Erweiterung in den Chorraum ist allerdings notwendig. Dazu müssen noch die statischen
Bedingungen (u.a. Tragfähigkeit des Krypta-Gewölbes, Anm. d. Redaktion) geklärt werden, bevor das
Gerüst hier installiert werden kann. Das ca. 15 m hohe Außengerüst wird im Zuge der
Sanierungsarbeiten an den Strebebögen aus statischen Gründen jeweils abwechselnd auf der Süd- und
Nordseite aufgebaut und so im Zuge der Arbeiten um die Kirche "herumwandern".
Genießen Sie und ihre Mitarbeiter auch schon einmal die Aus- und Einblicke, oder ist das
reine Routine?
Die eigentliche Arbeit ist für mich und meine Leute sicherlich Routine, aber faszinierend ist
es schon, immer wieder an Orte zu kommen, die so nicht zu erreichen sind, und Ausblicke zu haben,
die sonst keiner genießen kann. Das, was ich sehe, sieht sonst halt keiner!