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Geteilte Freude, geteiltes Leid –

Erfahrungen:

Annette v.A.

"Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude doppelte Freude"

 

Kein Spruch könnte passender sein als Motto für die vergangenen Jahre. Als mein Mann im Sommer 2019 schwer erkrankte, standen von Anfang verständnisvolle, unterstützende Ärzt*innen, Pfleger*innen, Familienangehörige, Freund*innen und viele andere an unserer Seite. Wenn es uns – meinem Sohn und mir – am schlechtesten ging, taten sich neue Türen auf: zu Menschen, die zuhörten, uns in den Arm nahmen, Infor-mationen und Adressen vermittelten. Wir litten unter den Belastungen durch die Erkrankung, waren sorgenvoll und oft ratlos. Aber wir fühlten uns getragen. 
Auch beim Tod meines Mannes im Juli 2021 standen viele Menschen an unserer Seite. Eine gute Freundin gestaltete die Trauerfeier, und was sie über meinen Mann erzählte, machte mir bewusst, wie wertvoll die gemeinsame Zeit gewesen war. Nach dem Gottesdienst kamen Freund*innen auf mich zu und erinnerten sich an schöne und lustige Erlebnisse mit ihm. Ich war traurig über seinen Tod und dankbar für alles, was wir gemeinsam erlebt hatten. 
Zum Sechswochenamt musizierte ich zusammen mit meinem Sohn und einem lieben Freund. Nach dem Gottesdienst saßen Freund*innen, Familienangehörige und Bekannte bei Käse und Wein zusammen in unserer Küche. Und ich freute mich darüber, so viele Menschen, die uns über lange Zeit zur Seite gestanden hatten, bei uns zu haben. 
Inzwischen liegt der Tod meines Mannes ein Jahr zurück. Mein Sohn und ich sprechen oft von ihm und erinnern uns an gemeinsame Erlebnisse. Wir sind gemeinsam traurig und spüren gleichzeitig die große Bereicherung, die wir durch ihn erfahren haben. Mein Sohn und ich sind zu einem guten Team geworden, das die Hausarbeit genauso teilt wie Probleme und Fragen, Erfolge und Erlebnisse. Geteiltes Leid und geteilte Freude haben uns umso stärker zusammengeführt. 

Alex M.

"Glück und Leiden teilen – mit Achtsamkeit"

 

Seit einigen Wochen besuche ich einen Kurs zur Achtsamkeit. Hier geht es um die bewusste Wahrnehmung von Körper und Geist und das wertfreie Erleben des aktuellen Moments. 
In einer der letzten Stunden gab es eine sehr aufwühlende und emotionale Übung, bei der vielen Anwesenden und mir die Tränen flossen. Es war ein sehr, sehr tiefer Moment. Und erst als wir am Ende die Augen öffneten, merkten wir, dass wir mit unseren Tränen, unseren Emotionen keineswegs allein gewesen sind. Wir blickten in Gesichter, die ein Spiegelbild unseres eigenen Selbst waren. Man fühlte sich verbunden. Das Leid, welches nun nicht mehr allein getragen wurde, wog plötzlich nicht mehr so schwer und man fühlte sich stark mit seinen Mitmenschen verbunden. Es war trotz des Schwermuts eine sehr ergreifende und seltsamerweise auch schöne Situation. 
In dieser kleinen Gruppe teilen wir sehr viele Gefühle und Erlebnisse. Seien es Erfolge im Alltag, zu den Übungen oder einfach dem Umgang mit uns selbst oder Misserfolge und Schwierigkeiten. Wir bewerten und verurteilen uns nicht. Wir akzeptieren die Dinge, wie sie sind und unterstützen einander; sei es mit einem Ratschlag, mit Verständnis oder einfach nur mit einem offenen Ohr. So verteilen wir unsere schweren Momente miteinander auf die Schultern aller, wodurch die Last kaum noch wahrnehmbar wird. Und in gleichem Maße teilen wir unsere Erfolge und unser Glück und bereichern und bestärken einander dadurch um ein Vielfaches! 
Ich freue mich auf den wöchentlichen Termin und freue mich, mein Glück zu teilen und zu mehren sowie mein Leid zu teilen und zu schmälern. Mit einer so guten Gemeinschaft ist das Leben gleich viel leichter!

Matthias B.

"Geteilte Freude ist doppelte Freude"

 

Am 15. Oktober 2011 habe ich den Pachtvertrag für eine Parzelle in einer Kleingartenanlage im Kölner Süden unterzeichnet. 342 Quadratmeter Schöpfung zwischen Militärring und der A4. Dennoch ruhig, mitten in der Natur, mitten im Grüngürtel – Paradies mit Laube. 
Mit meiner damaligen Partnerin, der Mutter meines Sohnes – wie ich ein Mitglied unserer Gemeinde, haben wir ein damals verödetes Stück Land in sechs Wochen Arbeit zu einem für uns wunderschönen Garten gewandelt. Wir haben Bäume geschnitten, den Boden umgepflügt, Beete angelegt, Blumen gepflanzt, Rasen gesät und zu guter Letzt ein Hochbeet und ein Tomatenhaus gebaut. Wir haben Freude und Leid geteilt, mit der Natur konfrontiert zu sein. 
Nach unserer Trennung behielt ich den Garten. Schnell wurde mir klar, dass die Arbeit dieselbe war wie vorher. Für mich allein also die doppelte. Die Freude daran reduzierte sich hingegen auf die Hälfte. Oft habe ich daran gedacht den Garten zu kündigen, da mir das Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen nicht mehr deutlich war. Loslassen konnte ich aber auch nicht. Es waren die Momente, in denen mein Sohn im Garten schaukelte, Himbeeren und Erdbeeren pflückte, Karotten erntete oder Kräuter schnitt, die mich davon abhielten, den Garten aufzugeben. Inzwischen gestalte und bewirtschafte ich den Garten mit meiner Nachbarin, wir kennen uns seit 26 Jahren. Das passt. Nach ihrem anfänglichen Angebot mir bei der Gartenarbeit zu helfen, teilen wir uns nun den Garten. Wir teilen uns die Arbeit und das Schöne des Gartens. Jedes Ostern feiern mein Sohn, seine Mutter, ihr Partner, deren Tochter, Jakobs kleiner Schwester, und ich zusammen im Garten. Jakob habe ich dort einen Apfelbaum gepflanzt, seiner kleinen Schwester Käthe letztes Jahr auch. 
Garten ist einzigartig. Für mich ist Garten ein Sinnbild. Garten verändert sich ständig. Einen Garten pflegt man, wenn man aus ihm ernten möchte. 
Dieses Jahr trägt der Pfirsichbaum endlich wieder Früchte und die Tomaten aus Frankreich gehen sehr gut an.

Inge L.

"Geteiltes Leid ist halbes Leid – Geteilte Freude ist doppelte Freude"

 

Ach, Tant‘ Hannchen, Du hättest sicher getanzt vor Freude, wenn Du uns alle gesehen hättest. 
Aber beginnen wir am Anfang: Erst 2008 erfuhr mein Mann Karl Heinz durch seinen Bruder Wilfried von der Existenz ihrer Tante Johanna Lenz, genannt Hannchen, die psychisch krank war und die 1942 im Rahmen der von Hitler angeordneten Krankenmorde in der Tötungsanstalt Hadamar vergiftet worden war. 
Einige Jahre später begannen wir mit unseren Recherchen in der heutigen Gedenkstätte in Hadamar. Diese ergaben, dass die Informationen von Wilfried richtig waren. Diese Wahrheit zu erfahren, erschütterte uns zutiefst und klang lange in uns nach. 
In dieser Zeit des Entsetzens und der Trauer tauchte in uns die Idee auf, für Johanna einen Stolperstein vor ihrem Kölner Wohnhaus auf dem Karolingerring 13 legen zu lassen. Johanna gehört ans Licht! Ab August 2019 verfolgten wir unseren Plan der Stolpersteinverlegung weiter. Dabei erhielten wir große Unterstützung durch das EL-DE-Haus/NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln, das für die Verlegung von Stolpersteinen durch den Künstler Gunter Demnig sorgt. 
Dann geschahen erstaunliche Dinge. 
Die Kölner Journalistin Petra Pluwatsch, die an einem Buch über Kölner Naziopfer arbeitete, wurde auf die dort verwahrte Krankenakte von Johanna aufmerksam. Ein Kapitel ihres Buches widmet die Autorin dem Leben und Schicksal von Johanna. 
Frau Pluwatsch informierte uns dann über zwei Verwandte, die gleichzeitig zum Schicksal von Johanna geforscht hatten. Wir lernten uns bei der Stolpersteinverlegung im September 2021 kennen. Wunderbarerweise waren wir uns vertraut, als ob wir uns schon sehr lange kennen würden. 
Johannas Leid ist nun nicht mehr verborgen. Es ist sichtbar geworden im Stein, vor dem man sich verneigen muss, um dessen Inschrift zu lesen. Wir haben Johanna wiedergefunden. Sie lebt jetzt in uns und in unserer Familie weiter. Diese Freude teilen wir nun auch mit Brigitte und Karl-Heinz, unseren neuen Verwandten.

Guillermo M.

"Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude"

 

Wie interessant und tiefgründig der Satz ist, wenn man ihn einmal aufmerksam liest oder sogar zweimal. Was ich darüber sagen kann ist, dass ich dieses tatsächlich erlebt habe. 
Mir ist es passiert, dass ein Feuer aus einem benachbarten Atelier meine 65 m² Werkstatt im Eifelwall in nur sechs Stunden zerstört hat, so dass meine 30-jährige Arbeit auf einen Berg von Asche und Schutt reduziert wurde. Denn die Werkstatt eines Künstlers ist voll von verschiedenen Materialien. Von einem Tag auf den anderen stand ich ohne Arbeitsplatz und ohne den Rückhalt des "Kapitals", das meine Arbeit bedeutet. Ich war ehrlich gesagt deprimiert und verzweifelt über die Aussicht, die sich mir bot. Dank der Intervention von zwei guten Freunden, die für mich eine Benefizveranstaltung organisierten, ein Beispiel für die Solidarität der Südstadt, im Nachhinein immer noch unglaublich, konnte ich zwei Jahre später ein neues Atelier Im Sionstal 15 beziehen. Die Unterstützung war überwältigend.  
Wut und Trauer. Wie kann man diese Situation lösen, die einer Sackgasse sehr ähnlich ist? Mehr als Kampfgeist, man braucht einen Geist des "Widerstands" denn wir müssen stark sein angesichts der Niederlage, angesichts der Enttäuschung, die uns jeden Moment widerfahren kann. Wir wissen, dass etwas passieren kann, das uns den Weg erschwert. Die Fragen nach dem Warum und Weshalb werden mit dem neuen Weg, den ein neuer Tag immer mit sich bringt, mit der Zeit beantwortet.  
Das zu wissen oder zu ahnen, dass dieser neue Tag Schritt für Schritt aufgebaut werden muss, mehr als alles andere, um den Verlust zu überwinden, in meinem Fall mit neuen Werken. Das Leben ist schön, ein Weg voller Überraschungen, manche besser als andere, immer wieder sehr positiv und ermutigend, besonders wenn man Freunde hat, die diesen Weg mit einem gehen.

Heidemarie Charlotte H.

"Was nun war das: geteiltes Leid oder doppelte Freude?"

 

Tatort ... eine Eisdiele im Severinsviertel.  
Ein kleines Mädchen hatte eine Eistüte in der Hand und wollte sich damit auf die Stufen der Eisdiele setzen. Da passierte es: Ihr fiel die Eiskugel aus der Waffel! Entsetzen und Trauer beherrschten das ganze kleine Gesicht. Die „Handy-Mutter“ reagierte genervt. 
Ich hatte mir soeben auch zwei Kugeln Eis gekauft, setzte mich neben die Kleine und bot ihr eine meiner Kugeln an. Schüchtern und immer noch traurig hielt sie mir ihre leere Waffel hin, und vorsichtig schoben wir die Kugel hinein. Sie lächelte wieder, und wir genossen beide glücklich unser Eis. 
Was nun war das – geteiltes Leid oder doppelte Freude? Beides – glaube ich …

 
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