… steht das Wasser bis zum Hals.
Glockenturm der alten Pfarrkirche St. Katharina
im Reschensee, Südtirol
Foto: Von Noclador – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=51398010
Neue Entscheidungs- und Kontrollgremien sollen sicherstellen, dass in Zukunft wichtige
Entscheidungen nicht allein durch Amtsträger – Bischöfe, Priester – getroffen werden. Dazu gehört
auch, dass zum Beispiel bei einem möglichen Missbrauch entsprechend den gültigen Gesetzen verfahren
wird und die Umsetzung kontrolliert werden kann. Die Besetzung dieser geplanten Gremien soll von
den Pfarreien aus, also von unten nach oben erfolgen.
Schon heute aber haben viele Gemeinden große Schwierigkeiten, genügend Mitglieder für
Pfarrgemeinderat und Kirchenvorstand zu gewinnen. Selbst bei den Versammlungen des "synodalen
Weges" verlässt die Mehrheit der Delegierten vorzeitig die Sitzungen. Ob der zusätzliche Aufwand
des Engagements in den zu schaffenden Gremien noch von den Gemeinden geleistet werden kann, scheint
mir daher fraglich. Zudem ist weiterhin unklar, ob mit diesen Maßnahmen zum Beispiel der Missbrauch
wirklich hätte verhindert werden können. Die Bestimmungen waren schon immer eindeutig, nur haben
sich die verantwortlichen Bischöfe und Personalchefs darüber hinweggesetzt. Ein solches Verhalten
können veränderte Strukturen nicht verhindern. Die Öffentlichkeit wird zudem nicht durch die
Einführung neuer Strukturen von der Ernsthaftigkeit der Aufklärung überzeugt, sondern alleine durch
die personellen Konsequenzen bei den schuldig gewordenen Amtsträgern – Konsequenzen, die bisher
weitgehend ausgeblieben sind.
Zwei Faktoren haben in meinen Augen den Missbrauchs-Skandal ermöglicht: der Priestermangel und
ein überhöhtes Priesterbild. Da jeder verurteilte Priester den Mangel vergrößert hätte, wurde über
persönliches Versagen zu häufig hinweggesehen und wurden neue Einsatzorte für die Betroffenen über
Diözesangrenzen hinweg gesucht und ihr Verhalten nicht überwacht.
Macht kann man teilen, indem man die Ämter teilt. Daher wären als erste Schritte nicht neue
Strukturen, sondern die Weihe verheirateter Männer zu Priestern und die Weihe von Frauen zu
Diakoninnen einzuführen. Die in langjähriger Ehe und im Beruf gemachten Erfahrungen dieser Männer
und Frauen würden nicht nur zu einem neuen Priesterbild führen, sondern auch die Zusammenarbeit
untereinander und innerhalb der Gemeinden nachhaltig verändern. Da in der Kirche zur Zeit noch
genügend geeignete Männer und Frauen zur Verfügung stehen würden, müssten die aus Not gebildeten
großen Seelsorgeeinheiten (Kolchose-Pfarreien) nicht realisiert werden. Die zusätzliche Maßnahme
der Aufhebung des Zwangszölibates würde das Leben der eigenen Sexualität vereinfachen und die immer
wieder angesprochene Einsamkeit nicht aufkommen lassen.
Die einzige Struktur, die dringend geändert werden müsste, ist die Verteilung der Mittel aus
der Kirchensteuer. In dem schweizerischen Modell gehen die Gelder direkt an die Gemeinden. Eine
gemeinsam abgestimmte Abgabe an den Bischof für zentrale Aufgaben und Zahlungen in einen
Solidarfond für Gemeinden, die der Hilfe bedürfen, würde die Machtverhältnisse positiv verändern.
Bischöfe müssten für übergreifende Vorhaben um die Unterstützung der Gemeinden werben. Die gerade
begonnenen Verhandlungen zwischen den Kirchen und der Bundesregierung über eine grundlegende
Veränderung der Finanzierung wären eine gute Gelegenheit, darüber nachzudenken.