Großer Kontrollraum K1, des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt DLR in Oberpfaffenhofen Bild: DLR, CC BY-NC-ND 3.0
Kennen Sie das vielleicht auch? Sie haben viel Arbeit in ein Projekt gesteckt. Mit anderen
zusammen geplant, diskutiert, schon einmal gestritten, Probleme gelöst und gemeinsam etwas Großes
auf die Beine gestellt – und dann kommt der Moment, in dem sich der Erfolg oder Misserfolg der
gemeinsamen Arbeit zeigt. Und dieser "Moment" dauert fünf Minuten, in denen Sie nichts mehr tun
können – nur gemeinsam warten.
So ähnlich ist es, wenn wir im DLR einen Satelliten planen, bauen, ins Weltall bringen und
dann betreiben wollen. Gut drei Jahre liegen hinter dem Team. Der Satellit ist oben auf einer
Rakete befestigt, und der Start in Indien ist für den kommenden Tag angekündigt. Das ist der
Zeitpunkt, an dem der gesamte Ablauf noch einmal so real wie möglich vorher geprobt wird.
Alle Mitarbeitenden treffen sich in einem der großen Kontrollräume des DLR in
Oberpfaffenhofen bei München. Er sieht übrigens wirklich so aus, wie man es aus Filmen kennt: ein
großer dunkler Raum mit großen Bildschirmen an der Wand, vielen Arbeitsplätzen mit Monitoren für
die verantwortlichen Mitarbeitenden. Sie führen alle notwendigen Arbeitsschritte testweise auf die
Sekunde genau durch. Auch die Zeit, nachdem der Satellit von der Rakete getrennt wird und erst
einmal ohne ein "Lebenszeichen" für gut fünf Minuten im All unterwegs ist, wird geprobt. Alle
warten darauf, dass ein Test-Funksignal auf einem der großen Bildschirme erscheint, das sagt: "Ich
bin gut im All angekommen und bin bereit für alles Weitere". Dies wird alles so real umgesetzt,
dass schon hier das "geprobte" Warten eine innere Spannung auslöst und sehr real wahrgenommen
wird.
Der nächste Tag bringt dann die Entscheidung. Früh morgens um fünf Uhr geht es los. Die
Bilder aus Indien sind zu sehen. Warten auf den Start der Rakete – die Spannung ist greifbar. Aber
hier haben immer noch andere die Verantwortung für das Gelingen. Und alles klappt – ein
Bilderbuchstart. Mit der Meldung aus Indien "Satellit erfolgreich ausgesetzt" beginnen die "echten"
fünf Minuten, bei denen es am Ende auf unsere eigene Arbeit ankommt. Und diese fünf Minuten Warten
sind eine sehr intensive Zeit. Es ist eine Mischung aus professioneller Gelassenheit, steigender
innerer Anspannung und vielen Gedanken dazu, was alles schief gehen kann und was es bedeuten würde,
einen Misserfolg vertreten zu müssen. Das intensiviert sich mit jeder Sekunde, die bis zum
erwarteten Kontakt heruntergezählt wird. Als dieser Zeitpunkt erreicht und überschritten wird,
verändert sich die Atmosphäre im Raum und im gesamten Team merklich. Ein paar weitere Sekunden nur,
in denen eine absolute, seltsame Ruhe spürbar wird. Dann ein kleiner Ausschlag auf einer
angezeigten Kurve auf den Bildschirmen: Ist es der erwartete Kontakt zum Satelliten? "Wir haben ein
Funksignal", mit diesem Satz ist das Warten dann beendet. Jubel, Klatschen, eine kurze Umarmung mit
dem Nebenmann – die Anspannung weicht – unsere Arbeit war erfolgreich.
Nach dieser intensiven Erfahrung, bei der es ja "nur" um einen Satelliten geht, habe ich selber
nur eine leise Ahnung davon bekommen, was es bedeutet die Verantwortung für das Leben von Menschen
zu tragen, die zu Missionen ins All aufbrechen. Was es bedeutet, nicht auf ein einfaches
Funksignal, sondern auf ein Lebenszeichen zu warten. Vielleicht denken Sie mal daran, wenn Sie den
berühmten Satz des Apollo 13-Kommandanten im gleichnamigen Film hören: "Houston wir haben ein
Problem".