Die heimlich gehäkelten Topflappen als Weihnachtsgeschenk gibt es nach 50 Jahren immer noch.
Die inzwischen lange erwachsenen Kinder erinnern sich noch lebhaft und gern an die Adventszeit:
"Keine Zeit war so schön wie die Adventszeit", hörten die Eltern beim aktuellen Telefongespräch.
Jeden Abend wurde eine Geschichte vorgelesen und ein Adventslied gesungen. Plätzchen wurden früh
gebacken, aber in großen Blechdosen aufbewahrt bis Weihnachten. Niemand wäre auf den Gedanken
gekommen, sie bereits in der Adventszeit zu essen – mit Ausnahme des Barbara- und des
Nikolaustages. Geprägt war die Zeit auch von häufigem Üben für das traditionelle Krippenspiel an
Heiligabend in der Kirche.
Die Kinder bastelten Rauschgoldengel oder häkelten heimlich Topflappen als Geschenk. Herlinde B.
erzählt lächelnd, dass sie gerade einen gestopft hat, den sie aus dieser Zeit noch in Ehren
gehalten hat. Und beim papierenen Adventskalender wurden nach Weihnachten sorgsam die Türchen
geschlossen, um ihn im kommenden Jahr wieder zu nutzen.
Die Eltern kauften den Weihnachtsbaum während der Schulzeit der Kinder und deponierten ihn im
Keller. Er wurde in der Nacht vor Heiligabend geschmückt und die Zimmertür verschlossen. Verzaubert
war die Zeit durch geheimnisvolle Rituale. Die Kinder legten den Wunschzettel am Abend auf die
Fensterbank und fanden am Morgen silberne Sterne und ein kleines Schokoladenstück. Engel und
Christkind waren selbstverständliche Realitäten, deren Existenz von den älteren Schwestern bei der
jüngeren nicht in Frage gestellt wurde.
Das selbstverständliche vorfreudige Warten und die Erfahrung des vorausgehenden Verzichts
machten das Fest zu einem intensiven Erlebnis für die ganze Familie. Viele dieser Rituale sind in
der nachfolgenden Generation lebendig geblieben.