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Wenn Worte fehlen

Marianne Ricking hat im Rahmen ihrer Ausbildung zur Beerdigungsbeauftragten Maria Mrotzek kennengelernt, die seit vielen Jahren ehrenamtlich als Notfallseelsorgerin im Kreis Mettmann tätig ist. Die Notfallseelsorge in Köln ist in ähnlicher Weise organisiert wie dort – siehe Infokasten.

<em>Jakobsmuschel mit Symbolen für Alltägliches (Linsen), Besonderes (Samen) und Kostbares (Perlen) Foto: privat</em> Jakobsmuschel mit Symbolen für Alltägliches (Linsen), Besonderes (Samen) und Kostbares (Perlen) Foto: privat

Kommt es vor, dass Dir bei einem Einsatz als Notfallseelsorgerin die Worte fehlen?
Wenn die Notfallseelsorge von der Leitstelle gerufen wird, sind die Angaben zum Einsatz meist sehr knapp. Informationen zum Geschehenen bekommt man erst vor Ort. Man hat nur wenige Minuten, um sich auf die Situation einzustellen. So ist mir ein Einsatz in Erinnerung, bei dem das ganze Ausmaß der Tragödie sich Stück für Stück zusammensetzte und mich sprachlos machte. Eine junge Frau war seit Jahren magersüchtig. Alle Therapieversuche und Hilfsangebote waren über die Jahre fehlgeschlagen. Einen Urlaub ihrer Eltern nutzte sie, um ihr Leben durch aktive Nahrungsverweigerung zu beenden. Das Innehalten im Gebet bei der Aussegnung (Segensritual am Totenbett)  war für mich sehr entlastend.

 

Gibt es so etwas wie die richtigen Worte?
Wir sind oft auf der Suche nach den richtigen Worten, besonders wenn es um traurige Ereignisse geht. Jede Situation ist natürlich individuell. Beim Überbringen einer Todesnachricht sind Worte klar, präzise und ohne Umschweife auszusprechen: Für mich die richtige Form zu Beginn eines oft unfassbar schmerzlichen Prozesses für die Angehörigen.

 

Gibt es für Dich so etwas wie ein Geländer, an dem Du Dich orientieren kannst?
In der Ausbildung sind uns Orientierungspunkte an die Hand gegeben worden, die uns durch einen Einsatz geleiten können. Im Mittelpunkt steht mein Gegenüber, ein Mensch in einer Krisensituation. Ich versuche, mich in den anderen „hineinzufühlen“, mit ihm auszuhalten und sein Befinden zu verbessern. Zum Beispiel gebe ich durch Informationen Orientierung, rege zu eigenen Handlungen an und trage so zur Stabilisierung bei. Ich hole den Verstorbenen in die Mitte, lasse mir ein Bild zeigen, zünde eine Kerze an.
Und ich öffne Perspektiven für den Alltag … Wer muss informiert werden, wir tätigen gemeinsam einen Anruf … , klären, wer die weitere Begleitung übernehmen kann.

 

Gibt es überhaupt die "richtigen" Worte?
Ja, ich denke schon, so wie es auch unpassende Worte gibt. Aber es müssen nicht immer Worte angebracht sein, manchmal sind es auch Gesten oder 
gemeinsames Schweigen.

 

Wo holst Du Dir selber die Kraft für diese Arbeit?
Um Kraft zu schöpfen ist es wichtig, nach einem belastenden Einsatz sich etwas Gutes zu tun und die Sinne zu entspannen. Ich gehe gern auf lange Wanderungen und genieße die Natur.
Aber auch der Einsatz selbst kann eine Kraftquelle sein.
In meinem Leben gibt es eine Fülle von Erfahrungen und Begegnungen, froh machende und schmerzliche, die mich geprägt haben. Daraus kann ich schöpfen. Es ist eine Fülle von Alltäglichem (Linsen), Besonderem (rote Samen) und Kostbarem (Perlen). Symbolisch für die Grundlage der Fülle ist auf dem Bild die Jakobsmuschel, weil ich als Suchende auf dem Weg bin. Die Grundlage ist meine tiefe Verwurzelung im christlichen Glauben, die verbunden ist mit der österlichen Hoffnung.
Wer voller Hoffnung ist, kann mit Menschen Krisenmomente aushalten … dabei geht es oft nicht um konkrete Worte … manchmal fehlen sie gar nicht.

Notfallseelsorge (ökumenisch) in Köln:   

Ein Team aus 25 haupt- und ehrenamtlichen Frauen und Männern, ihr Einsatz erfolgt über die Leitstelle der Feuerwehr. Anlässe sind u.a. Überbringen einer Todesnachricht mit der Polizei, plötzlicher Tod, Suizid, Verkehrs- und Arbeitsunfälle ... 
Nach der Ausbildung in einem Grundkurs folgt eine Zeit der Begleitung im Einsatz durch erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Unterstützt wird die Arbeit der ehrenamtlich Engagierten durch regelmäßige Supervision.

 

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