Begegnung mit Gott in meinem Leben als Benediktinerin
Wenn ich mich frage, wo es in meinem täglichen Leben eine Möglichkeit der Gottesbegegnung geben
könnte, fallen mir spontan ganz unterschiedliche Situationen ein.
Zuerst ist da das persönliche und auch das gemeinsame Gebet. Wobei dies aber nicht immer ein
Ort der Gottesbegegnung sein muss. Zumindest kann ich das aus meiner eigenen Erfahrung sagen.
Manchmal ist es gar nicht so einfach, früh am Morgen in den Laudes (kirchliches Morgengebet)
wirklich ganz präsent und offen für Gott zu sein. Die Müdigkeit überwiegt, oder ich bin mit meinen
Gedanken schon beim beginnenden Tag. Da fällt es schwer, sich auf das Gebet zu konzentrieren. Doch
Gott findet ein Einfallstor, wie er mir zeigen kann, dass er mit mir ist. So kommt mir im Laufe
eines Psalms ein Vers entgegen, und gerade dieser Vers trifft mich dann tief in meinem Herzen und
schenkt mir Antwort auf eine offene Frage oder eine Lösung für ein Problem. In solchen Momenten ist
es für mich eine wirkliche Gottesbegegnung; ich kann spüren, dass er da ist. Ich fühle eine tiefe
innere Ruhe und Zufriedenheit.
Diese Erfahrung kenne ich auch vom persönlichen Gebet. Ich sitze in der Kirche vor dem
Tabernakel, meine Gedanken sind überall, nur nicht beim Gebet. Ich versuche mich immer wieder
zurückzuholen. Und dann gibt es den Moment, wo es innerlich in mir ruhig wird, alles andere um mich
herum wird nebensächlich. Ich bin ganz präsent und anwesend und Gott auch. Das kann ich tief in
meinem Inneren spüren.
Gott darf ich aber nicht nur im Gebet, sondern auch bei der täglichen Arbeit begegnen: Es
klingelt an der Klosterpforte; obwohl ich gerade mit etwas anderem beschäftigt bin, eile ich an die
Tür und öffne. Zwischen dem Besucher und mir entwickelt sich ein Gespräch. Dabei sagt der Besucher
etwas, was bei mir auf "fruchtbaren" Boden fällt – etwas, das mir in meiner momentanen Situation
weiterhilft. Ich muss spontan daran denken, was unser Ordensgründer Benedikt in seiner Regel
schreibt: Gott kommt mir im Nächsten entgegen, in alltäglichen und nicht in den großen Dingen des
Lebens.
Alle diese Momente der Gottesbegegnung haben etwas gemeinsam: Ich muss nur präsent und bereit
sein, Gott zu begegnen. Er findet den Weg, wie das geschehen kann. Und ich darf dann spüren: Eine
wirkliche innere Ruhe und Zufriedenheit; das ist in solchen Momenten ein großes Geschenk.
Schwester Cornelia (Kloster der Benediktinerinnen Köln-Raderberg)