Harald Berens bewegt sich souverän durch sein Reich, spricht hier und da mit den Gästen – immer
mit aufmerksamer Freundlichkeit. Es verwundert nicht, dass ein Gespräch mit der Pfarrbriefredaktion
über seinen Mut zur Selbstständigkeit gar nicht so einfach zu vereinbaren war. An einem Regentag
schließlich gelingt es.
Vor gut sieben Jahren hat er die Entscheidung getroffen, sich selbständig zu machen und
"Feinkost Berens" zu eröffnen in den Räumen einer ehemaligen Galerie. Zuvor war er über lange Jahre
in angestellter, zugleich verantwortungsvoller Position in einem anspruchsvollen
Feinkostunternehmen tätig. "Ein Drittel meines Lebens habe ich in diesem Unternehmen verbracht",
sagt der jetzt 51jährige und schweigt diskret über die Gründe der Beendigung dieser Zeit.
Eine für ihn interessante neue Stelle in der Feinkostbranche im Osten Deutschlands hätte er
antreten können, verzichtete aber darauf nach ausführlicher Beratung mit seinem Lebenspartner, der
selbst in verantwortlicher Position in einer großen Firma tätig ist.
Der Schritt in die Selbstständigkeit war ein großes Wagnis für ihn, ein Schritt ohne Netz und
doppelten Boden. Ohne die Ermutigung durch den Partner und die Familie hätte er das eher nicht
gewagt. "Meinen Eltern verdanke ich viel, sie haben mir meine beruflichen Wege ermöglicht, und sie
haben mich auch zum Schritt in die Selbstständigkeit ermutigt." Hilfreich war zudem seine
Berufserfahrung und nicht zuletzt eine Erfahrung aus einem ganz anderen Bereich: "Ich bin oft große
Strecken gelaufen, da ist man darauf eingestellt, durchzuhalten; das ist auch im Beruf ganz
entscheidend."
Vieles konnte er nicht planen, er wusste nicht, wie die Leute auf sein Angebot reagieren
würden, wie er sich auch gegenüber anderen "Anbietern" würde durchsetzen können. Da brauchte es Mut
zum Risiko.
Sein geschäftliches Prinzip umfasst drei Bereiche: Feinkost, Gastronomie und Präsente. "Es ist
wichtig, diese drei Felder zu haben, denn wenn eines mal schwach ist, sind die anderen noch
da."
Manche Menschen denken, dass seine Arbeit mit viel Spaß und wenig Pflicht verbunden ist und dass
sich das Geld leicht verdient. "Was keiner sieht ist, dass ich 10 bis 12 Stunden am Tag für das
Geschäft aktiv bin."
Genuss und gute Dienstleistung, mit der man anderen Freude macht, nach diesem Konzept richtet
er seine Tätigkeit aus. "Ein zufriedener Kunde tut der Seele gut, und wenn die Menschen
wiederkommen, dann entschädigt das für die viele Zeit, die man investiert."
Ohne eine große Portion Idealismus geht es allerdings nicht, davon ist er überzeugt. Es
freut ihn, wenn die meisten Kunden – viele aus dem Viertel – sehr regelmäßig kommen, manche
täglich, und es freut ihn, wenn sie untereinander ins Gespräch kommen. Er selbst hört gern zu und
kann sich gut auf seine Gäste einstellen.
Die Risiken seiner Entscheidung zur Selbstständigkeit waren ihm wohlbekannt, aber es macht
für ihn einen deutlichen Unterschied, ob er für sich selbst arbeitet oder für ein Unternehmen.
Risiko und Freude an der Arbeit sollten sich die Waage halten.
Dass das nicht immer möglich ist, hat er schmerzhaft gespürt in der Zeit des strengen Lockdowns.
"Da wird einfach der Stecker rausgezogen, und man macht nichts." Durchhalten, Disziplin und Übung,
das sind nach seiner Überzeugung Faktoren, die es braucht, um schwierige Situationen durchstehen zu
können, und solche gab es auch in den zurückliegenden Jahren.
Ob er noch einmal etwas Neues wagen würde? Wenn die Vorstellungen und Wünsche der Kunden sich
ändern würden, dann würde er sich auch verändern. "Selbstständigkeit stärkt die Flexibilität."
Mit Harald Berens sprach Ingrid Rasch.