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Mut zur Lebensfreude …

… haben die Schülerinnen und Schüler der Förderschule, an der Lotta J. (Name geändert) unterrichtet. Dieser Mut inspiriert und motiviert sie täglich dazu, den Schulalltag mit Herzblut individuell, bunt und abwechslungsreich zu gestalten. Vor einem Jahr zog die junge Lehrerin aus Berlin in die Kölner Südstadt. Seither ist sie Klassenlehrerin von zwölf Jugendlichen im Alter von 16 bis 18 Jahren, die im Förderschwerpunkt ‘Geistige Entwicklung‘ unterrichtet werden, und deren Schullaufbahn nach dem Besuch der jetzigen Berufsschulstufe enden wird. 

<em>Die 16-jährige Luisa widmet sich mit großer Leidenschaft dem Kneten.</em> Die 16-jährige Luisa widmet sich mit großer Leidenschaft dem Kneten.

Lotta J., die nach dem Abitur zunächst eine Ausbildung zur Bankkauffrau absolvierte, sieht den besonderen Reiz ihrer Tätigkeit im zwischenmenschlichen Bereich.

"Mein beruflicher Erfolg soll nicht daran gemessen werden, wie viel ich verkaufe, sondern in der ja eigentlich schwer messbaren Qualität der Unterstützung auf dem individuellen Lebensweg." 


In ihrer Schule haben einige Kinder und Jugendliche nicht nur einen Förderbedarf in der geistigen Entwicklung, sondern müssen zudem auch mit körperlichen Einschränkungen leben. Viele von ihnen werden nach dem Kindergarten in die erste Klasse der Förderschule eingeschult, andere wechseln von der Regelschule hierher – mit der Berufsschulstufe endet die Schulzeit an der barrierefrei gestalteten Förderschule.


Die Schüler/innen ihrer Klasse beschreibt die Lehrerin – ohne lange überlegen zu müssen – als lebensfroh, offen und unvoreingenommen. "Mich bereichert das unheimlich, ich habe so viele tolle, lustige, lebensfreudige Situationen im Alltag – das kann kaum ein anderer Job bieten, würde ich jetzt mal so behaupten."
Bemerkenswert findet sie, dass Erkrankungen in den Hintergrund rücken und somit Schwermut und Entmutigung den Schulalltag nicht prägen. Das ist besonders erstaunlich angesichts der Herausforderungen, die die Jugendlichen im Alltag meistern müssen.

So erzählt Lotta J. zum Beispiel von Luisa, die als drittes von vier Geschwistern auf die Welt kam und unter geistigen und körperlichen Beeinträchtigungen leidet.

Luisa hat eine jüngere Schwester, die ebenfalls mit geistigen und körperlichen Beeinträchtigungen lebt – die Mutter der vier Kinder ist alleinerziehend. Eine zweifellos herausfordernde Lebenssituation für die ganze Familie.

Doch die schwierige Ausgangsposition, die das Leben Luisa gestellt hat, hält sie nicht davon ab, ehrgeizig und voller Elan auch die Dinge zu erlernen, die zunächst schwerfallen. So erscheint sie täglich voller Vorfreude und Motivation im Klassenraum. Häufig widmet sie sich mit großer Leidenschaft dem Knetgummi, was ihre motorischen Fähigkeiten fordert und fördert. 

 

Wenn Lotta J. ihre Schülerinnen und Schüler als mutig charakterisiert, dann spürt man ihren Stolz und die Bewunderung für die Jugendlichen, die sich nicht von Hindernissen unterkriegen lassen und sich trotz ihrer erschwerten Ausgangsposition nicht für den leichtesten Weg entscheiden. Dabei betont sie die Motivation, über sich hinauszuwachsen, die sie im Klassenraum täglich erlebt – eine Motivation, die durch den Ausblick auf das Fußballspiel am Wochenende oder ein besonderes Musik-Event verständlicherweise tendenziell steigt.  


Damit die individuelle Arbeit mit den Jugendlichen gelingen kann, spielt auch die Zusammenarbeit mit Eltern – die sogenannte Arbeit im Dreieck, in der Schüler/innen, Eltern und Lehrperson voneinander profitieren können – eine entscheidende Rolle. "Die Eltern sind als Bezugspersonen die größten Experten, wenn es um ihre Kinder geht," davon ist sie überzeugt, und sie erlebt mutige Eltern, die in der tiefen Liebe zu ihrem Kind nicht müde werden, alle nur möglichen Türen zu öffnen, um neue Ansätze zu finden und ihre Lebensplanung kreativ zu gestalten. "Die meisten Eltern wollen einfach das Beste für das Kind: dass das Kind in der Welt ankommt und Perspektiven hat," das ist ihre Erfahrung als Lehrerin.


Mit den Sommerferien 2020 entlässt Lotta J. ihre Schüler/innen nicht ohne Wehmut in eine neue Lebensphase: Der Einstieg ins Berufsleben steht an. Das bedeutet für einige Jugendliche, in Werkstätten zu arbeiten, die auf ihre Einschränkungen eingestellt sind. Andere können – mit der entsprechenden Unterstützung – auf dem ersten Arbeitsmarkt einen Platz finden. Das ist für die Schüler/innen der Förderschule ebenso ein Meilenstein wie für Absolventen von "Regelschulen":  Ablösung vom Elternhaus, der Arbeitsalltag, neue Freundschaften, neue Umgebung etc. markieren Herausforderungen, die es zukünftig mutig zu bewältigen gilt.   
Mit der Entlassung der Jugendlichen endet auch Lotta Jonas Zeit an der Förderschule. Sie hatte die befristete Vertretungsstelle bewusst gewählt, um sich in der Schullandschaft auch über das Referendariat hinaus weiter zu orientieren und eigene Stärken und Schwächen zu erkennen.

  
Inspiriert und motiviert durch die guten Erfahrungen wird sie nach den Sommerferien an einer anderen Förderschule für Schüler/innen mit dem Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung" tätig werden – für sie eine mutige Entscheidung zu einer längerfristigen Verpflichtung.

 

Katharina Welling und Ingrid Rasch

 
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