Was es ohne Corona (vermutlich) nicht gegeben hätte...
Freitags 11.55 Uhr – also "Fünf vor zwölf"
zum freitäglichen Friedensgebet versammeln sich fünf Frauen zwischen 42 und 82 Jahren vor ihrem
PC, ihrem Tablet oder Handy. Eine von ihnen zündet eine Kerze in ihrem Wohnzimmer an und gestaltet
das anschließende Gebet. Auch die gewohnte meditative Stille beim mittäglichen Angelus-läuten
halten sie miteinander ein. "Es war gut, wenn auch etwas ungewohnt, aber ich war mit dem Herzen
dabei", meint Rosemarie A.
Maria H. ist nicht die Einzige, die sich auch über den Austausch nach dem Gebet freut, der sonst
auf dem Kirchplatz stattfindet. Dreimal haben sie sich so zusammengefunden, dann konnte das Gebet
wieder in der Kirche stattfinden.
"Die gemeinsamen Frühstücke nach den Morgengebeten in der Karwochehaben mir
gefehlt und vor allem die Gemeinschaft im Beten", sagt Martina T. Wer in der Vergangenheit diese
Gebete in der Kirche gestaltet hatte, brachte sie diesmal zu Papier bzw. in eine Datei und lud per
PC zum gemeinsamen Tun ein.
"Ich habe an Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag jedes Mal morgens um 8 Uhr eine Kerze
angezündet und mich in die per Mail geschickten Texte und Gebete vertieft" – so oder ähnlich war
von einigen Frauen und Männern zu hören.
Für Kinder und Familien hatte die Pastoralreferentin Annette Blazek die biblischen Aussagen zu
Leiden und Sterben Jesu, zu Tod und Auferstehung verständlich aufbereitet. Dafür gab es auch von
einigen Erwachsenen dankbare Resonanz in die Richtung: "Jetzt habe ich endlich verstanden ..."
Gründonnerstag alleine beten, die Osternacht alleine feiern?
Für viele kein schöner Gedanke … und so haben einige Gemeindemitglieder die Initiative ergriffen
und andere eingeladen, sich an diesen besonderen Tagen zu einem virtuellen Gottesdienst zu
versammeln.
Nicht alle Angesprochenen empfanden diese Art der Feier für sich passend, aber Giovanni G.
stellt fest: „"Wir haben es einfach ausprobiert, haben zusammen die Texte des Tages gelesen,
gebetet, Gedanken geteilt und schließlich auch virtuell zusammen Agape gefeiert!"
Pfarrgemeinderats-/Kirchenvorstandssitzung
– nach einer Zwangspause unter ganz neuen Bedingungen – als hybride Veranstaltung. Was das
ist? In den vorgeschriebenen großen Abständen sitzen einige der Gremienmitglieder im Pfarrheim an
St. Severin, großer Saal; andere sind über eine Leinwand per Videokonferenz zugeschaltet –
ungewohnt, doch ebenso effektiv wie sonst auch. Umstandslos und kurzfristig konnten Kamera und
Mikrophon angeschafft und eingesetzt werden. "In echt ist es schöner", war die einhellige Meinung,
"aber wir haben auch davon profitiert, dass Gremienmitglieder dabei sein konnten, die gerade nicht
in Köln waren."
Ein Newsletter wird eigens entwickelt; mit ihm kommen biblische Tagestexte und Predigt-Gedanken der Severiner Seelsorger/innen zu
den Sonn- und Feiertagen – zum Teil per Video – von Mitte März bis zu den Sommerferien zu allen,
die auf diese Weise mit ihrer heimatlichen Gemeinde verbunden sein möchten.
Solange keine Gottesdienste gefeiert werden durften, waren Begegnung und Gespräch mit den
Priestern und der Pastoralreferentin grundsätzlich zu allen Gottesdienstzeiten möglich; mindestens
eine/r von ihnen war im jeweiligen Kirchenraum präsent.
"Pfarrbrief im Sommer muss leider entfallen – wir können uns nicht treffen."Und virtuell??? Keiner aus dem Pfarrbrief-Redaktionsteam kann sich vorstellen, dass auf diese Weise ein
ganzer Pfarrbrief konzipiert werden könnte.
Rettende Idee: Alle treffen sich freiluftig am großen Tisch in der Grünanlage Sachsenring. Kalt
war es, gebibbert haben alle, und deshalb ging die Pfarrbriefredaktionssitzung zügig voran und
zeigte schnell Ergebnisse. Die Grundlage für die weitere Arbeit war gelegt, und das Ergebnis liegt
vor Ihnen.
Ein "Trio" – ungewöhnlich und interdisziplinär
– sorgt darüber hinaus von Palmsonntag bis Christi Himmelfahrt mit Texten, Musik und Bildern für
geistliche/geistige Nahrung in den sozial kargen Coronazeiten: Kirchenmusiker Gerd Schmidt,
Fotografin Silvia Bins und als Techniker Dominik Garnies haben für wunderbare Bildfolgen,
Orgelstücke und Predigten aus dem Kreuzgang oder dem Kirchenraum neben der brennenden Osterkerze
gesorgt, wodurch viele Menschen sich geistlich sehr angesprochen fühlten.
Die wohlüberlegte – an der Bedeutung der jeweiligen Tage ausgerichtete - Auswahl der
Musikstücke hat ebenso beeindruckt wie die darauf abgestimmte Bilderfolge, in der Kunstwerke aus
unseren Kirchen in allem Detailreichtum zur Geltung kamen. "Noch nie habe ich die Ölbergszene im
Severiner Kreuzgang so intensiv wahrgenommen oder etwa die Fülle der Darstellungen auf dem
Osterleuchter", stellt Regina K. staunend fest.
Hoffen auf die Zeit nach CORONA: Nicht alles war perfekt; nicht alle wurden erreicht, aber den totalen Stillstand, den
kompletten Ausfall des gemeindlichen Lebens gab es eben auch nicht. Nicht alle haben unter den
Corona-Bedingungen in gleicher Weise gelitten, aber tatsächlich waren die Tage um Ostern dazu
angetan, sich Gedanken über vieles zu machen, das ansonsten Jahr für Jahr so veranstaltet, gefeiert
wird oder eben auch für etliche bedeutungslos über die Bühne geht.
Wenn das oft gehörte "Nach Corona wird nichts mehr so sein wie vorher." keine leere Phrase sein
soll, dann muss das Nachdenken weitergehen, das Lernen aus den guten wie schwierigen Erfahrungen
und Erkenntnissen.
Am Mittwoch, 26.08.2020 lädt der Pfarrgemeinderat um 19.30 Uhr zu einem Austausch über genau
dieses Thema in den Pfarrsaal an St. Severin ein.