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Beziehung neu gestalten

Die Chance einer neuen Beziehungsgestaltung gibt es, wenn Angehörige in ein Altenheim ziehen. Daphne Stubbe, stellvertretende Leiterin des Seniorenzentrums Arnold-Overzier-Haus am Severinswall, spricht darüber mit Claudia Pabich von der Pfarrbriefredaktion.

Ein positive Atmosphäre zu schaffen für die Bewohnerinnen und Bewohner ebenso wie für die Angestellen, das ist der Hausleitung wichtig.

Wie geht es den Angehörigen, Ehepartnern oder Kindern von Menschen, die gerade ins Seniorenzentrum ziehen? Haben sie oft ein schlechtes Gewissen?
Das hängt sehr davon ab, wie die Beziehungen zueinander bisher waren. Wenn Menschen im Vorfeld darüber gesprochen haben, ist es leichter. Und es braucht eine Verständigung darüber, welche Erwartungen an Besuche und an Fürsorge es gibt, und was da von den Angehörigen geleistet werden kann. Wenn die Verständigung darüber gelingt, entstehen weniger Konflikte. Allerdings ist das meist nicht einfach, denn es ist ja für alle eine neue Situation, es gibt in der Regel noch keine Erfahrungen, auf die man zurückgreifen kann.

 

Sprechen Sie über solche möglichen Konflikte mit den Angehörigen?
Wir bieten ausführliche Beratungsgespräche an, und wir machen deutlich, dass wir nicht gegen die Wünsche der Bewohner handeln. Nicht nur beim Einzug der Bewohner legen wir Wert auf die aktive Kommunika-tion der Mitarbeiter und der Angehörigen in unseren Wohnbereichen. Es gibt Angehörigen-Treffen, bei denen sie sich über auftretende Probleme austauschen können. Wir planen darüber hinaus, eine Art „Coaching für Angehörige“ anzubieten.
Ganz wichtig erscheint uns der folgende Aspekt: Hier im Haus werden alle Grundbedürfnisse der Bewohner von professionellen Kräften erfüllt. Dadurch ergibt sich für die Angehörigen die Möglichkeit einer neuen, unbelasteten Beziehung. Viele freuen sich nun darüber, die miteinander verbrachte Zeit genussvoll gestalten zu können. Wir verstehen die Beziehung zwischen Bewohnern und ihren Angehörigen als ganz zentrale; sie kennen einander am besten. Wir geben nur eine Zeitlang Betreuung und Pflege. Deshalb ist die Einbeziehung der Angehörigen und der Kontakt zu ihnen selbstverständlicher Bestandteil unseres Konzeptes.

 

Gestaltet sich das alles problemlos?
Wenn wir sehen, dass jemand befangen oder ratlos ist, wie er seine Besuche hier gestalten soll, beraten wir ihn und liefern ihm Ideen. Manche Angehörige beobachten auch, wie ihre Eltern sich im Alter verändern. Ein Sohn stellt zum Beispiel verwundert und zugleich erfreut fest, dass sein immer sehr reservierter Vater weicher geworden ist und nach seiner Hand greift.
Angehörige erleben natürlich auch Veränderungen, die sie traurig stimmen. Wenn der Mensch in seinem Personsein immer weniger sichtbar wird, dann ist dies ein oftmals schwerer Abschiedsprozess. Auch diesen wollen wir begleiten. Zum Beispiel mit einem monatlich stattfindenden „Café Sehnsucht“ - offen für Bewohnerinnen und Bewohner und Angehörige. Wir schaffen einen gemütlichen Rahmen, in dem alle Arten von Abschied, Hoffnungen und Wünschen thematisiert werden können.

Daphne Stubbe – stellvertretende Leiterin des Arnold-Overzier-Hauses – freut sich über vielfältiges ehrenamtliches Engagement.

Und wenn die Kinder nicht kommen?
Dann können wir sie nur darüber informieren, dass ihr Besuch gewünscht ist. Wenn jemand wenig oder gar keinen Besuch hat, fangen das unsere Betreuungsfachkräfte und -assistenten auf. Deshalb versuchen wir immer im Blick zu haben, wer wie oft Besuch hat. Es gibt ja auch Bewohner, die gar keine Angehörigen haben. Es gelingt uns, auch für diese Bewohner immer wieder schöne Erlebnisse zu organisieren.
In erster Linie geht es uns hier im Haus darum, den Alltag der Menschen, die hier leben, gut zu gestalten. In unseren Gemeinschaftsräumen essen die Bewohner zusammen, decken gemeinsam den Tisch, räumen die Spülmaschine ein und aus, nehmen Anteil an tagespolitischen Ereignissen. Feste werden gemeinsam begangen, aber auch Ruhe und Rückzug sind jederzeit möglich. Wir bieten auch Servicewohnen an für Menschen, die noch sehr selbstständig sind und nur einzelne Leistungen des Hauses in Anspruch nehmen wie zum Beispiel das Restaurant.

 

Haben Sie manchmal den Eindruck, dass Angehörige ihre Verantwortung bei Ihnen abgeben?
Das kommt durchaus auch vor. Ein Beispiel dazu: Wir sind hier keine gesicherte Einrichtung. Auch wenn unsere Pforte fast immer besetzt ist, gelangt jeder, der es will, auch hinaus. Darüber informieren wir auch die Angehörigen. Einmal traf ein Passant hier im Viertel auf eine demente Bewohnerin. Sie war für die Wetterlage zu leicht bekleidet und orientierungslos. Er brachte sie ins Krankenhaus. Als die Angehörigen davon erfuhren, waren sie außer sich und machten uns verantwortlich.

 

Gibt es auch Angehörige, die sich ehrenamtlich im Haus engagieren?
Wir erleben viele Angehörige, die Verantwortung übernehmen, etwa in unserem Nacht-Café. Hier treffen sich zwischen 19.00 und 24.00 Uhr Bewohner, die unruhig sind und nicht früh schlafen können. Daneben gibt es andere Formen ehrenamtlichen Engagements. Manche lassen ihr Amt eine Weile ruhen, wenn ein Bewohner verstorben ist, nehmen es dann aber nach ein paar Monaten wieder auf. Wir sind sehr dankbar für diese Unterstützung.

 

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