Ungewohnt war es schon für
Helga M. und
Maria H., bei einer Beerdigung statt eines Priesters oder Diakons eine Frau als
Leiterin der Bestattungsfeier zu erleben. "Bisher kannte ich das nur von freien Trauerrednern, aber
nicht in der mir vertrauten religiösen Feier", sagt Maria Hiertz, "aber diese Feier hat mich
besonders angesprochen, weil sie so persönlich und gleichzeitig würdig gestaltet war." Beeindruckt
hat beide Frauen, dass auch die Angehörigen zu Wort kamen und in einem Dialog am Grab die
Verstorbene geradezu lebendig wurde.
Es hat ihm gutgetan, dass viele Menschen zur Trauerfeier für seine Frau gekommen sind, sagt
Hans S. und "alle waren begeistert, wenn man das von einer Trauer-feier sagen
kann". Hans S. war mehr als 50 Jahre verheiratet und hat seine demenzerkrankte Frau über viele
Jahre gepflegt. Er ist immer noch sehr bewegt, wenn er von ihr spricht. Es hat ihm und seinen
Töchtern gefallen, dass die Trauerfeier nicht so förmlich war. "Da war viel menschliche Wärme, es
war alles sehr persönlich gestaltet." Dass eine Frau die Trauerfeier leitete, hat ihn nicht
befremdet. Besonders angesprochen haben ihn die Texte, die zwischen den ausgewählten Liedern
vorgetragen wurden.
Wenn Bewohner der Beatmungspflege St. Severinus sterben, nehmen die Pflegedienstleitungen
Stephanie Armbrecht und
Hubert Andert immer an der Beerdigung teil – so auch kürzlich an einer, die
Marianne Ricking gestaltet hat.
Besonders angesprochen hat sie dabei die persönliche und liebevolle Würdigung der
Verstorbenen, die Einbindung aller Teilnehmer, die warmherzige Atmosphäre. Positiv vermerken sie,
dass es Pausen und Stille zum Gedenken gab, "damit man sich selbst auch einstellen kann". Nicht
selten erleben sie, dass ein Priester gehetzt und überarbeitet ist, unsensibel agiert und die
liturgischen Rituale nicht mit Leben füllt. "Es kommt auf die Persönlichkeit an, nicht auf das
Weiheamt", darin sind sich beide einig.
Wer wenig oder gar keinen Kontakt zur Kirche hat, besteht oft sehr intensiv darauf, dass der
Angehörige von einem Priester bestattet wird, das ist die Erfahrung des Bestatters
Thomas Kremer. Auch eine eigene Messe soll es unbedingt sein. So kennen es die
Menschen aus ihren Kindertagen, in denen es ganz andere kirchliche Bedingungen gab. Kremer selbst
macht gute Erfahrungen mit den "Laien", das ist ein Modell der Zukunft nach seiner Meinung. Er
erlebt bei ihnen eine große Empathie, ein aktives Zuhören, ein umfassendes Verstehen, nicht zuletzt
auf die jeweilige Situation abgestimmte liturgische Texte und Gebete. Immer geht der Bestattung ein
intensives Trauergespräch voran. Das führen in unserer Gemeinde auch Priester und Diakon, es ist
aber nach Kremers Erfahrung andernwärts keineswegs selbstverständlich. Zugespitzt formuliert er:
"Die Laienbeauftragten können sich gar nicht erlauben, eine Beerdigung lieblos oder routinemäßig zu
gestalten." Angehörige nehmen das bewusst und dankbar wahr, und nicht selten empfehlen sie sie
weiter. Trotz dieser positiven Einschätzung ist es dem Bestatter wichtig, die Wünsche und
Einstellungen der Angehörigen zu respektieren. Die Frage, ob eine Frau oder ein Mann beerdigt, ist
nach seiner Erfahrung nicht bedeutsam, und da die Beerdigung einem kirchlichen Ritus folgt, gibt es
auch keine Verwechslung mit freien Trauerrednern.