Wer Verantwortung übernimmt, gibt Antwort auf etwas, das an ihn herangetragen wurde. Die auf
eine Antwort warten oder ihrer bedürfen, sind vielfältig: die eigene Familie, Menschen, die mir
nahestehen oder mir fremd sind, Täter und ihre Opfer, Entwicklungen in der Gesellschaft und nicht
zuletzt Zeichen der Zeit, mit denen die Kirche konfrontiert wird.
Antworten können verweigert werden, doch ihre Verweigerung lässt die auf Antwort Wartenden
nicht verstummen. Sie kehren nicht selten, wie die Flüchtlingsfrage zeigt, mit höherer Brisanz
zurück. Bedenkenswert: Wer Verantwortung übernimmt, kann sich auch übernehmen. Daher erklärt Jesus
nicht alle Notleidenden zum Nächsten für jeden einzelnen Menschen, sondern fragt, damit
Verantwortung lebbar wird: "Wer wurde ihm zum Nächsten?".
Am Anfang steht die Verantwortung für sich selbst. Selbstliebe ist nach unserem Glauben die
Voraussetzung für die Nächstenliebe. Nach dem Willen Gottes haben wir in unserem Leben bestimmte
Aufgaben zu erfüllen. Ohne ein Bemühen um die eigene Gesundheit und die Erhaltung der eigenen
körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit kann dies nicht gelingen.
Gott hat die Menschen als soziale Wesen geschaffen. Wir sind so angelegt, so zeigt es auch
die Forschung, dass wir den Austausch mit anderen Menschen brauchen. Etwas für andere zu tun, ist
wichtig für uns selbst. Wir sind daher aufgerufen, uns unserer besonderen Verantwortung gegenüber
dem Partner, den Kindern und den Eltern bewusst zu sein und die nötigen Antworten gerade auch in
schwierigen Lebenssituationen zu geben. Nicht umsonst spielt gerade diese Verantwortung in den Zehn
Geboten eine so große Rolle.
Weil Menschen soziale Wesen sind, verlangt auch die Gesellschaft vor dem Hintergrund des steten
Wandels Antworten. Diese können nicht einigen Wenigen überlassen bleiben. Die Fragen nach dem
Umgang mit Flüchtlingen, nach sozialer
Gerechtigkeit, nach der zunehmenden Diskrepanz zwischen arm und reich, nach
Umweltverschmutzung und nach der Sicherung des Lebensstandards alter Menschen sind aus dem
christlichen Glauben heraus zu beantworten und Lösungen entsprechend umzusetzen.
In der Kirche verlangt der Missbrauchsskandal dringend nach Antworten, auch wenn sie wehtun.
Ohne eine Antwort auf die Frage nach denjenigen in der Kirche, die Missbrauch vertuscht, Täter
nicht gemeldet und Opfern nicht zugehört haben, wird keine volle Verantwortung übernommen, werden
alle Maßnahmen Stückwerk bleiben.