©SilviaBins; Wer mit Gika B. über das Singen spricht, spürt sofort und unmittelbar die Lebensfreude, die sprühende Energie und die Begeisterung, mit der sie bei der Sache ist.
Was ist das Faszinierende am Singen?
Wenn Menschen zusammen singen, dann passiert was. Das erzeugt Gemeinschaft, du wirst ein Teil
von einem großen Ganzen, das lässt nicht unberührt, selbst wenn ich mich da gar nicht hineinbegeben
will.
Was macht den Unterschied aus zwischen Schule, Jugendchor und Rudelsingen?
Es ist sehr verschieden, ob jemand sich bewusst entscheidet für das Singen, wie die
Jugendlichen in der "Gruppe 4" oder beim Rudelsingen, oder ob es Singen im Musikunterricht in der
Schule ist.
Wie kann ich mir das mit dem Jugendchor vorstellen?
Das sind ca. 10 Jugendliche im Alter von 17 bis 25 Jahren. Sie proben im Raum unter der
Bücherei (toll, dass dieser Probenraum von der Gemeinde zur Verfügung gestellt wird), treten bei
unterschiedlichen Gelegenheiten auf – bei Gottesdiensten (z.B. Firmung), bei Karnevalsfeten. Nicht
alle wollen im Gottesdienst singen, das wird natürlich respektiert. Die Jugendlichen sind sehr
talentiert, die sind begeistert von der Musik, und sie stecken mich an. Das macht total Spaß. Es
gab Tage, an denen ich furchtbar müde war, als ich zum Proben ging, aber dann packt dich die
Energie der Gruppe. Das Singen, das gemeinsame Musikmachen bringt Körper und Geist in Schwung. Und
ich gehe entspannt und angeregt zugleich nach Hause.
Das stelle ich mir in der Schule anders vor, oder?
Morgens in der ersten Stunde, das ist nicht immer einfach. Singen finde ich doof, sagen
manche Kinder. Aber ich kann sie meistens gewinnen, und sie stellen fest, dass es Spaß macht. Auch
hier setzt das Singen Energie frei. Wenn dann wirklich die ganze Klasse gemeinsam singt, entsteht
ein schönes Gemeinschaftsgefühl; und wenn es dann auch noch gut klingt, so macht das die Kinder
stolz und glücklich. Das Schönste, was mir an einem Unterrichtstag passieren kann, ist, dass ich
die Kids in der Pause höre, wie sie das Lied singen oder vor sich her summen. Ich möchte einfach
die Lust am Singen wecken. Bei den Kleinen ist das leichter, bei den höheren Klassen schwieriger.
Die Größeren sind kritischer, da kommt es auf die Song-Auswahl an, manchmal braucht es auch eine
tolle Begleitmusik, um sie für das Singen zu begeistern. Wichtig ist mir, dass alle dabei sind und
nicht nur den Mund auf und zu machen. Da liegen sie falsch, wenn sie meinen, das merke ich nicht
(lacht) ... und: Beim Singen kommt der ganze Körper in Bewegung!
Welche Rolle spielt es, dass viele Kinder aus sozialen Brennpunkten kommen?
Da kann ich mit dem Singen ganz viele Dinge erreichen, Sprache und Aussprache werden fast
unmerklich trainiert. Es entsteht eine größere Sensibilität für den eigenen Körper, das fehlt
vielen Kindern, und das Singen schafft Gemeinschaftserfahrung. Auch Kinder mit
Konzentrationsproblemen können sich ganz in das Singen hineingeben. Das Kennenlernen der Notenwerte
steht für mich nicht an erster Stelle. Wir singen alte und "klassische" Volkslieder, natürlich auch
Lieder aus den Charts.
Und wer kommt zum Rudelsingen?
Alle Altersgruppen sind vertreten – Frauen und Männer zwischen 20 und 90 Jahren (meist ca.
200 Menschen) – ich schaue in strahlende Gesichter, wenn ich das anleite. Die Menschen kommen ganz
schnell in Kontakt miteinander, tauschen sich aus, genießen das große Chorgefühl.
Wir singen von 19.30 Uhr bis 22.00 Uhr mit zwei Pausen, und wir schmettern mit Begeisterung
alte Schlager und "gefällige" Melodien. Auch die jungen Leute kennen noch oder wieder "Pack die
Badehose ein", Volkslieder oder Country-Songs. Der Text wird an die Wand gebeamt, es gibt
Piano-Begleitung oder auch Playbacks. Es ist eine tolle Bewegung, die es in ganz Deutschland
gibt.