©SilviaBins; Eusebius Wirdeier mit seinem Buch 'Severin renoviert'.
Herr Wirdeier, was ist für Sie ein Symbol?
Ein klares Zeichen. Es ist eine gesellschaftliche Verabredung, welche Zeichen wofür stehen.
Man hat sich beispielsweise darauf geeinigt, das Kreuz als Symbol für das Christentum zu
sehen.
Spielten Symbole bei der Auswahl der Bilder für Ihr Buch "Severin renoviert" eine
Rolle?
Nein. Wenn Zeichen da sind, dann sollte man sich ihnen nicht verschließen. Symbole sind auch
in St. Severin präsent. Aber bei der Arbeit für dieses Buch standen sie nicht im Vordergrund.
[Blättert etwas.] Hier, dieses Bild [S. 42/43], da ist ein Kreuz zu sehen. Der Ausschnitt
verdichtet sehr schön das Thema "Gemeindeleben in städtischer Umgebung": einerseits Fahrzeuge und
Werbung, andererseits die Prozession, die aus der Dunkelheit unter den Bäumen ans Licht
kommt.
Steht Ihr Buch symbolhaft für etwas?
Es war der Wunsch der Gemeinde, ein Fotobuch zu bekommen, das die Umbruchsituation während
der Renovierungszeit festhält. Mir kam das entgegen, weil ich mich ja bereits vorher intensiv mit
St. Severin beschäftigt habe.
Bei der Auswahl der Bilder für ein solches Buch entsteht eine Geschichte oder eine Melodie.
Manche Bilder sind stark und können alleine für sich stehen, andere sind weniger stark, diese sind
wichtig als Übergang. Der Zusammenhang ist wichtiger, als das gesamte Buch als Zeichen zu sehen.
Die Silvester-Bilder aus der Annostraße haben wir zweimal drin, 2015/16 und 2016/17, um den
Zeitraum zu verdeutlichen. Das Bild des fehlenden Gesimses [S. 6] am südlichen Chorflankenturm
steht am Anfang der Bildstrecke, weil dieses Herabfallen ja ein Auslöser dafür war, dass die
Renovierung überhaupt stattfand.
Die Gerüstbilder sind zum Beispiel alle an meinem ersten Tag auf der Baustelle entstanden. Da
war die Kirche ja bereits komplett ausgeräumt und die Gerüste aufgebaut. Dieser regelrechte Wald
aus Gerüststangen, das war schon ein merkwürdiger Eindruck. Das gesamte Kirchenschiff ist
verändert.
Hier, auf dieser Fotografie aus dem 19. Jahrhundert, sieht man, dass auch der Dom kurz vor
seiner Fertigstellung in einem solchen "Wald aus Gerüsten" stand.
Für den Kölner ist ja der Dom immer ganz besonders aufgeladen mit Gehalt. Ist der Dom auch
für Sie ein Symbol? Falls ja, wofür?
Der Dom ist unverwechselbar, in jeder Hinsicht. Groß und schön. Er ist auch ein Symbol dafür,
wie sich evangelische Preußen eines katholischen Bauwerks annehmen, den Weiterbau vorantreiben,
auch, um sich damit zu schmücken.
Hat der Kirchturm von Severin für Sie einen ähnlichen Gehalt?
Severin ist wichtig fürs Veedel. Die Kirche ist ein überragendes bauliches Zeichen in der
Südstadt. Nach der Arbeit am Buch hat sie für mich mehr persönlichen Gehalt. Ich habe viele Leute
kennengelernt, am Gemeindeleben teilgenommen ...
Hier [blättert], der Adler [auf dem Bismarck-Denkmal im Friedenspark], auch das ist ein
Symbol. Da war eine Statio bei der Pfarr-Prozession, da gab es unter diesem Symbol für
Wehrhaftigkeit eine Anti-Kriegs-Predigt.
Weshalb fotografieren Sie ausschließlich Schwarz-Weiß?
Ich bin ein Kind der 1950er-Jahre, damals war Schwarz-Weiß-Fotografie üblich. Ich bin gern
dabei geblieben. Wenn ich die Farbe weglasse, fällt natürlich etwas Wesentliches weg, aber durch
dieses Weglassen gewinnt man Klarheit.
Was wünschen Sie sich, welchen Symbolgehalt Ihr Buch in einigen Jahrzehnten hat?
Wenn man sich das in zehn, zwanzig Jahren anguckt, dann soll man eine Vorstellung haben vom
Ablauf der Renovierung, welche Gewerke beteiligt waren. Es dokumentiert die Umbruchsituation. Die
Umwege, die die Gemeinde – auch ganz wörtlich – gehen musste, zum Beispiel in
Ersatzräume in anderen Kirchen, bei den Prozessionen. Man befragt Bilder anders, nachdem einige
Zeit vergangen ist. Das Buch ist ein Symbol für die Kraft der Gemeinde …