"Feuer gilt bei vielen Völkern als heilig, reinigend, erneuernd" - so nachzulesen im Herder'schen Lexikon der Symbole, "seine Zerstörungskraft wird oft als Mittel zur Neugeburt gedeutet". In der Bibel begegnen uns viele Bilder, in denen Gott durch das Feuer symbolisiert wird (Feuersäule, Dornbusch, Pfingsten, ...). Beispiele für unsere Erfahrungen mit Feuer haben wir zusammengetragen:
Viele verschlossene Briefumschläge gehen in Flammen auf – gebannt schauen die Kinder des
Erstkommunionkurses zu. Erleichterung spiegelt sich in ihren Gesichtern. Da wird verbrannt, was sie
aufgeschrieben haben von dem, was sie belastet, bedrückt, was falsch gelaufen ist …
Ein fester Bestandteil der Vorbereitung auf die Feier der Erstkommunion ist das sogenannte
Versöhnungswochenende, das die Kinder gemeinsam mit ihren
Katechetinnen und Katecheten* und den Seelsorgern verbringen. Die biblische Erzählung vom barmherzigen Vater steht
dabei im Mittelpunkt, wird szenisch dargestellt, gemalt, nachgebaut. Die Geschichte erzählt vom
Sohn, der sein Erbe verprasst und schließlich als Bittsteller reumütig nach Hause zurückkehrt. Zu
seiner und aller Überraschung richtet der Vater in seiner Freude über die Rückkehr ein großes Fest
für ihn aus. Die Gerschichte ist Ausgangspunkt und Vorbereitung für die persönlichen Gespräche der
Kinder mit den Seelsorgern.
"Das Aufschreiben und vor allem das Verbrennen ist eine ganz wichtige Erfahrung für die
Kinder", stellt Marion Creutz fest, die zwei Jahre lang als Katechetin dabei war. "Sie sind tief
beeindruckt, dass ihr Gespräch mit dem Seelsorger absolut verschwiegen ist, können in diesem
besonders geschützten Raum aussprechen, was sie bedrückt und so auch zu eigenen Fehlern stehen. Das
Feuer lässt sie sinnlich und unmittelbar erleben was bleibt, wenn Versagen und Schuld erkannt,
bekannt und vergeben sind: Nichts. Gott (in der biblischen Geschichte im Bild des barmherzigen
Vaters) verzeiht und vergibt vorbehaltlos."
*Katecheten: Personen, die theoretisch und praktisch in den christlichen Glauben und in die Gemeinde
einführen
Aschermittwoch: In zwei langen Reihen gehen die Menschen mit trockenen Palmzweigen, manche mit
ganzen Bündeln, durch das Kirchenschiff zum Altar, vor dessen Stufen ein Feuer immer höher lodert,
je mehr Palmzweige hineingeworfen werden. Palmzweige – Symbole des in jedem Frühling neu
erwachenden Lebens und Symbole des Sieges wurden am Palmsonntag (Sonntag vor Ostern) des Vorjahres
gesegnet und mit nach Hause genommen, dort traditionell an ein Kreuz gesteckt. Sie werden als
Zeichen des Schutzes und Segens verstanden, manchmal wird auch nur eine Tradition
bewahrt.
Immer wieder erstaunlich ist das Gedränge beim Verteilen der frischen Zweige am Palmsonntag; sie
werden auch für Verwandte und Freunde mitgenommen oder zu Kranken gebracht. Das Verbrennen der
trockenen Zweige im Gottesdienst am Aschermittwoch verweist auf die menschliche Vergänglichkeit und
zeigt zugleich an, dass ein neuer Zeitabschnitt beginnt: die Fastenzeit. "Ohne Palmzweige ist mein
Flur nackt", sagt Inga Rapp. "Ich finde die Wartezeit lang, bis es neuen, frischen, grünen Palm
gibt am Palmsonntag, aber es ist gut so, das zu spüren. Und beim Verbrennen der alten Zweige geht
in Gedanken immer meine Oma mit, für die Palmzweige unverzichtbar waren." Das weltliche Pendant des
Palmzweig-Feuers ist wohl die Nubbel-Verbrennung, die mit pseudo-kirchlichen Ritualen ein
deutliches Zeichen zur Beendigung des Karnevals setzt.
Übrigens: Mit der Palmzweig-Asche des Vorjahres wird am Aschermittwoch das Aschenkreuz erteilt
oder Asche auf das Haupt gestreut.
Pfarrer Johannes Krautkrämer dazu:
Wie tot die Kirche am Karsamstag: nackt der Altar, der Tabernakel offen und leer, das ewige
Licht erloschen.
Und dann die Osternacht: Stille, Leere, Finsternis. Unter Gesang wird die brennende Osterkerze
in die dunkle Kirche getragen.
Dann wird das Licht weitergegeben, verbreitet sich.
Woher kommt es, das Licht? Vom Osterfeuer!
Wo kommt das Feuer des Osterfeuers her? Na, Feuerzeug oder Streichhölzer.
Aber das war nicht immer so. Lange Zeit war es Brauch, aus Kieselsteinen Funken zu schlagen,
Zunder* daran zu entzünden und so das Osterfeuer zu entfachen.
Wie unpraktisch! Und wer kann das noch?
Aber darin steckt eine tiefe Symbolik: Aus hartem, totem, kaltem Stein werden Funken
geschlagen, lebendig und heiß. Aus dem mit einem Felsen verschlossenen Grab wird Jesus von Gott
auferweckt: Feuer aus dem Felsen, Leben aus dem Tod.
* Nach dem Grimmschen Wörterbuch ist
Zunder "… eine lockere, pulverige Masse aus pflanzlichen Stoffen, welche durch den am Stein
geschlagenen Funken zum Glimmen gebracht wird."
Stefan D. sorgt für das Osternacht-Feuer am Ostermorgen in St. Maternus:
Jedes Jahr ist die Frage wieder spannend: Wann ist der richtige Zeitpunkt, das Feuer
anzuzünden, damit es zum Auszug aus der Kirche seine volle Pracht entfaltet und nicht schon
niedergebrannt ist. Am Vorabend sorgsam aufgebaut wird es am Sonntagmorgen in der beginnenden
Morgendämmerung entfacht.
Die Mitfeiernden kommen mit müden Äugelein erwartungsvoll in den Garten und gesellen sich in
großer Runde um die Feuerschale. Das Fackeln und Knistern erweckt die Lebensgeister parallel mit
der Liturgie bis zum Entzünden der Osterkerze. Dort verbrennt altes, überflüssiges Holz für die
Erweckung des neuen Lichtes. Das Feuer verzehrt sich und gibt Wärme und Licht. Es wird
weitergereicht mit dem Entzünden der kleinen Osterkerzen, die jeder in der Hand hält. In der Schale
ist es bald heruntergebrannt, in den Händen geht das Licht in die Welt hinaus. Es gibt kaum eine
schönere bedeutungsvolle Feuer-Zeremonie als am Ostersonntagmorgen. Wenn dann die Vögel ihren
Gesang anstimmen und zurück in der Kirche die Lieder angestimmt werden, ist das volle Leben
"entfacht".