Alle Religionen drücken ihre entscheidenden Aussagen in Symbolen aus. Da menschliche Sprache
nicht ausreicht, um das Geheimnis Gottes adäquat zur Sprache zu bringen, werden "Symbole zur
Sprache des Glaubens", so der Theologe und Religionsphilosoph Paul Tillich. Symbole sind insofern
geeignet als sie konkrete Zeichen sind, die mit den Sinnen wahr-genommen werden können, aber zur
gleichen Zeit auf eine verborgene Realität hinweisen, die sich der menschlichen Sinneswahrnehmung
entzieht. Symbole ermöglichen es auf diese Weise, Gott als die letzte Wirklichkeit für den Menschen
erfahrbar zu machen.
Das Wort "Symbol" ist der griechischen Sprache entnommen und bezeichnete ursprünglich
Erkennungszeichen zwischen zwei Personen, mit denen sichergestellt wurde, dass sich Händler oder
Geschäftspartner wiedererkannten. Hierzu wurden Tafeln aus Ton oder sogar Knochen in zwei Teile
zerbrochen. Jeder erhielt ein Bruchstück. Bei einem neuerlichen Treffen zeigte sich die Legitimität
der daran Teilnehmenden darin, dass die vorgewiesenen Teile sich zusammenfügen ließen.
Schon in der ursprünglichen Bedeutung des Wortes wird deutlich, dass der Gegenstand des
Symbols stets für einen anderen Sachverhalt steht, auf einen Sinnzusammenhang weist, der für
Uneingeweihte nicht verständlich ist. Symbole müssen festgelegt werden, weil man ihnen in der Regel
eben nicht ansieht, was sie eigentlich bedeuten. Die gebrochenen Tonscherben machen nur dann einen
Sinn, wenn sich die beteiligten Partner über ihre Bedeutung einig sind. Dies gilt gerade auch für
das Kreuz. Wer den christlichen Glauben nicht kennt, wird es als einfache Holzkonstruktion ansehen,
wie sie im Fensterkreuz zur Anwendung kommt.
Religiöse Symbole zeichnen sich nicht nur durch Anschaulichkeit und Anerkanntheit aus, sondern
gerade auch durch eine gewisse Ungenauigkeit, da man sich dem "Geheimnis Gott" nur nähern kann.
Worte und Begriffe und auch Symbole dürfen nie wörtlich verstanden werden, denn Gott kann nie auf
die Ebene unserer Wirklichkeit heruntergeholt werden, da er alles übersteigt.
Um Symbole zu verstehen, muss ihre Bedeutung immer wieder den Menschen nahegebracht werden.
Betrachten wir die Taufe, so geschieht für Außenstehende nur Banales: Übergießen mit Wasser,
Salbung mit einem Öl, Anziehen eines weißen Kleides und Anzünden einer Kerze. Erst die Bedeutung
als Eintauchen in das Leben des Auferstandenen, als Aufnahme als Kind in die Familie Gottes, als
Schritt in ein neues Leben und als Annahme des Jesus von Nazareth als Weg, Wahrheit und Leben macht
deutlich, dass diese Symbole an dem Ausgesagten partizipieren lassen, weil sie reale
Vergegenwärtigungen des von ihnen Bezeichneten sind. Sie sind "wirklicher als alles Wirkliche in
Zeit und Raum" (Paul Tillich).
Religiöse Symbole fördern darüber hinaus das Zusammengehörigkeitsgefühl der an denselben Gott
Glaubenden. Sie sind Erkennungszeichen, wie es einst die Tonscherben waren. Wenn das apostolische
Glaubensbekenntnis als Symbolon bezeichnet wird, so enthält es die wesentlichen Kennzeichen, die
den Glauben beschreiben, die eine Unterscheidung ermöglichen, ob man dazugehört oder nicht. Auch
diese Aussagen bleiben symbolhaft, sind ungenau und können nicht einfach wörtlich genommen werden.
Auch für sie gilt, dass Gott als letzte Wirklichkeit jedes menschliche Sprechen übersteigt.