Bei sich zu wohnen, ist von hoher Bedeutung, sagt der Heilige Benedikt und meint dies sicher vor allem im übertragenen Sinne. Ganz wichtig findet das auch Sr Ancilla, Oberin der Karmelitinnen im Kloster "Maria vom Frieden" vor den Siebenburgen, in unmittelbarer Nachbarschaft zu St. Severin:
In der Geschichte des Karmels hat es nie die großen Schlafräume gegeben, wie das in anderen
Ordensgemeinschaften häufig der Fall war. Wir haben immer eine eigene Zelle für uns gehabt. In
manchen anderen Klöstern sind diese Zellen auch heute absolut gleich. Bei uns hat jede von uns die
Möglichkeit, den eigenen Raum persönlich zu gestalten. Wir sind ja schließlich nicht geklont, jede
von uns ist einmalig, jede ein Original des liebenden Gottes. Je länger ich hier bin, desto
bedeutsamer wird das für mich. Die Räume sind unterschiedlich geschnitten, weil das Kloster in
verschiedenen Etappen gebaut wurde.
Neben aller Gemeinsamkeit sind wir zuerst einzelne Menschen, die aus der Unmittelbarkeit des
geheimnisvollen Gottes, des lebendigen DU leben.
In anderen Kulturen ist das vielleicht anders, aber in unserem westlich und vor allem
christlich geprägten Kulturkreis hat die Betonung der Personalität einen hohen Wert. Edith Stein,
ursprünglich Jüdin, später Mitglied unserer Klostergemeinschaft – sie wurde in Auschwitz
vergast, 1998 heiliggesprochen und zur Patronin Europas ernannt – hat das besonders treffend
ausgedrückt: Der Mensch ist gerufen, in seinem Innersten zu leben, nur von daher ist die
Auseinandersetzung mit der Welt möglich. Mich selbst zu lieben ist der Kern, nur dann kann ich Gott
und die Menschen lieben. Darin gründet auch die Kraft für das Leben in Gemeinschaft.
Zum Ordensleben wie zu jedem Menschenleben gehört selbstverständlich auch eine große Portion
Askese, aber nicht um ihrer selbst willen, sondern sie soll uns helfen, die Menschen zu lieben und
uns von Überflüssigem befreien. Gott möchte, dass wir leben und dass die in uns sprudelnden Quellen
immer lebendiger sprudeln.