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Integrationsexperten

Offene Türen für Kinder und Jugendliche aus dem Veedel und aus Flüchtlingseinrichtungen gibt es in der Elsaßstraße.

 

Claudia P. von der Pfarrbriefredaktion sprach mit dem Leiter der Einrichtung Markus Heuel (46, Dipl.-Sportlehrer) und mit Jonas Bücker (29, Erziehungs- und Sozialwissenschaftler).

Kinder und Jugendliche deutscher, türkischer und italienischer Herkunft kommen seit Langem Tag für Tag in die Einrichtung. In ihrem Umgang miteinander spielt die Herkuft keine große Rolle.

Seit etwa eineinhalb Jahren hat sich etwas verändert: Eine größere Gruppe von Kindern und Jugendlichen aus den umliegenden Flüchtlings- unterkünften besucht den Treffpunkt. Das freut die Verantwortlichen, denen am Herzen liegt, dass Kinder und Jugendliche mit und ohne Flucht- biographie ihre Freizeit zusammen verbringen. Aber es ist nicht problemlos. Manche Kids aus der Südstadt fühlen sich seitdem fremd. "Gerade diejenigen, die selbst keinen guten Stand haben, entwickeln Verlustängste und fürchten Verän- derungen" beobachtet Markus Heuel. Sie reagieren oft besonders aggressiv auf die neuen Gruppen.

Viele Kinder und Jugendliche empfinden den Jugendtreff als eine Art Heimat - sowas wie ihr
Viele Kinder und Jugendliche empfinden den Jugendtreff als eine Art Heimat - sowas wie ihr "Wohnzimmer".

Dabei bilden die Flüchtlingskinder keineswegs eine homogene Gruppe. Sie sind einander wegen verschiedener kultureller Zugehörigkeit häufig eher fremd als vertraut und haben einen sehr unter- schiedlichen Bildungshintergrund. Allen gemeinsam sind mehr oder weniger fehlende Deutsch- kenntnisse. Manche haben in ihrem Leben schon vielfältige Diskriminierung erfahren und sind dadurch geprägt. Andere haben bei ihrer Flucht Todesgefahren erlebt, viele sind traumatisiert. Nicht selten leben Familienangehörige noch in den Krisengebieten. In den Unterkünften leben sie sehr beengt und haben kaum Rückzugsorte. "Es ist uns wichtig, ihnen einen Ort anzubieten, wo sie ein- fach Kinder oder Jugendliche sein dürfen", betont Jonas Bücker, der als Deeskalationstrainer arbeitet. "Hier müssen sie nichts lernen, hier werden sie nicht bewertet. Sie dürfen laut sein, können sich austesten und an ihre Grenzen gehen." Die angebotenen Sport- und Musik- angebote laden dazu in besonderer Weise ein. Sie funktionieren auch ohne Worte.

 

Dennoch kommt es zu Konflikten, und die Päda- gogen nehmen das sehr ernst. Sie unterstützen und befähigen die Kinder und Jugendlichen in der Klärung der Konflikte. Sie handeln mit ihnen Lösungen aus und ermuntern sie, einander respektvoll zu begegnen. Sie setzen auf klare Regeln und eindeutige Absprachen. Grobe Verstöße führen auch manchmal zu Hausverboten.

Überraschend ist gelegentlich, welche Gemein- samkeiten es trotz der Verschiedenheit und Fremdheit gibt. Da hat ein syrischer Jugendlicher viel gemeinsam mit einem türkischen, ein italienischer mit einem aus dem Kosovo. Hier können die Pädagogen ansetzen, indem sie die Stammbesucher - oft selbst "Integrationsexperten" - in eine aktive Rolle bringen, sie ermutigen, den "Neuen" Ratschläge zu geben, wie sie die anfäng- liche Fremdheit überwinden können.
Für die Pädagogen sind das zusätzliche Heraus- forderungen. "Manchmal fühlt man sich ausge- laugt", gesteht Markus Heuel. Die große Fluk- tuation (viele Kinder und Jugendliche kommen aus Einrichtungen, in denen sie nur kuzzeitig leben) ist nicht vereinbar mit dem Anspruch, Beziehungs- arbeit zu leisten. Wenn Kinder sich nach Schwierigkeiten endlich eingelebt haben, ange- kommen zu sein scheinen und dann plötzlich nicht mehr auftauchen, weil sie vermutlich mit ihrern Eltern abgeschoben worden sind, dann ist das frustrierend für die Pädagogen. Dennoch erleben sie ihre Arbeit als sinnstiftend. Und sie fühlen sich bereichert, wenn sie fremde Kulturen kennen- lernen. "Wir wollen ja oft eher Werte und Kulturen vermitteln als andere kennnenzulernen", stellt Markus Heuel fest. "Wenn das Vertrauen wächst, wenn einem zum Beispiel Familiengeschichten anvertraut werden, dann ist das eine wunderbare Bestätigung."

Claudia P.

 

GOT – Ganz offene Tür

Seit über 60 Jahren wird in der GOT Elsaßstraße qualifizierte Kinder- und Jugendarbeit geleistet. Neben einer attraktiven Freizeitgestaltung wird den Kindern und Jugendlichen des Veedels Unterstützung bei schulischen Problemen und professionelle Beratung beim Übergang von der Schule in den Beruf angeboten. Seit Anfang 2014 wird das Jugendzentrum auch von einer stark ansteigenden Anzahl von Kindern und Jugendlichen mit Fluchtbiographie besucht.

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