Von einem heilsamen Lebensrhythmus
Im Zentrum steht der Wechsel von Arbeit und Gebet. Der Arbeitstag beginnt nach Morgengebet,
Messe und Frühstück um halb neun. Um zwanzig vor zwölf wird er unterbrochen vom Mittagsgebet. "Das
bringt immer wieder einen Perspektivwechsel. Es holt einen runter, wenn man sonst vielleicht in
dieser Phase des Tages den Turbo eingeschaltet hätte."
Von der Kunst zu unterbrechen
Gefragt, ob es nicht schwer fällt, die Arbeit zum Gebet zu unterbrechen, wenn das
"Schwungrad" gerade voll in Gang ist, bejaht sie. Eine Viertelstunde vor dem Gebet ertönt eine
Schelle, fünf Minuten vorher nochmals. Eine ganz praktische Hilfe das "Schwungrad" zu
bremsen.
Zeiten der Unerreichbarkeit einrichten
An das Mittagsgebet schließen sich Mittagessen, Aufräumarbeiten, eine halbe Stunde Ruhe und
eine halbe Stunde zum Lesen geistlicher Schriften an. Während dieser Zeit herrscht Stille, so wie
in der Zeit nach dem Abendgebet bis zum Morgengebet. Die Zeiten der Stille sind zugleich Zeiten der
Unerreichbarkeit. Solche Zeiten sind eine wichtige Anregung für Menschen außerhalb des Klosters.
Immer wieder das in den Mittelpunkt stellen, was wirklich wichtig ist.
Sie erzählt weiter: "Der ständige Wechsel von Arbeit und Gebet verlangt einem etwas ab, das
Leben ist sehr durchgetaktet. Aber er hat einen heilsamen Effekt. Man schaut anders auf
Arbeitssituationen und die Menschen, die einem begegnen. Man nordet sich selbst immer wieder ein."
Erst im Kloster ist ihr klar geworden, wie sehr sie sich vorher über Arbeit und Leistung
definiert hat.
Heute ist sie im Kloster "Cellerarin" - Verwaltungsleiterin. Die ersten Jahre im Kloster saß
sie in der Hostienbäckerei des Klosters an der Backmaschine – auf den ersten Blick eine sehr
monotone Arbeit. Mit den Jahren hat sich ihr Verhältnis zur Arbeit spürbar verändert. "Die Arbeit
ist Dienst an der Gemeinschaft." Daraus zieht sie Freude. Das Wort "Gemeinschaft" hat für sie heute
eine andere Bedeutung als noch beim Eintritt ins Kloster.
Es geht nicht darum, von sich zu glauben, man sei gut.
Die Lebendigkeit versprühende Ordensfrau kommt noch mehr in Fahrt, als sie erläutert, mit wie
viel Klugheit die Ordensregel des hl. Benedikt einen Rahmen schafft, in dem ein friedliches
Zusammenleben im Kloster gelingen kann. "Niemand soll im Hause Gottes traurig sein", heißt es dort.
Bemerkenswert ist die Beschreibung der Leitungsämter. Das Amt ist für den Ordensgründer
Benedikt eine Art, der Gemeinschaft zu dienen und Verantwortung zu tragen. "Es geht nicht darum,
dass ich so gut bin", sagt Sr. Antonia. Es geht nicht um Über- oder Unterordnung. Vor Christus
stehen alle auf einer Ebene. Zur Zeit des hl. Benedikt war es revolutionär, dass junge Adelige in
das Kloster eintraten und dort Dienste taten, die damals Sklaven vorbehalten waren. Die
Arbeits-Gemeinschaft des Klosters wirft gängige Sichtweisen durcheinander, weil sie die Würde des
einzelnen, aber nicht sein Ego in den Mittelpunkt stellt.
Den Mut haben, einen Prozess zu durchlaufen
Natürlich lassen sich diese Werte auch auf nicht religiöse Arbeitsfelder übertragen. Man
stelle sich nur vor, die eigene Arbeitssituation wäre von solchen Werten geprägt …
Und natürlich geschieht solch eine Umwertung nicht von alleine: Sr. Antonia sah beim Eintritt
ins Kloster Gebet und Arbeit als zwei Dinge, die nebeneinander stehen. Mit der Zeit gehören sie
immer mehr zusammen. Ihre Erfahrungen machen deutlich, dass es ein innerer Prozess ist, die Arbeit
und die Arbeits-Gemeinschaft mit anderen Augen zu sehen, andere Werte im täglichen Handeln in den
Mittelpunkt zu stellen.
Der heilige Benedikt wusste offenbar, warum es so wichtig ist, die Arbeit immer wieder zu
unterbrechen, und sich immer wieder neu auf Gott zu besinnen.