Einmal in der Woche findet neuerdings eine Wort-Gottes-Feier in unseren Kirchen statt. Claudia P. von der Pfarrbriefredaktion wollte mehr darüber wissen und sprach mit Ingrid Rasch, Elisabeth Wessel und Christoph Schmitz. Alle drei gehören zur Gruppe derer, die diese Gottesdienste leiten und gestalten.
Die Frauen von St. Severin scheinen auf dem Vormarsch zu sein. Von den zwölf
Gemeindemitgliedern, die jetzt die Wort-Gottes-feiern leiten, sind neun weiblich. Verändert sich da
gerade etwas?
Wessel: Allerdings. Wobei wir mit dem Verhältnis neun zu drei beim Engagement von
ehrenamtlichen Laien eine gute Männerquote haben (lacht). Aber natürlich ist es in unserer Kirche
etwas Besonderes, als Frau einen Gottesdienst zu leiten. Das ist wegweisend, wenn man an die
Zukunft denkt, in der wir noch weniger Priester haben werden. Wir übernehmen eine
verantwortungsvolle Aufgabe und tragen dazu bei, dass ein vitales und aktives liturgisches
Gemeindeleben weiter besteht.
Sie kommen mir vor wie Pionierinnen auf dem Weg zum größeren Gewicht von Frauen in der
Kirche. Ist hier auch eine Vorstufe der Weihe von Frauen zu Diakoninnen zu erkennen?
Rasch: Das ist nicht die Motivation, aber jedenfalls ist es gut, jetzt damit zu beginnen,
dass Laien und vor allem auch Frauen Wort-Gottes-Feiern leiten, bevor der Notstand eintritt und es
an Sonntagen aufgrund des Priestermangels keine Messe mehr gibt. Wenn wir dann erst anfangen, etwas
zu verändern, ist es zu spät.
Wessel: Und wenn man bedenkt, dass Frauen einen großen Teil des Gemeindelebens prägen,
dann ist es ein schönes Signal, dass sie ihre Stärken und Fähigkeiten auch in die Leitung dieser
liturgischen Feier einbringen.
Schmitz: Wobei es jetzt nicht nur darum geht, mit Laien einen Priestermangel
auszugleichen. Wir sind nicht nur die Ersatzmannschaft, die aufs Feld darf, weil die Spieler
verschwunden sind. Es gibt gute Gründe, auch theologische, warum nicht nur Priester, sondern auch
Frauen und Männer aus der Mitte der Gemeinde Wort-Gottes-Feiern leiten.
Dann sollten wir darüber reden und fangen am besten ganz von vorne an: Was ist das
überhaupt, die Wort-Gottes-Feier?
Rasch: Die Wort-Gottes-Feier folgt in großen Teilen dem Ablauf einer Messfeier, allerdings
ohne das große Gebet vor und nach der Wandlung, das dem Priester vorbehalten ist. Aber die Folge
von Begrüßung, Lesung, Evangelium, Fürbitten, Vaterunser etc. ist identisch.
Zusammen mit Pfarrer Johannes Quirl und nach Gesprächen mit Gemeindemitgliedern haben wir uns
dazu entschlossen, auch die Kommunionfeier zu integrieren. Damit verbinden wir uns an den Werktagen
mit der Eucharistiefeier des vorangegangen Sonntags, in der das Brot gewandelt wurde, das wir in
der Wort-Gottes-Feier austeilen. Wir teilen hier also nicht nur das Wort, sondern auch das
Brot.
Schmitz: Und wie in der Messe singen wir die liturgischen Lieder, begleitet vom Orgelspiel
oder Gesang des Organisten, Messdiener tun ihren Dienst, und neben der leitenden Person gibt es
jemanden, der in der Regel die Lesung vorträgt, die Fürbitten spricht oder die Kommunion
austeilt.
Wessel: Wer die Wort-Gottes-Feier leitet, trägt ein schlichtes, weißes Gewand. Gewänder
für Frauen gab es natürlich bisher nicht. Zwei in verschiedenen Größen sind für uns bei den
Benediktinerinnen im Kloster Dinklage genäht worden. Übrigens ist die Frage des Gewandes – ob ja,
ob nein – intensiv diskutiert worden. Wir haben uns schließlich dafür entschieden, um die Würde und
Bedeutung der Feier zu unterstreichen.
Warum haben Sie persönlich sich dazu entschieden, Wort-Gottes-Feiern zu leiten?
Rasch: Ich finde es schön, Anteil zu haben an der Gestaltung, an der Verkündigung, an der
Feier der Liturgie. Es ist vergleichbar mit dem Gefühl, das ich auch beim Lektorendienst oder beim
Kommuniondienst habe. Auch wenn es vielleicht ungewöhnlich klingt: Ich nehme an etwas Heiligem
teil.
Schmitz: Ich empfinde jeden Gottesdienst als eine ungeheure Verdichtung dessen, worum es
uns als Christen, worum es im christlichen Glauben geht. In der Messfeier und auch in der
Wort-Gottes-Feier können wir zum Kern unseres Glaubens vordringen. Und an diesem Prozess
mitzuwirken, ist eine große Freude.
Wessel: Ich fühle mich als gestaltender Teil der betenden Gemeinde, und das ist ein
schönes Zeichen.
Rasch: Außerdem hat uns das Zweite Vatikanische Konzil ja bestärkt, indem es vom
allgemeinen Priestertum aller Getauften spricht.
Schmitz: Christus hat uns zu Priestern für Gott und seinen Vater gemacht, heißt es im
Neuen Testament, damit wir die befreiende Botschaft weitergeben. Daran wirken wir in der
Wort-Gottes-Feier mit. Wobei wir das allgemeine Priestertum, zu dem wir alle berufen sind, sehr
wohl vom sakramentalen Priestertum unterscheiden. Aber das Zweite Vatikanische Konzil spricht sich
ja dafür aus, dass alle Gläubigen an der Liturgie aktiv teilnehmen sollen.
Rasch: Pfarrer Quirl hat uns als Leiter von Wort-Gottes-Feiern beauftragt, und in der
Beauftragungsurkunde zitiert er einen wichtigen Satz aus dem Schlussvotum des Kölner
Pastoralgesprächs. Dort steht, "dass die Laien durch ihren liturgischen Dienst die volle, bewusste
und tätige Teilnahme der Gläubigen und die Mitverantwortung der Gemeinde verdeutlichen".
Schmitz: Wir stehen also auf festem kirchlichen und biblischen Boden.
Sie sind aber nicht nur von der Gemeindeleitung beauftragt worden, sondern haben Ihr
Handwerk auch gelernt?
Wessel: An zwei Samstagen hat uns ein erfahrener Liturgiereferent des Erzbistums geschult,
Raymund Weber. Er hat uns grundsätzliche Inhalte der Liturgie nahegebracht und uns in Struktur und
Aufbau von Gottesdiensten eingeführt. Es ging auch um die Rolle der Leitung einer liturgischen
Feier. Über die praktische Umsetzung an den verschiedenen Gottesdienstorten haben wir nachgedacht
und dann auch einen gemeinsamen Gottesdienst gefeiert. Das hat uns gute Einblicke gegeben und auch
etwas mehr Sicherheit.
Welche Erfahrungen haben Sie denn bisher mit den Wort-Gottes-Feiern gemacht?
Rasch: Ausschließlich gute bisher. Natürlich lernen wir alle noch, doch wir erleben, dass
die Gemeinde uns ermutigt und bestärkt. Die Befürchtung, dass sie es als einen Gottesdienst
"zweiter Klasse" erleben könnte, hat sich nicht bewahrheitet. Die Wort-Gottes-Feiern haben, ebenso
wie die Werktagsmessen, eine ganz besondere Atmosphäre, eine hohe Intimität. Es kommt immer nur
eine kleinere Teilnehmerzahl zusammen, und die Menschen sagen, dass sie eine stärkere Gemeinschaft
erleben als in den großen Gottesdiensten am Sonntag.
Wessel: Man erfährt eine Gemeinschaft, die jeden Einzelnen darin bestätigt, dass er
wichtig ist, dass nämlich nur mit ihm die Feier gelingen kann; eine sehr interessante Erfahrung,
die ich auch als Teilnehmerin immer wieder mache. Denn eigentlich würde man ja meinen, dass je
größer die Gemeinschaft ist, umso größer das Gemeinschaftsgefühl ist. Aber bei den kleinen
Gottesdiensten an den Werktagen ist es genau umgekehrt.
Schmitz: Zu dem sehr persönlichen, fast privaten Charakter der kleinen Runden kommt aber
auch, dass die Wort-Gottes-Feier, wie schon gesagt, dem Ablauf unserer Liturgie entspricht. Und
durch deren klare, sinnvolle und schöne Form bekommt der Gottesdienst etwas Feierliches. Die
Wort-Gottes-Feier ist ein kleines Fest und atmet zugleich die Intimität des persönlichen
Gebets.
Wann finden die Wort-Gottes-Feiern statt?
Wessel: Sie finden einmal in der Woche anstelle der Werktagsmessen statt – abwechselnd
dienstags um 19.00 Uhr im Hochchor von Sankt Severin, mittwochs um 18.30 Uhr in der
Paulus-Melchers-Kapelle in Sankt Paul und donnerstags um 08.15 Uhr in der Krypta der
Severinskirche. Im Wochenzettel kann man die Termine nachlesen. Und das Schöne ist, jeder der drei
Orte strahlt mit seiner eigenen Atmosphäre auf besondere Weise auf die Wort-Gottes-Feier ab und
verleiht ihr eine eigene Anmutung.