Gut muss es sein
Ein Vertreter des ortsansässigen Schützenvereins senkt mit ernster Miene dreimal die Fahne über dem Sarg der Verstorbenen: Die letzte Ehre für ein langjähriges Vereinsmitglied. Dann baut er sich mit Fahne am Ausgang der Friedhofskapelle auf. Pastoralreferent Markus Sprenger leitet die Beerdigungsfeier, und als er beim Auszug aus der Kapelle an dem Schützen vorbeikommt, hebt dieser stumm einen Daumen. Benedikt Kremp führte mit seinem Berufskollegen Markus Sprenger ein nachdenkliches Gespräch über Gegenwart und Zukunft der christlichen Beerdigung.©SilviaBins
"Wenn man so unmittelbar eine Rückmeldung bekommt, ist es eigentlich immer am besten," sagt
Sprenger. Der Pastoralreferent hat seit vier Monaten die Erlaubnis des Bischofs, zu beerdigen
– im Stadtgebiet Köln zurzeit der einzige Laientheologe.
Diese zurückhaltende Praxis löst immer wieder Erstaunen aus, denn der Priestermangel macht
natürlich nicht vor der Friedhofskapelle halt. Längst ist es zu einer drängenden Frage geworden,
wie die katholische Kirche in allen Gemeinden würdige Beerdigungen und angemessene seelsorgliche
Begleitung der Angehörigen sicherstellen will. Die Frage, ob die Leute nicht nach dem Pfarrer
verlangen, wenn der Pastoralreferent zum Trauergespräch kommt, kann Sprenger klar verneinen. "Die
Menschen wünschen sich, dass der Angehörige gut beerdigt wird – also dass der Abschied von
dem lieben Menschen würdig gestaltet wird. Die Unterscheidung der Berufsgruppen ist für die
Menschen da zweitrangig. So ist es zumindest hier in der Stadt. Im ländlichen Raum kann das anders
aussehen."
"Gut muss es sein", betont Sprenger mehrfach, und das heißt für ihn: "Es geht darum, dass
während der Beerdigung und zuvor im Gespräch mit den Angehörigen ein guter Raum für die Trauer
entsteht. Wichtig ist, dass die Ansprache etwas von der Persönlichkeit des Verstorbenen ins Wort
bringt und würdigt. Genauso geht es aber auch darum, dass die christliche Hoffnung auf Auferstehung
in der Feier spürbar wird.
Auch das gemeinsame Beten am Grab ist wichtig", so Sprenger.
"Das ist eine Form des Abschied-Nehmens. Wo das entfällt, fehlt etwas Wichtiges."
Auf die Zukunft der kirchlichen Beerdigung hin angesprochen, wird Sprenger nachdenklich.
"Die Gemeinde muss Sorge tragen, dass ihre Mitglieder würdig verabschiedet werden." Diese Grundaufgabe einer christlichen Gemeinde, Tote zu begraben, gehört zu den sogenannten Werken der Barmherzigkeit, die sich auf biblischer Grundlage in der Tradition herausgebildet haben. Nachdenklich machen mehrere Faktoren: Zum einen nimmt die Zahl der Priester immer mehr ab, da ist es an der Zeit, neue, auch unkonventionelle Wege zu gehen. Zum anderen ist die zunehmende Rationalisierung im Beerdigungswesen unübersehbar. Der Theologe Ansgar Franz spricht gar von einer "industriell anmutenden Massenabfertigung großstädtischer Friedhofsbetriebe, die für eine gottesdienstliche Begleitung im Extremfall nur noch eine Zeitspanne von sieben Minuten einräumen (München)".