Zwei SeitenWir sehen Glück und Unglück oft nur vordergründig, ungenau und falsch. Wir denken wie der Nachbar nur an das Sichtbare und Heutige. Aber die Dinge liegen oft ganz anders und tiefer und in größeren Zusammenhängen. Wichtiger als das Verstehen ist dann das Vertrauen.
©SilviaBins
Eine Parabel aus China erzählt von einem armen Bauern, der einen kleinen Acker mit einem alten,
müden Pferd bestellte und mehr schlecht als recht mit seinem einzigen Sohn davon lebte. Eines Tages
lief ihm sein Pferd davon. Alle Nachbarn kamen und bedauerten ihn wegen seines Unglücks. Der Bauer
blieb ruhig und sagte: "Woher wisst ihr, dass es Unglück ist?" In der nächsten Woche kam das Pferd
zurück und brachte zehn Wildpferde mit. Die Nachbarn kamen und gratulierten ihm zu seinem großen
Glück. Der Bauer antwortete bedächtig: "Woher wisst ihr, dass es Glück ist?" Der Sohn fing die
Pferde ein, nahm sich das wildeste und ritt darauf los. Aber das wilde Pferd warf ihn ab, und der
Sohn brach sich ein Bein. Alle Nachbarn kamen und jammerten über das Unglück. Der Bauer blieb
wieder ruhig und sagte: "Woher wisst ihr, dass es ein Unglück ist?" Bald darauf brach ein Krieg
aus, und alle jungen Männer mussten zur Armee. Nur der Sohn mit seinem gebrochenen Bein durfte zu
Hause bleiben.
Axel Kühner
"Überlebensgeschichten für jeden Tag"
Neukirchener Verlagsgesellschaft
Neukirchen-Vluyn, 19. Auflage 2012
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