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Was glücklich macht

Gitte
Das "Du" in der Anrede ist selbstverständlich im Kerzenladen für alle Kunden. In ihrem Heimatland ist das so, sagt die Dänin, die schon seit 1989 in Deutschland lebt. Menschen, Begegnungen machen sie glücklich, sagt sie spontan, und davon hat sie viel im Kerzenladen. Aber noch mehr fällt ihr ein: "Glücklich macht mich, dass ich eine Arbeit habe, bei der ich mich mit schönen Farben und Dekorationen umgeben kann, und dass ich nicht 12 Monate im Jahr ununterbrochen schuften muss, dass ich auch Zeit habe für meine Familie. Und ich habe eine Bank vor der Tür, da sitzt es sich wunderbar … Zeit zum Reden zu haben, das ist ein Riesenglück. Mit einem eigentlich kleinen Einsatz kann ich nicht nur mich, sondern auch andere glücklich machen. Das Viertel hier mag ich, so viele Nationalitäten, Menschen mit viel und wenig Geld, einfache und nicht so einfache … das hat für mich auch was mit Glück zu tun."

Karin Dewil
ist die Seele eines Geschäftes, in dem Süßes verkauft wird, vor allem Schokolade in vielfältigen Formen. Der ungewöhnliche Nachname ist flämischen Ursprungs, höre ich auf Nachfrage. Unser Gespräch über die Frage, ob Schokolade glücklich macht, nimmt eine ganz unvermutete Wendung. "Ich glaube, es trägt mehr zum Glücklichsein bei, dass die Menschen beim Einkaufen sprechen und erzählen können. Ganz selten kauft jemand Schokolade oder Pralinen für sich, meist möchte man jemanden beschenken, der einem am Herzen liegt. Manchmal ist es ein freudiger Anlass, ein Jubiläum oder ein besonderes Fest, aber manchmal ist es auch ein Besuch im Krankenhaus. Hier kaufen die Menschen nicht nur ein, hier reden wir über das, was sie bewegt. Ich hoffe, dass meine Kunden glücklicher weggehen als sie gekommen sind. Auf jeden Fall macht es mich glücklich, dass ich vielleicht dazu beitragen kann."

Gisbert von Haugwitz
ist Leiter des Flüchtlings-Wohnheimes in der Vorgebirgstraße, in dem etwa 180 Menschen zum Teil längerfristig, zum Teil nur vorübergehend wohnen.
Auf die Frage, was ihn glücklich macht, nennt der Diplom-Politologe seine Aufgabe und seinen Arbeitsplatz. Mehr als 10 Jahre hat er in Krisen- und Konfliktgebieten vieler Länder gearbeitet. Fernweh war das Motiv, aber mehr noch der Wunsch, sich einzusetzen und etwas zu bewirken. Seine Frau hat er dabei kennengelernt, mit ihr teilt er dieses Engagement. "Jetzt habe ich die Welt hier vor Ort gefunden", meint er lächelnd, "das ist ein Glück für mich. Die Menschen wissen, dass ich viele der Orte kenne, aus denen sie geflohen sind – das erleichtert den Zugang."
Glücklich macht ihn, eine Arbeit zu haben, die unmittelbar sinnstiftend ist trotz hoher Frustration. Die bleibe nicht aus bei den schwierigen Lebensbedingungen der Heimbewohner. Glücklich machen ihn auch seine beiden Zwillingssöhne, gerade ein Jahr alt, die einige Stunden am Tag in seiner Obhut sind. "Aber manchmal wird es mir auch zu viel, schlaflose Nächte, das Gefühl, nicht krank werden / sein zu dürfen, immer präsent sein …"
Ganz zum Schluss fällt ihm noch ein ganz anderer, nicht ganz alltäglicher Glücksfaktor ein – die Ausbildung im Gleitschirmfliegen, die er begonnen hat.

Ursula Amberge-Wagner
betreibt ein Kosmetikstudio. Die Frage, ob eine kosmetische Gesichtsbehandlung ihre Kundinnen (es kommen fast ausschließlich Frauen) glücklich macht, beantwortet sie eindeutig: "Die Kundinnen bedanken sich danach immer sehr herzlich bei mir. Sie verlassen das Studio mit einem Strahlen auf ihrem Gesicht. Manche kommen schon strahlend herein. Ein Besuch bei der Kosmetikerin ist ja nichts Notwendiges, sondern ein Luxus, den Frauen allerdings manchmal auch rechtfertigen müssen."
Ursula Amberge-Wagner bezeichnet sich selbst als einen "grundsätzlich glücklichen Menschen". Dazu trägt auch ihr Beruf bei. "Mir gefällt der enge Kontakt zu Menschen, ich mag es, wenn eine Behandlung ruhig verläuft und sich die Kundin ganz entspannt, aber auch, wenn die Frauen mir aus ihrem Leben erzählen und so ihre Geschichten mit mir teilen." An bestimmte Phasen im Leben langjähriger Stammkundinnen kann sie sich genau erinnern. "Manchmal kann geteiltes Leid auch halbes Leid sein", stellt sie hierzu fest.
Privat unterscheidet Ursula Amberge-Wagner zwei Sorten Glück: Das, was einem zufällt, wie in eine friedliche Welt und in eine liebende Familie hineingeboren zu werden. Es gibt ihrer Meinung nach aber auch ein Glück, "das man sich erwerben kann. Man kann Dinge, die einen unglücklich machen, auch aktiv verändern. Man muss aber auch realistisch bleiben
und kann nicht erwarten, jeden einzelnen Tag von morgens bis abends glücklich zu sein."

Thorsten Günther
verkauft in seinem kleinen Geschäft nicht nur Tabakwaren und Zeitschriften, er betreibt auch eine Postagentur und eine Lotto-Annahmestelle.
Er glaubt, dass es Menschen beim Lottospielen tatsächlich in erster Linie um das "Spiel" geht, nicht um das "Glück". "Manche Menschen freuen sich über fünf Euro mehr als andere über Tausend", hat er schon öfter festgestellt. Gewinne bis zu 1000 € zahlt der Laden bar aus, zwischen 1000 und 5000 € hohe Gewinne werden überwiesen, bei noch höheren Gewinnen erfahren weder er noch andere Kunden die Höhe der Gewinnsumme. Das soll den Gewinner schützen. Viermal haben Kunden ihm später von hohen Gewinn-summen erzählt. Dann hat er sich mitgefreut über das "Glück" der Spieler, insbesondere, wenn es Stammkunden waren. Überhaupt hat Herr Günther viel Freude an seiner Arbeit. "Die Selbstständigkeit, die Vielseitigkeit und den Kontakt zu den Menschen" empfindet er als erfüllend. "Dass im Kleinen alles für die Kunden gut läuft", ist ihm ein Anliegen. "Auch dass immer etwas los ist", ist für ihn wichtig. Beispielsweise als Autohändler zu arbeiten, der auf Kunden warten muss, könnte er sich nicht vorstellen.
Und was macht Thorsten Günther privat glücklich? "Ganz klar", sagt er, "meine Tochter, meine Frau und Holland." Dort verbringt er gerne seinen Urlaub, auch weil ihm die Menschen dort viel entspannter vorkommen.

 
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