Wurzeln werden umgetopft
Zwei Frauen aus unserer Gemeinde – die eine aus Indonesien, die andere aus Italien – erzählen von ihren Wurzeln im Herkunftsland und in St. Steverin. Die Pfarrbriefredaktion sprach mit Imelda Kurniawan und Mirella Di Manno.
Im Caritaskreis der Gemeinde engagiert sich Imelda Kurniawan (37), sie macht Geburtstagsbesuche bei Senioren, sie springt ein beim Verteilen des Pfarrbriefes, wenn Not am Mann ist. Sie hat schon Wurzeln geschlagen in Köln und auch in St. Severin, weiß aber nicht, ob sie dauerhaft hier bleiben wird, ob sie zurückgeht in ihr Heimatland Indonesien oder auch in ein anderes Land.
Das Elternhaus ist eine wichtige Wurzel für sie – Weltoffenheit und Toleranz hat sie dort mitbekommen: Die Mutter Katholikin, der Vater Buddhist, das sei nie ein Problem bei ihr zu Hause gewesen.
Die Mutter als Stewardess hat viel von der Welt gesehen, und auch die Kinder – Imelda Kurniawan hat noch zwei Brüder – sind viel gereist. Ein Studium der Kinder im Ausland war beinahe selbstverständlich. „Meine Eltern haben beobachtet, wie wir lernen und was unsere Stärken sind und haben mir vorgeschlagen, Architektur zu studieren.“ Sie meinten, Deutschland sei ein guter Ort dafür. In Hannover hat sie studiert und arbeitet jetzt in einem Kölner Architekturbüro. Getragen und unterstützt fühlt sie sich hier durch die enge Beziehung zu zwei Freundinnen, die mit ihr zu gleicher Zeit von Bremen nach Köln umgezogen sind. Nicht einfach findet sie es, im Beruf Toleranz zu praktizieren, es wird leider öfter als Unterwerfung missverstanden. Der Zwang. die Positionen zu verteidigen oder das Revier abstecken zu müssen, ist dort groß. Im Privaten sei sie ganz anders, zurückhaltend und kompromissbereit. Sie fragt sich deshalb oft, ob sie wohl diesen Teil ihrer Wurzeln entfernen muss.
Besonders wichtig ist ihr das Gebet. „Das habe ich aus dem Elternhaus mitgebracht, aber ich selbst bete eigentlich erst seit drei Jahren intensiv.“ Sie ist überzeugt: „Da werde ich geführt, da kann ich gelassen meinen Weg gehen, und wo ich auch platziert werde, das hat seinen Sinn.“ Der letzte Pfarrbrief über das Beten hat sie sehr angesprochen, „den habe ich besonders aufmerksam gelesen, das mit der Rückantwort hat mir gut gefallen.“
Imelda Kurniawan pflanzt gerne. Ausführlich beschreibt sie Freude und Enttäuschung, wenn Pflanzen auf ihrem Balkon gedeihen oder auch nicht. Die Veränderungen in ihrem Leben kleidet sie in das Bild des „Umtopfens“ - die Wurzel bleibt, die Erde, der Ort wechselt. Ganz besonders gefällt ihr eine Pflanze, die ihre Wurzeln weit ausbreitet, um sich Halt zu verschaffen, dabei aber andere nicht verdrängt, sondern sie umwächst und mit ihnen Nahrung und Sonne teilt. „Das passt zu mir!“
Ein Fest hat
Mirella Di Manno (66) mit ihrer Famile gefeiert im April dieses Jahres – da
war sie genau 50 Jahre in Deutschland. Eine Torte mit der italienischen Fahne und dem Kölner Wappen
gab es zu diesem Anlass. Auch wenn sie schon so lange hier lebt, gibt es doch starke Wurzeln in
ihrem Heimatdorf am Lago Maggiore. Die werden bleiben, davon ist sie überzeugt, auch wenn nach dem
Tod ihrer Mutter zu Beginn dieses Jahres
eine wichtige Verbindung verlorengegangen ist. Wenn sie von ihrem Dorf spricht, dann sagt sie
„zu Hause“, auch wenn sie erkennbar und deutlich auch hier zu Hause ist –
gleichwohl die italienische Staatsbürgerschaft behalten hat. Mit Schmunzeln erzählt sie, dass der
Bürgermeister des Ortes zu Weihnachten immer eine Karte schreibt.
Als Aupair-Mädchen kam sie 1963 – damals 16jährig – zu einer wohlhabenden Familie in Köln, wie eine Tochter sei sie dort im Haus gewesen. Ihr Vater hat sie leichter ziehen lassen als die Mutter, er wollte, dass sie die Welt kennenlernt. In der Gastfamilie sei sie wie ein Kind im Hause gewesen, habe niemals Heimweh gehabt. Wichtig war dabei wohl auch die katholische Prägung der Familie. Oft seien sie zusammen im Gottesdienst in St. Andreas gewesen, erinnert sie sich. Noch heute hat sie Kontakt zu den Kindern der Familie.
Ihren Mann lernte sie kennen an einem Treffpunkt für italienische Landsleute, damals seien fast nur Männer da gewesen, noch ohne ihre Familien. Vor 15 Jahren ist er gestorben, sie spürt – ebenso wie ihre beiden Töchter – immer noch den schmerzlichen Verlust.
So selbstverständlich, wie die quirlig-lebendige und temperamentvolle Italienerin Freundschaften und Kontakte in ihrem deutschen Umfeld lebt, so selbstverständlich pflegt sie auch die heimatlichen Traditionen vor allem bei Festen und Feiern.
„Seit 41 Jahren gehe ich nach St. Maternus in die Kirche, da bin ich zu Hause, und meine zweite Heimat ist die italienische Mission“ (so die Bezeichnung der Gemeinde), betont sie. Da engagiert sie sich nicht nur im Pfarrgemeinderat, sie macht auch Besuche im Krankenhaus, im Altenheim – da singt sie sogar im Chor mit. Und sie sorgt dafür, dass für die italienischen Gemeindemitglieder in St. Maternus Maiandachten stattfinden und der Kreuzweg gebetet werden kann. „Das können wir auch ohne Priester, das ist uns wichtig, es kommen immer 20-30 Personen“, freut sie sich.
In der deutschen Gemeinde engagiert sich Mirella Di Manno ebenso vielfältig, das sei selbstverständlich, davon will sie kein Aufhebens machen.
Die italienische Fahne und das Kölner Wappen, beides verbindet sich problemlos in ihrer Person.