Matthias Thomas beschreibt seine Erfahrungen beim Besuch im Altenheim.
Meine Mutter lebt aufgrund von gesundheitlichen Einschränkungen nun schon seit ein paar Jahren
im Altenheim. Sie kann nicht mehr selbst am Alltagsleben außerhalb teilnehmen und ist daher immer
sehr auf Berichte von Angehörigen und Freunden gespannt, um Neuigkeiten aus ihrem Umfeld zu
erfahren. Im Heim selbst passiert ja nicht jeden Tag so viel Neues. Und Fernsehen und
Radionachrichten können nicht das gesamte Umfeld abbilden. Was mir bei Besuchen besonders auffällt,
ist der eine große Tisch in der Wohngruppe. Hier sitzen die Bewohner tagsüber und zu den Mahlzeiten
oft zusammen. Beim gemeinsamen Essen werden einerseits die körperlichen und geistigen
Einschränkungen sichtbar, wenn es mit dem Sehen oder Hören nicht mehr so gut klappt, in den Händen
die Kraft fehlt, ein Zittern die Bewegungen erschwert, oder das Reden durch Demenz oder
Schlaganfall erschwert wird.
Trotzdem funktioniert die Tischgemeinschaft wunderbar, die Menschen stellen Ihre Stärken der
Gemeinschaft zur Verfügung und gleichen Schwächen dadurch aus. Zusammen machen sie es möglich, dass
jeder den Brotbelag und den Nachtisch bekommt, den er gerne mag, und dass sein Brot geschmiert auf
dem Tellerliegt.
Die gegenseitige Hilfe erinnert mich an den Esstisch in Familien, wo ja auch die Kleinen von den
Älteren unterstützt werden und neben dem Essen auch alles andere „auf den Tisch kommt“,
was besprochen und geklärt werden muss. In der Mahlgemeinschaft können sich die Bewohner neu
verwurzeln, ein Stück Heimat finden.