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Ein Gebet für Verliebte?

Verliebte sagen sich immer das gleiche, heißt es... Und sie versichern sich in immer gleichen Worten ihrer Zuneigung. Auch der Rosenkranz ist eine Abfolge immer gleicher Gebete.

 

„Durch die Wiederholung schafft der Rosenkranz einen Zustand des Betens. Daher ist er eine wichtige Form für die Gemeinschaft und den einzelnen.", heißt es im Gotteslob, dem allgemeinen Gebetbuch.

 

Ein Rosenkranz hängt am Spiegel des Mietwagens, mit dem ich fahre. In der Straßenbahn sitzt ein junger Mann, der einen Rosenkranz als Halsschmuck trägt. Der junge Mann kann nicht sagen, was das ist, eine besondere Kette eben, meint er auf Nachfrage. Die Mietwagenfahrerin meint: der ist von meiner Mutter. Julian, der am offenen Sarg seines Großvaters steht, fragt die Umstehenden, was der Opa denn für eine Perlenkette um die Hände hat. Das macht man so bei Toten, ist die Antwort.

 

Ist das Rosenkranzgebet „out", wie man heute sagen würde? In unserer Pfarrgemeinde wird es in jeder Woche von einer sehr kleinen Gruppe gebetet (um 18.00 Uhr in der Paulus-Melchers-Kapelle in St. Paul). Viele Menschen, die im christlichem Glauben beheimatet sind und aktiv und lebendig am kirchlichen Leben teilnehmen, können mit diesem Gebet nichts anfangen: Langweilig, nichtssagend, formelhaft erscheint ihnen die zehnmalige Wieder­holung immer gleicher Gebete. Und dennoch scheint es auch andere Erfahrungen zu geben, allerdings eher bei älteren Menschen. Die formelhaften Wiederholungen werden vor allem in belastenden Lebens­situationen offenbar als wohltuend und stärkend empfunden. Ich selbst bete einzelne Gesätze gern beim Wandern oder auf Pilgerwegen. Mit der festen Struktur fällt es mir leichter, im Rhythmus der Schritte meine Gedanken zu zentrieren, meine Gebets­anliegen zu bedenken. Manchmal hilft es mir auch, Durststrecken des Weges und des Lebens zu überstehen.

 

„Als ich so lange krank war, da habe ich den Rosenkranz für mich als Kraftquelle entdeckt", sagt Schwester Thea. Die 74jährige Ordensfrau arbeitet im Krankenhaus der Augustinerinnen, soweit es ihr gesundheitlicher Zustand zulässt, und sie engagiert sich seit langem im Caritaskreis der Pfarrgemeinde. In ihrem Klosterleben hat sie viele Rosenkränze gebetet, aber „es hat mich nicht immer wirklich berührt". In der Ordensgemeinschaft wird täglich der Rosenkranz gebetet in den großen Anliegen der Welt, aber auch in persönlichen Anliegen. „Wenn es mir gesundheitlich nicht gut geht, dann trägt mich dieses Gebet." Nicht immer nimmt Schwester Thea die klassischen Texte der Betrachtung des Lebens Jesu, mit dem die beiden Teile des Ave Marias verbunden werden, sondern sie bedenkt auch Texte aus der heiligen Schrift. Es liegt ihr am Herzen, dass auch jüngere Menschen dieses Gebet entdecken und damit gute Erfahrungen machen.

 

Margarethe Bergmann sagt rundheraus, dass sie mit dem Rosenkranzgebet rein gar nichts anfangen kann. Zu formelhaft, zu langatmig, zu inhaltsleer. Auch mit Litaneien geht es ihr so. Und plötzlich im Gespräch über dieses eindeutige Urteil benennt die 63jähige Richterin eine bewegende Erinnerung aus der Kinderzeit: Die tote Großmutter war aufgebahrt im Wohnzimmer der Familie, und die Nachbarn kamen, um gemeinsam am Sarg den Rosenkranz zu beten. „Da habe ich mich wunderbar geborgen und aufgehoben gefühlt in den immer gleichen und wiederholten Worten. Ich musste nicht nachdenken, ich konnte mich einfach fallen lassen."

 

Der Rosenkranz ist kein Gebet für mich, findet Helga Muths (75). Wie viele Menschen ihrer Generation ist sie mit dem Rosenkranzgebet aufgewachsen. Seufzend erinnert sie sich, wie sie als Kind bei Gewitter von der Großmutter verpflichtet wurde, den Rosenkranz zu beten. Rosenkranz hat für sie eher mit sinnentleerter Pflichterfüllung denn mit Gebet zu tun. Aber plötzlich erinnert sie sich, dass sie den Rosenkranz betete, als sie vor einer Operation lange warten musste bis die Betäubung einsetzte. „Da hat die fest gefügte Form mir gut getan, ich brauchte nicht nachdenken, die Form hat mich gestützt und meinem Gebet einen Halt gegeben."

 

Ingrid Rasch

Info
Laut Wikipedia ist der Rosenkranz „eine Zähl- oder Gebetskette, bei der eine regelmäßige Abfolge von drei Gebeten: Vaterunser, Ave Maria und Ehre sei dem Vater – sogenannte Gesätze* – mit der Betrachtung des Lebens und Sterbens Jesu verbunden wird. Der Rosenkranz hat 59 Perlen.

Die Eröffnung wird an einer am Kranz befestigten Kette mit einem Kreuz und drei kleinen Perlen gebetet, die von zwei großen Perlen gerahmt sind. Darauf folgen auf dem Kranz fünfmal zehn kleinere Kugeln. Ein 'Vaterunser', zehn 'Ave Maria' und ein 'Ehre sei dem Vater' bilden ein Gesätz." * Der Begriff kommt von 'Satz'

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