Sinn und Nutzen von Bittgebeten sind bei vielen Menschen fragwürdig geworden, haben sie doch die
Erfahrung machen müssen, dass in der Regel das Bitten vergeblich und eine Erhörung die große
Ausnahme ist. Gott scheint nicht direkt in den Ablauf dieser Welt eingreifen zu wollen oder zu
können.
Ob Bittgebete einen Sinn haben, beschäftigt schon die Evangelien. Wenn es bei Matthäus heißt:
„Euer Vater weiß, was ihr braucht, noch ehe ihr ihn bittet", so werden Zweifel an Bittgebeten
deutlich, denn ein gütiger und menschenfreundlicher Gott handelt immer zum Wohle der Menschen, ob
er darum gebeten wird oder nicht.
Auch Jesus hat die Erfahrung machen müssen, dass Gott in dieser Welt nicht eingreift:
„Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen, bist fern meinem Schreien, den Worten meiner
Klage? Mein Gott, ich rufe bei Tag, doch du gibst keine Antwort" (Psalm 22). Bei unseren
Bittgebeten können wir als die ihm Nachfolgenden nichts Anderes erwarten. Gebetserfahrung bedeutet
nach Huub Oosterhuis (niederländischer Theologe und Dichter) eben auch: „...wissen, dass Gott
wehrlos, anders ist und kein Problem löst, dass er zu nichts taugt – Elend bleibt Elend
–, dass er uns nichts nützt – und dennoch. So wie man einen Freund hat, der auch keine
Lösung bringt".
Warum aber greift Gott nicht ein? Gott hat sich bei der Erschaffung der Welt selbst Grenzen
gesetzt, indem er den Menschen mit Freiheit ausgestattet hat. Nicht eine Marionette wollte er,
sondern ein Gegenüber. Dieses Zusammenspiel von der Freiheit Gottes und unserer eigenen Freiheit
bleibt für uns Menschen undurchschaubar und somit auch das Zusammenspiel zwischen dem Willen Gottes
und unseren Bitten. Damit müssen wir leben, und mehr gibt es nicht zu verstehen.
An Jesus von Nazareth hat sich Gott, trotz Nichterhörung seiner Bitte am Kreuz, mit der
Auferweckung als Freund erwiesen. Wir dürfen die Hoffnung haben, dass Er sich auch bei uns als
Freund erweisen wird.
Barthel Schröder, Diakon