Fit für die Zukunft?
Eine Kundschaftergruppe – beauftragt vom Pfarrgemeinderat – hat zur Vorbereitung des
Pastoral-Konzeptes Informationen zu den wahrscheinlichen Veränderungen in der Pfarrei St. Severin
bis zum Jahr 2020 gesammelt.
Der Gesamt-Text kann unter der Überschrift „Kirche, die über den Jordan geht“ auf
der Homepage www.st-severin-koeln.de nachgelesen werden. Hier stellt das Kundschafter-Team die
wesentlichen Fakten in Kurzform vor:
Der in den nächsten zehn Jahren zu erwartende gesellschaftliche Wandel lässt sich mit den
Stichworten „weiterer Geburtenrückgang“, „Abkehr von Kirche und religiöser
Praxis“, „ungebrochene Konsumorientierung“, „fortschreitende
Individualisierung“, „veränderte Formen des Zusammenlebens“, „Dominanz der
neuen Medien in der Kommunikation“ und „Altersarmut“ beschreiben. Im Bereich der
Kirche wird die Zahl der zur Verfügung stehenden Seelsorger weiter abnehmen. Geburtenrückgang und
Kirchenaustritte werden dazu führen, dass die Gemeinde in den heutigen Grenzen 2020 um 20 Prozent
kleiner sein wird. Durch Tod und Austritte scheiden fünf- bis zehnmal mehr Mitglieder aus als durch
Taufe, Wiedereintritt oder Konversion hinzukommen.
Geburtenrückgang und höhere Lebenserwartung erhöhen den Altersdurchschnitt der
Gemeindemitglieder. Ältere Menschen werden 2020 Gemeinde und Gemeindeleben also noch weitaus mehr
prägen als heute, Kinder und Jugendliche werden deutlich weniger.
Die seit Jahren zu beobachtende Abkehr von Kirche und religiöser Praxis wird zu einer deutlichen
Reduzierung der Teilnahme an den „klassischen“ Gottesdiensten führen. Während dies
heute schon in den Hl. Messen in der Woche deutlich wird, wird dies 2020 auch in den
Sonntagsgottesdiensten sehr spürbar sein. Die Konzentration auf einen pastoralen Schwerpunkt kann
diesen Trend für St. Severin nur bedingt abmildern.
Das Fernbleiben gerade der Nachwachsenden führt dazu, dass bei der Vorbereitung auf den Empfang
der Sakramente Taufe, Erstkommunion, Firmung und Trauung eine Vertrautheit mit dem Glauben noch
weniger als heute vorausgesetzt werden kann. Die weitgehende Unkenntnis über Glaubensinhalte und
religiöse Praxis wird neue Formen der Vorbereitung erfordern.
Es zeigt sich heute schon, dass der Wunsch nach dem Empfang der Sakramente immer geringer
wird.
Von vier geborenen Kindern wurden 2010 nur noch drei getauft, die dann aber ausnahmslos zur
Erstkommunion gingen. Allerdings lässt sich nur noch ein Teil von ihnen firmen.
Gab es 1980 noch 57 kirchliche Trauungen je hundert zivile Eheschließungen bei wenigstens einem
katholischen Partner, so lag dieser Anteil 2010 nur noch bei 30. Auch ist Jahr für Jahr ein
Rückgang kirchlicher Bestattungen zu beobachten. Bei nur 30 Prozent aller Begräbnisse ist heute die
Kirche noch vertreten. Dieser Trend wird sich bis 2020 weiter fortsetzen.
Das Leben in einer auf Konsum fixierten Gesellschaft ist durch Individualisierung und
Bedürfnisbefriedigung geprägt. Längerfristige Bindungen an soziale Gruppen werden zur Ausnahme, so
dass nicht wenige der heute in der Gemeinde bestehenden Gruppen 2020 nicht mehr vorhanden sein
werden.
Das aber weiterhin bestehende Bedürfnis der Menschen nach Sinn und Orientierung verlangt in
direktem Wettbewerb zu vielfältigen außerkirchlichen Angeboten nach neuen Formen der
Erwachsenenkatechese* und Erwachsenenpastoral*. Die weiter zunehmende Sehnsucht nach Spiritualität
und einem echten Erleben von Glauben erfordern zudem veränderte und neue Formen der Liturgie, die
bei den Erfahrungen und Möglichkeiten der Menschen ansetzen.
Die Nutzung des Internets wird neben Lesen, Schreiben und Rechnen zur vierten Grundfähigkeit des
Menschen, ohne die eine uneingeschränkte Teilnahme am gesellschaftlichen Leben 2020 nicht mehr
möglich sein wird. Die Internetgestützte Kommunikation, die gleichzeitig Abstand und Nähe erlaubt,
wird – will man in 2020 jüngere Menschen noch erreichen – zu einem unerlässlichen
Hilfsmittel bei Verkündigung und Öffentlichkeitsarbeit.
Ein-Eltern-Familien, Ehe auf Zeit (sog. Lebensabschnittspartnerschaften), Patchwork-Familien,
Wiederverheiratete und gleichgeschlechtliche Partnerschaften werden die Normalität sein. Um diese
Menschen ansprechen zu können, ist eine modifizierte Familienkatechese und -pastoral
erforderlich.
Geburtenrückgang, längere Lebenserwartung der Menschen und nicht zum Leben ausreichende
Entlohnung werden zu weiteren Einschnitten in den Sozialsystemen führen. Die heute schon bei den
Witwen festzustellende Armut im Alter wird das primäre soziale Problem in der Gemeinde sein.
Da nach heutiger Erkenntnis auf absehbare Zeit keine Veränderung der Zugangsbedingungen zum
priesterlichen Amt durch die Kirche vorgenommen werden wird, wird es weniger Priester geben. Bleibt
die Größe unseres heutigen Gemeindegebietes erhalten, so wird sich die Anzahl der hauptamtlichen
Seelsorger auf zwei verringern. Zwei Priester bzw. ein Priester und ein/e Gemeinde- bzw.
Pastoralreferent/in werden 2020 das Seelsorgeteam bilden. Einige der heute noch aktiven Seelsorger
im Ruhestand werden altersbedingt nicht mehr oder nur noch eingeschränkt zur Verfügung stehen. Da
auch die Anzahl der Diakone rückläufig ist, kann mit einem Diakon nicht gerechnet werden.
*Katechese = Vermittlung von Glaubenswissen, theoretische und praktische
Einführung in den christlichen Glauben, zum Beispiel in der Tauf-, Kommunion- oder
Firmvorbereitung
*Pastoral = Sammelbegriff für alle seelsorglichen Aktivitäten in Verkündigung,
Gottesdienst und praktischer Nächstenliebe