Wie sehen Frauen und Männer in unserer Gemeinde ihre Rolle in der Kirche? Ist sie für eine Frau
anders als für einen Mann? Die Pfarrbriefredaktion sprach darüber mit zwei Frauen und zwei Männern
aus der jüngeren und der älteren Generation.
Claudia P. sprach mit den beiden Frauen:
Annette Bagert (43 Jahre) ist seit vielen Jahren engagiert in der Gemeinde im
Bereich der Kinder-liturgie, bei der Organisation des „lebendigen Adventskalenders“ und im
Ökumenekreis.
Annette Bagert fühlt sich in ihrem Engagement in der Gemeinde nicht in erster Linie als Frau
wahrgenommen, sondern sieht sich als Mensch gewürdigt. Allerdings stellt sie fest, dass Frauen eher
bereit sind, auch die „kleineren“ Ehrenämter zu übernehmen. Frauen in der heutigen Zeit wägen mehr
ab, wann sie welche Ehrenämter übernehmen können, da sich durch die Berufstätigkeit von beiden
Elternteilen auch die Familienstruktur verändert hat.
Wichtig ist ihr, dass in der pfarrlichen Arbeit wie auch allgemein im Leben verschiedene
Sichtweisen aufeinander treffen: die von Frauen und Männern, von Alten und Jungen, auch wenn
dadurch nicht selten Diskussionen länger dauern, sozusagen „Mehrarbeit“ entsteht. Im Endergebnis
ist es nach ihrer Erfahrung effektiver. Sie empfindet es als Bereicherung, dass es zum Beispiel im
Kinderliturgiekreis einen Mann gibt, und wünscht sich, dort würden sich noch weitere Männer
engagieren. Auch in ihrem Beruf als Physiotherapeutin hat sie gerne mit weiblichen und männlichen
Kollegen zu tun.
In der Kirche hält Annette Bagert Veränderungen für unabdingbar. Sie vermutet, dass es mehr
Priester gäbe, wenn der Zölibat nur eine Möglichkeit und kein Zwang wäre.
Ganz wichtig ist es nach ihrer Meinung, den richtigen Zeitpunkt für Veränderungen nicht zu
verpassen: So wäre sie zum Beispiel als Kind in ihrer Heimat-gemeinde gerne Messdienerin geworden,
was ihr nicht erlaubt war. Als in späteren Jahren nicht mehr genug Jungen zur Verfügung standen,
wurden Mädchen als Messdienerinnen zugelassen. Es betraf sie zwar selbst nicht mehr, aber sie hätte
auf das Messdieneramt verzichtet, wenn es ihr angeboten worden wäre, weil sie sich als Person nicht
gesehen und gewollt fühlte.
Sie fürchtet, dass Jungen und Männer gelegentlich davon abgeschreckt werden, dass Mädchen und
Frauen Aufgaben oft sehr perfektionistisch, manchmal auch vereinnahmend angehen. Dass die Frauen
eines Tages das „Zepter“ in der Kirche in die Hand nehmen, findet sie genauso falsch wie die jetzt
noch vorherrschende Dominanz der Männer.
Sie freut sich, dass beim alljährlichen Mitarbeiter-dank, zu dem alle ehrenamtlich Aktiven
eingeladen sind, eine große Vielfalt von Menschen miteinander feiert, Männer genauso wie Frauen,
Alte wie Junge.
Marion Creutz (71 Jahre) lebt seit sechs Jahren in unserer Gemeinde und fühlt sich
hier sehr wohl. Sie ist Großmutter mit Leib und Seele und widmet ihren sechs Enkelkindern viel
Zeit. Daneben engagiert sie sich aber auch in der Gemeinde – als Ansprechpartnerin für Anliegen
der Caritas, in der Initiative „Offene Kirche“, und seit vielen Jahren gehört sie zum Kreis der
Pfarrbriefverteiler.
Unbehagen bereiten ihr manche Regelungen der Amtskirche. So fragt sie sich: „Was sollen
geschiedene und wiederverheiratete Menschen ihren Kindern sagen, die sich auf die Erstkommunion
vorbereiten, wenn die Eltern selbst nicht zur Kommunion zugelassen sind? Was sollen die Kinder da
von Gottes Liebe begreifen?“
Marion Creutz macht es persönlich nichts aus, dass Frauen nicht zu Priestern geweiht werden
können. Sie findet, dass Frauen sich in vielen Bereichen in der Kirche einbringen können. Sie
selbst war viele Jahre lang in ihrer früheren Gemeinde u.a. Kommunion-katechetin und engagiert in
der Gestaltung von Kindergottesdiensten. Die Präsenz von Frauen in der Kirche dürfe sich allerdings
noch deutlich ausweiten. So meint sie zum Beispiel, dass Frauen im Gottes-dienst auch predigen
sollten, sie brächten eine „wichtige Ergänzung ein, eine mitunter andere Sicht auf die Dinge“. Hier
denkt Marion Creutz – Kinderärztin im Ruhestand – insbesondere an Fragen der Kindererziehung; ist
sie doch überzeugt davon, dass diese immer noch in erster Linie von Frauen geleistet
wird.
Kritisch sieht sie, dass viele Priester – nicht selten in fortgeschrittenem Alter – viel
Einfluss nehmen in Fragen, von denen sie nicht unmittelbar betroffen sind. Besonders kritisch sieht
sie das bei der Frage der Familienplanung. Die Beteiligung von Frauen an der Beratung und
Entscheidung u.a. solcher Fragen hält sie für dringend erforderlich.
Michael Wissen sprach mit den beiden Männern:
Giovanni Gullotta (47 Jahre) ist seit zwei Jahren Kommunionhelfer und engagiert
sich intensiv bei der Gestaltung und Vorbereitung der Familienwochenen-den.
„Es ist ein Skandal, dass Frauen nicht predigen dürfen. Ich würde mir wünschen, dass dies ohne
Einschränkung möglich wäre.“ Mit diesem Satz geht Giovanni Gullotta in das Gespräch mit der Frage
nach den Rollen von Frauen und Männern in der Kirche. Der Satz drückt knapp und sehr deutlich seine
Haltung aus, dass Unterschiede zwischen Männern und Frauen in der Kirche für ihn keine Rolle
spielen, und er fordert vehement ein, die bestehenden Einschränkungen aufzuheben. Letztlich ist ihm
wichtig, dass jeder, der in Kirche und Gemeinde aktiv sein möchte, sich mit seinen persönlichen
Stärken und nach seinen Neigungen ohne Einschränkung für ein gutes Miteinander einbringen kann.
Wenn sich dabei dann in der Praxis doch kleinere Geschlechter-Domänen einstellen, z.B. die
Männerrunde der Schreinträger bei der Severinus-Schreinprozession, ist das für Giovanni Gullotta –
mit einem kleinen Augenzwinkern gesagt – ganz in Ordnung.
„Vom Meßdiener zum Kirchenvorstand“, so könnte man die Zeit, die
Richard Danebrock (79 Jahre) in der Gemeinde St. Severin verbracht hat, gut
beschreiben. Er hat schon in den ersten Nachkriegsjahren (1947) als Gruppenleiter eine Jungengruppe
in St. Severin betreut und hat schließlich auch über viele Jahre im Kirchenvorstand St. Severin
ehrenamtlich mitgearbeitet. Zu seiner Jugendzeit war eine Trennung der Geschlechter, besonders im
Kinder- und Jugendalter, selbstverständlich. Dies ging in der gemeindlichen Jugendarbeit sogar
soweit, dass es eigene Kapläne sowohl für die Jungen als auch für die Mädchen gab. Beide Gruppen
konnten dabei ihren eigenen Interessen und Neigungen nachgehen, und aus Sicht von Richard Danebrock
war es daher auch nicht „notwendig“, einen direkten Konkurrenzkampf der Geschlechter
auszufechten. Auf die Frage nach der persönlichen Sicht auf die Kirche als Mann in unserer
Gemeinde macht er deutlich: „Ich erlebe heute zwei verschiedene Kirchen; die Amtskirche und die
Kirche in der Gemeinde. Es stimmt mich traurig, dass die Amtskirche es heute nicht schafft, ihre
Verkündigung zeitgerecht zu gestalten.“ Deshalb lässt sich für ihn der tiefere Sinn der Botschaft
Jesu nicht mehr mit unseren heutigen modernen Erkenntnissen zusammenbringen.
Für ihn als Mann stellt sich die grundsätzliche Frage nach den Möglichkeiten innerhalb der
Kirche nicht – „Wir als Männer haben kein ’Problem’ in der Kirche, denn uns Männern steht ja jede
Form der Mitarbeit/Gestaltung in der Kirche offen. Für Frauen gilt dies auch heute noch nicht
uneingeschränkt. Frauen haben heute in der Amtskirche leider nicht mehr die entsprechende Stellung,
die sie zur Zeit Jesu und der Apostel hatten – das Diakonenamt. Beauftragt mit diesem Amt oder
dieser Weihe wäre Verkündigung und Auslegung des Wortes in der Predigt eine wichtige Aufgabe, die
Frauen heute in der Kirche wahrnehmen könnten.“ Das Priesteramt sieht Richard Danebrock aber sehr
deutlich in der Nachfolge Jesu als den Männern vorbehalten.
Kirche in der Gemeinde erlebt er als lebendiges Miteinander aller Generationen mit
unterschiedlichsten Angeboten und Aktivitäten für fortschrittliche als auch eher konservative
Menschen. Dabei hat er Frauen – auch aus seinen vielfältigen Erfahrungen in der Gremienarbeit –
immer als absolut gleichberechtigt und kompetent in der Zusammenarbeit erlebt. „Es war für mich
dabei nie erkennbar, dass sich Frauen im Sinne einer Gleichberechtigung über die Mitarbeit in den
Gremien profilieren wollten. Frauen haben für mich unbedingt den gleichen Wert in Gesellschaft und
Kirche wie Männer und tragen dabei jeweils ihren Teil zum Miteinander bei.“