Matthäus beginnt sein Evangelium mit einem auf den ersten Blick langweiligen Stammbaum. Er
weist, da Stammbäume in der Antike eine Legitimationsfunktion haben, über eine Kette von Namen
nach, dass Jesus von David abstammt, eine Voraussetzung für seine Anerkennung als Messias.
Ahnenreihen liefen über die männliche Linie. Eine Nennung von Frauen war nicht üblich. Matthäus
aber nennt vier Frauen: nicht die großen jüdischen Frauengestalten Sara, Rebekka und Rahel sondern
Tamar, Rahab, Rut und Batseba. Alle vier waren starke Frauen und hatten durch ihr Engagement
entgegen bestehenden gesellschaftlichen Konventionen dafür gesorgt, dass mit der Geburt von Kindern
die Geschichte Gottes mit den Menschen weiterging. Ohne sie hätte Gott neu mit Israel und den
Menschen anfangen müssen.
Tamar verführte ihren eigenen Schwiegervater, da er verhinderte, dass sie, wie im
Gesetz vorgesehen, nach dem Tode ihres Mannes einen seiner Brüder heiraten konnte (Genesis 38), um
Nachkommen zu haben.
Rahab war eine berufsmäßige Prostituierte, die das Leben der Kundschafter Josuas
rettete (Josua 2), so dass die Israeliten in das von Gott verheißene Land einziehen konnten.
Rut warb mit ihren körperlichen Reizen um Boas, weil nur er ihr das Bleiben im
Lande und den Lebensunterhalt sichern konnte (Rut).
Batseba schließlich erlag den Verführungen Davids, beging Ehebruch mit ihm (2.
Buch Samuel 11) und sorgte mit der Geburt des Salomon für einen geeigneten Nachfolger Davids.
Alle vier Frauen weisen bei der Sicherung von Nachkommenschaft nicht nur „eheliche
Unregel-mäßigkeiten“ auf, sondern sie sind alle auch keine Jüdinnen. Tamar war Aramäerin, Rut
Moabiterin, Rahab eine Bewohnerin des kanaanäischen Jericho und Batseba Hethiterin. An diesen vier
Frauen wird deutlich, dass Gott in den entscheidenden Momenten der Heilsgeschichte auf Frauen
setzt, und dass er das Heil aller Menschen will.
Dieses Setzen Gottes auf starke Frauen zeigt sich gerade auch in Maria, der Mutter des Jesus von
Nazareth. Ihre Offenheit für diesen Sohn hat sichergestellt, dass die Geschichte Gottes mit den
Menschen so weiterging, wie der Ewige es wollte. Ohne sie hätte Gott wiederum neu mit Israel und
den Menschen anfangen müssen. Auch bei ihr kann von einer normalen Zeugung und Geburt nicht die
Rede sein.
Foto: Roland Rost
Nach der Kreuzigung ist die starke Frau Maria aus Magdala die Erste, der der Auferstandene
erscheint: „Ich habe den Herrn gesehen“, so berichtet sie es den Jüngern. Der
Auferweckte erscheint zuerst einer Frau, weil die Männer, die mit ihm umhergezogen waren, schon
lange das Weite gesucht hatten. Er erscheint zuerst einer Frau, weil Frauen vielleicht besser in
der Lage sind, auch das intuitiv zu erfassen, was über das rein Verstandesmäßige hinausgeht. Wäre
ein Mann nicht direkt durch ein „Das kann doch überhaupt nicht sein!“ blockiert
gewesen? Auch Maria aus Magdala erkennt den Auferstandenen nicht sofort, doch ein Wort von ihm, ein
Blick lassen sie verstehen. Wäre da ein Mann nicht geradezu überfordert gewesen? „Hast du
diesen Blick gesehen?“, werden wir von unseren Frauen gefragt, und müssen in der Regel
gestehen, dass uns dies entgangen ist. Erst nachdem die Jünger von dieser starken Frau auf das
Unvorstellbare aufmerksam gemacht worden sind, eröffnet sich ihnen die Möglichkeit zur Sicht des
Auferstandenen.
Der Auferweckte erscheint zuerst einer Frau, weil die Frau – wie die Auferstehung –
für Leben steht. Männer geben, wenn es um Leben geht, wie die Kriege zeigen, häufig ein schlechtes
Bild ab. Auch an dieser entscheidenden Stelle der Heilsgeschichte bedient sich Gott einer
starken Frau. Das neue Leben, das den Menschen geschenkt wird, ist, da durch den Tod des Jesus von
Nazareth erworben, eine alles andere als normale Geburt.
Und als die Frohe Botschaft der Auferweckung des Jesus den Menschen verkündigt wurde, da wird
Priska genannt. Auch sie muss eine starke Frau gewesen sein, da Paulus sie heraushebend sechsmal in
seinen Briefen grüßen lässt. Meistens nennt er sie entgegen dem damaligen Brauch, den er bei
anderen Ehepaaren, die er grüßen lässt, auch einhält, vor ihrem Mann Aquila, was ihre Bedeutung
unterstreicht: „Grüßt Priska und Aquila, meine Mitarbeiter in Christus Jesus, die für mich
ihr eigenes Leben aufs Spiel gesetzt haben; nicht allein ich, sondern alle Gemeinden der Heiden
sind ihnen dankbar.“ (Römerbrief 16, 3).
Danken wir Gott für Tamar, Rahab, Rut, Batseba, Maria, Maria von Magdala, Priska und für alle
die vielen Frauen nach ihnen, die dafür sorgten und sorgen, dass die Sache des Jesus von Nazareth
weitergeht. Dies nicht genug gewürdigt zu haben und zu würdigen, ist ein Versagen, über das der auf
den ersten Blick so langweilige Stammbaum einlädt nachzudenken.
Barthel Schröder, Diakon
Stammbaum Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams
Jakob war der Vater von Josef, dem Mann
Marias; von ihr wurde Jesus geboren, der der Christus (der Messias) genannt
wird.
Azor war der Vater von Zadok, Zadok von Achim, Achim von Eliud, Eliud von Eleasar, Eleasar von
Mattan, Mattan von Jakob.
Nach der Babylonischen Gefangenschaft war Jojachin der Vater von Schealtiël, Schealtiël von
Serubbabel, Serubbabel von Abihud, Abihud von Eljakim, Eljakim von Azor.
Joschija war der Vater von Jojachin und seinen Brüdern; das war zur Zeit der Babylonischen
Gefangenschaft.
Usija war der Vater von Jotam, Jotam von Ahas, Ahas von Hiskija, Hiskija von Manasse, Manasse
von Amos, Amos von Joschija.
Salomo war der Vater von Rehabeam, Rehabeam von Abija, Abija von Asa, Asa von Joschafat,
Joschafat von Joram, Joram von Usija.
Isai der Vater des Königs David. David war der Vater von Salomo, dessen Mutter
Batseba,
die Frau des Urija, war.
Salmon war der Vater von Boas; dessen Mutter war
Rahab. Boas war der Vater von Obed;
dessen Mutter war
Rut. Obed war der Vater von Isai.
Juda war der Vater von Perez und Serach; ihre Mutter war
Tamar.
Perez war der Vater von Hezron, Hezron von Aram, Aram von Amminadab, Amminadab von Nachschon,
Nachschon von Salmon.
Abraham war der Vater von Isaak, Isaak von Jakob, Jakob von Juda und seinen Brüdern.