"Wir feiern den Beginn eines neuen Lebens, was kann es Schöneres geben?"
Oft gehören Eltern verschiedenen Konfessionen an. Ist das problematisch?
Nein. Häufig sind evangelische Elternteile sangesfester, bringen eigene Traditionen ein,
erinnern sich z.B. wieder an ihren eigenen Tauf- oder Konfirmationsspruch, der dann in die Feier
integriert werden kann. In den Fürbitten beten wir ja auch immer für die Christen aller
Konfessionen.
Was sagen Sie Großeltern, die traurig darüber sind, dass ihre Enkelkinder nicht getauft
sind?
Dass sie dafür nicht verantwortlich sind, da die Taufe immer in der Entscheidung der Eltern
liegt, was ich auch für richtig halte. Ich sage ihnen aber auch, dass ihre Kinder die Werte, die
sie ihnen mit auf den Weg gegeben haben, sicher irgendwie auch leben, wenn auch vielleicht anders.
(Ich habe schon erlebt, dass Großeltern ein Kind zur Taufe anmelden wollten, und dieses abgelehnt.
Als die Großmutter drohte, das Kind notzutaufen, habe ich ihr das sehr vehement
ausgeredet.)
Mit 14 Jahren werden Jugendliche religionsmündig. Haben Sie schon einmal einen Jugendlichen
gegen den Willen der Eltern getauft?
Einer meiner Neffen, dessen Eltern beide aus der Kirche ausgetreten sind, bat mich eines Tages
um die Taufe. Als die Eltern bemerkten, wie intensiv der Junge sich mit dem Glauben
auseinandersetzte und wie ernsthaft seine Entscheidung war, standen sie ihm nicht im Wege. Im
Gegenteil, sie haben dann einen sehr schönen Rahmen für die Feier geschaffen. Zu Ihrer Frage: Ich
würde immer versuchen, sowohl dem Willen der Jugendlichen gerecht zu werden als auch um Verständnis
bei den Eltern für die Entscheidung ihres Kindes zu werben.
Wie ist es für Sie, wenn für Verwandte oder Freunde der Familie nicht die Taufe an sich, sondern
Fotos oder Videoaufnahmen der Taufe im Vordergrund zu stehen scheinen?
Ich sage im Vorfeld ganz klar, wann fotografiert werden darf und wann nicht. Ich erinnere mich
an eine Taufe, wo ein Teilnehmer mich bat: „Herr Kaplan, können Sie bitte das Kind noch einmal
taufen, das Blitzlicht hat nicht funktioniert!“ Ihm habe ich gerne erklärt, dass es sich bei der
Taufe um einen einmaligen Akt handelt. Wenn jemand die Konfession wechselt, wird er übrigens auch
nicht ein zweites Mal getauft.
Manche Teilnehmer an Taufen sind sicherlich auch mit den Ritualen wenig vertraut ...
Ja, das ist so, und dann ist es unsere Aufgabe, die Liturgie so zu feiern, dass sie ansprechend
ist, die Zeichen der Taufe sprechen zu lassen. Wir müssen das neue Leben und die Bitten, die für
den Täufling formuliert werden, miteinander ins Gespräch bringen.
Was ist damit gemeint?
Alles darf und nichts muss ins Wort gesetzt werden; alles, was die Eltern bewegt, soll Raum
haben … dass – wenn wir das Leben des Neugeborenen feiern – auch Raum entsteht zum Beispiel für die
Trauer um ein gestorbenes Geschwister. Dann gelingt uns etwas sehr Wesentliches.
Das Gespräch mit Pfarrer Johannes Quirl führte Claudia P.