So selbstverständlich Christen früherer Generationen die Taufe ihrer Kinder war, so sehr ist
das heute bei vielen Eltern eine Frage, die ernsthaft und durchaus verantwortungsbewusst diskutiert
wird. Die Pfarrbriefredaktion hat Eltern gefragt, wie und warum sie sich für oder gegen die Taufe
ihres Kindes entschieden haben und was das für sie bedeutet.
Pastor Johannes Quirl tauft Klara.
Jenny und Wolfgang Otten haben ihre Tochter Klara am 17. März 2012 taufen lassen:
War es für Sie selbstverständlich, dass Ihr Kind getauft wird?
Das lag zum einen nahe, weil wir beide getauft sind. Zum anderen haben wir viele positive
Erfahrungen im jeweiligen Gemeindeleben gemacht.
Dennoch war die Entscheidung nicht selbstverständlich, weil wir diese nicht für uns selbst
getroffen haben. Außerdem gibt es gute Gründe, sich mit Glauben und Kirche kritisch
auseinanderzusetzen und sich möglicherweise gegen die Taufe zu entscheiden. Wir wollten unserer
Tochter Klara jedoch die Möglichkeit geben, all das hautnah kennen zu lernen, was Glaube und
Gemeinde für uns bedeutet, auch wenn es hierbei nicht nur Positives zu entdecken gibt. Auf dieser
Grundlage kann sie dann eines Tages selbst entscheiden, ob sie Teil dessen bleiben
möchte.
Was bedeutet die Entscheidung zur Taufe für Sie, für die Familie und für den Freundeskreis?
Uns beiden bedeuten Vertrauen und Geborgenheit, die wir in unserer Gemeinde erlebt haben, sehr
viel. Es wäre schön, wenn Klara ähnliche Erfahrungen machen könnte. Ihre Taufe soll der erste
Schritt auf diesem Weg sein. Wir wünschen uns, sie auf diesem Weg zusammen mit Freunden und
Familienmitgliedern begleiten zu können.
Die Entscheidung zur Taufe haben wir allein getroffen, dazu aber viel Zustimmung
erfahren.
Verknüpft sich mit der Tauf-Entscheidung auch eine Erwartung an die Gemeinde?
Wir hoffen, dass Klara Möglichkeiten finden wird, Teil des Gemeindelebens zu werden und dort
Unterstützung erhält, ihren eigenen Weg zu gehen.
Auch Frau und Herr Rottwinkel haben ihren Sohn Hannes taufen lassen. Sie sagen dazu:
Wir haben unseren Sohn im vergangenen Dezember in St. Severin taufen lassen. Selbstverständlich
war das für uns nicht – eher eine bewusste Entscheidung dafür, dass Kirche und Christentum
Teile unserer Erziehung sein sollen. Wir sind selbst beide katholisch erzogen worden und haben
damit ein christliches Wertegefüge verinnerlicht. In diesem Sinn wollen wir auch unseren Sohn mit
Kultur und Historie des Christentums vertraut machen.
Für unsere Freunde und die Familie ist es keine grundlegende Frage gewesen, ob unser Sohn
getauft wird oder nicht. Tiefergehende Diskussionen gab es darüber allenfalls mit Freunden, die
sich ebenfalls aufgrund kleiner Kinder über die Taufe Gedanken machten.
Bei der Tauffeier mit Familie und Freunden haben wir dann allerdings erlebt, dass z.B. das
umfassende ‚Ja’ der Paten zum Kind oder die Aufnahme in eine Gemeinschaft für uns einen
viel höheren Stellenwert eingenommen haben als wir vorher gedachten.
Unser Sohn wächst in einer großen Stadt und einer immer komplexeren Welt auf. Um sich darin
nicht zu verlieren, wünschen wir uns für ihn einen „sicheren Hafen“. Wir erhoffen uns
vom Gemeindeleben, dass wir ihm damit ein Wertesystem vermitteln können, das ihm hilft sich in der
Welt zurechtzufinden.
selbstverständlich dazugehören - diese Botschaft hat überzeugt. Foto: privat
Ein Vater von (inzwischen erwachsenen) Kindern spricht von seiner Entscheidung seine Kinder
nicht taufen zu lassen.
„Wir haben uns die Entscheidung, unsere Kinder nicht taufen zu lassen, nicht leicht
gemacht“, sagt der Vater, der aus Rücksicht auf seine inzwischen erwachsenen Kinder anonym
bleiben möchte. Er ist ebenso wie seine Frau in christlicher Tradition groß geworden, hat viele
Jahre in einer katholischen Einrichtung gearbeitet. Wiederheirat nach Scheidung hat ihm, wie er
sagt, die Rigidität der Administration vor Augen geführt. Sehr frustrierende Erfahrungen bei einem
Versuch der Eheannullierung kamen hinzu. Gemeinsam mit seiner Frau ist er aus der Kirche
ausgetreten. Gemeinsam haben dennoch beide ernsthaft erwogen, ob sie es verantworten können, ihre
Kinder nicht taufen zu lassen. Der Wunsch, konsequent, ehrlich und gradlinig zu handeln, sprach
gegen die Taufe. Der Wunsch, den Kindern eine Grundlage zu schaffen, auf der sie später eigene
Entscheidungen treffen können, und ihnen ein Gefühl der Zugehörigkeit zu geben, sprach dafür.
Letztlich fiel die Entscheidung gegen die Taufe aus, auch wenn zum damaligen Zeitpunkt noch die
beunruhigende Vorstellung mitschwang, damit die Kinder im Zustand der Erbsünde zu lassen.
Die erste Verunsicherung – so erinnert sich der Vater – entstand mit der
Einschulung; nach einiger Überlegung wurden die Kinder zum evangelischen Religionsunterricht
angemeldet, weil die Eltern hier mehr Lebendigkeit und Freiraum erlebten. Die zweite
Verunsicherung stand an bei der Konfirmation. Die fehlende Konfirmationsfeier ersetzten die
Eltern durch ein selbst gestaltetes Fest, unter dem Aspekt, jedem Kind eine besondere
Aufmerksamkeit zuteilwerden zu lassen.
„Ich bin nicht sicher, ob wir durch unsere Entscheidung den inzwischen erwachsenen Kindern
ein Problem aufgehalst haben, oder ob wir gerade dazu beigetragen haben, dass wir über Fragen des
Glaubens und der religiösen Überzeugung bis heute im Gespräch geblieben sind.“ Dennoch ist
der Vater heute überzeugt, dass die damalige Entscheidung den Kindern etwas genommen hat: Die
Erfahrung der Zugehörigkeit zum christlichen Kulturkreis. Und er glaubt, dass die Erfahrung der
religiösen Rituale eine gute Basis für eigenständige Entscheidung gewesen wäre. Er und seine Frau
definieren sich als religiös Suchende. Sie freuen sich darüber, dass die Fragen des Lebens und des
Glaubens auch für ihre erwachsenen Kinder wichtig sind.