Nach den ersten Babyflitterwochen kam dann der Gedanke: ... und wie wäre es mit einem ruhigen
Abend zu zweit, bei dem man nicht nach fünf Minuten total erschöpft einschläft? Oder gar an einem
Morgen selbstbestimmt aufwachen, oder ausgeschlafen? Mein Mann und ich merkten: Es würde uns gut
tun, auch mal wieder an uns zu denken. Zeitweise Aufgabenteilung. „Frei haben“. Und da
ist zum Glück meine Mutter, die noch fit ist und mit viel Freude unsere Tochter regelmäßig betreuen
möchte. So können wir uns gemeinsame Paar-Zeit gönnen.
Doch dann diese Aussage: „Mein Enkelkind! Kann ich sie haben?“ Haben! Das hat mich
schockiert, schließlich kann niemals irgendjemand einen Menschen „haben“; Menschen
haben sich nur selbst. Der erste Konflikt. „Gib Opa Küsschen!“ Hilfe! Genau so nicht!
Unsere Tochter soll von Anfang an als Mensch mit eigener Würde und eigenen Bedürfnissen leben!
Zweiter Konflikt. Es blieb nicht bei zweien. Es hat eine Weile gedauert, aber wir konnten unsere
unterschiedlichen Auffassungen besprechen und gemeinsame Regeln aufstellen. Das funktioniert in
Kombination mit Vertrauen, denn schließlich wollen wir keine totale Kontrolle. Loslassen habe ich
gelernt und gelernt, mich auf mein Bauchgefühl zu verlassen.
Gleichzeitig habe ich meine Unbeschwertheit verloren – kurzfristig ins Ausland gehen,
spontan mit Freunden ausgehen oder länger weg bleiben: Jedes Stückchen Freiheit bedeutet
Organisation im Vorfeld und Nachdenken über die Folgen für die gesamte Familie. Mein
Verantwortungsgefühl ist gewachsen.
Gewachsen ist auch die Vielfalt an Rollen, die ich einnehme: Frau im Beruf, Partnerin, Mutter,
eine veränderte Rolle als Tochter. Eine Herausforderung, diese Rollen zu balancieren, aber auch
eine Bereicherung. Gemeinsam haben wir uns als Familie überlegt, was uns wirklich wichtig ist in
unserem Leben. So kann ich die Rollen mit ihren verschiedenen Anforderungen bisher gut
leben.
Meine Rolle als Mutter. Ein Gewinn? Ja. Verlust? Auch. Beide Aspekte gestehe ich mir ein. Mit
Zufriedenheit sehe ich bei meiner persönlichen Gewinn- und Verlustrechnung: Unterm Strich ist sie
positiv!
Gott sei Dank!