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Auf Wolke sieben?

Ihre ganz persönlichen Erfahrungen und die vielfältigen Facetten von „Gewinn und Verlust“ während der Schwangerschaft und nach der Geburt ihrer Tochter schildert Dr. Barbara Kruse, Mitglied der Pfarrbrief­redaktion.

 

  

Toll, herzlichen Glückwunsch! Ihr bekommt Nachwuchs! Wie schön! Ja, wir freuten uns sehr. Schließlich weiß jeder, dass Kinder Lebendigkeit bedeuten, dass das Wunder des Lebens am und im eigenen Körper erfahren wird. Und im Alltag mit Kind werden Fähigkeiten trainiert, die jeden Arbeitgeber begeistern: exzellentes Zeitmanagement und Zuverlässigkeit, Organisationstalent, Verantwortungsbewusstsein.

Gewinn – und Verlust? Darf man als Mutter von Verlust sprechen? Ich kann mich noch daran erinnern: Ich saß im Büro meines Chefs und besprach mit ihm die Terminplanung für die nächsten Monate – und da war er, dieser Blick auf meinen Bauch. „Ja, ich bin schwanger; trotzdem möchte ich meine Arbeit vorantreiben.“ Auch wenn mir Verständnis und Wohlwollen entgegenschlug, es kam dieses Gefühl hoch: Ich bin nur noch Bauch; alles und jeder schaute auf meinen Bauch. Ich war nicht mehr eine berufstätige Frau wie jede andere, sondern „Bauch“. Ich fühlte eine totale Beschränkung auf meine zukünftige Rolle als Mutter. Verlust.

 

Unsere Tochter wurde geboren. Wolke sieben. Eine überglückliche Familie, als das kleine Menschenwesen endlich das Licht der Welt erblickte. Sinn und Freude im Leben. Ein Gewinn für alle. Zugleich wurden weitere kleine Verluste gegenwärtig: Schlaf und Selbst­bestimmtheit. Dieses kleine Menschenkind in vollkommener Ab­hängig­keit von uns Erwachsenen. Und wir im Gegenzug mit unserer vollkommenen Hingabe.

Foto: pfarrbriefservice.de

Nach den ersten Babyflitterwochen kam dann der Gedanke: ... und wie wäre es mit einem ruhigen Abend zu zweit, bei dem man nicht nach fünf Minuten total erschöpft einschläft? Oder gar an einem Morgen selbstbestimmt aufwachen, oder ausgeschlafen? Mein Mann und ich merkten: Es würde uns gut tun, auch mal wieder an uns zu denken. Zeitweise Aufgabenteilung. „Frei haben“. Und da ist zum Glück meine Mutter, die noch fit ist und mit viel Freude unsere Tochter regelmäßig betreuen möchte. So können wir uns gemeinsame Paar-Zeit gönnen.

 

Doch dann diese Aussage: „Mein Enkelkind! Kann ich sie haben?“ Haben! Das hat mich schockiert, schließlich kann niemals irgendjemand einen Menschen „haben“; Menschen haben sich nur selbst. Der erste Konflikt. „Gib Opa Küsschen!“ Hilfe! Genau so nicht! Unsere Tochter soll von Anfang an als Mensch mit eigener Würde und eigenen Bedürfnissen leben! Zweiter Konflikt. Es blieb nicht bei zweien. Es hat eine Weile gedauert, aber wir konnten unsere unterschiedlichen Auffassungen besprechen und gemeinsame Regeln aufstellen. Das funktioniert in Kombination mit Vertrauen, denn schließlich wollen wir keine totale Kontrolle. Loslassen habe ich gelernt und gelernt, mich auf mein Bauchgefühl zu verlassen.

 

Gleichzeitig habe ich meine Unbeschwertheit verloren – kurzfristig ins Ausland gehen, spontan mit Freunden ausgehen oder länger weg bleiben: Jedes Stückchen Freiheit bedeutet Organisation im Vorfeld und Nachdenken über die Folgen für die gesamte Familie. Mein Verantwortungsgefühl ist gewachsen.

 

Gewachsen ist auch die Vielfalt an Rollen, die ich einnehme: Frau im Beruf, Partnerin, Mutter, eine veränderte Rolle als Tochter. Eine Herausforderung, diese Rollen zu balancieren, aber auch eine Bereicherung. Gemein­sam haben wir uns als Familie überlegt, was uns wirklich wichtig ist in unserem Leben. So kann ich die Rollen mit ihren verschiedenen Anforderungen bisher gut leben.

 

Meine Rolle als Mutter. Ein Gewinn? Ja. Verlust? Auch. Beide Aspekte gestehe ich mir ein. Mit Zufriedenheit sehe ich bei meiner persönlichen Gewinn- und Verlustrechnung: Unterm Strich ist sie positiv!

 

Gott sei Dank!

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