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Die Kinder ziehen davon, die Eltern bleiben nicht stehen

Wer Glück hat, wie ich, der hat mehrere Kinder. Es gehen nicht alle auf einmal. Jeder geht anders. Diese Unterschiede halten uns Eltern wach und lebendig.

  

 

Bei mir gehen bzw. gingen drei. Zwei Mädchen bzw. junge Frauen und ein Junge bzw. ein junger Mann. Alle drei waren schon in der 11. Klasse ein halbes Jahr im Ausland. In Spanien ‚nah‘ und in Neuseeland ‚fern‘. Alle drei kamen gestärkt mit Selbstbewusstsein und einer erfreulichen Familienorientierung zurück. Zum Glück und Stolz der Eltern.

 

Eine junge Frau ging nach dem Abitur auf Weltreise inklusive eines Projektes in Guatemala. Dank Internet und Handy war der Kontakt nur selten unterbrochen. Aber dann. Was nun? Wo soll ich suchen? Alles ging gut. Danach der Studienbeginn in Köln, der Wechsel nach Berlin und nach Hamburg, dem Lebensmittelpunkt mit Partnerschaft und Heirat. Der Abschied schien leicht. Er ging über mehrere Stationen. Es ging ein ‚Kind‘ und gewonnen wurde eine junge Frau, die ihr eigenes Leben verantwortungsvoll meistert. Der Verlust tritt zurück, die Eltern sind begeistert.

Die zweite Tochter verlässt das Haus für ein klar umgrenztes Studium in einer anderen Stadt. Abschied mit ‚Rückfahrkarte‘ nach einem Jahr. Das weitere Studium wird am Ort der Eltern begonnen. Der Aus­landsaufenthalt danach ist schon geplant. Die Rückkehr zur Weiterführung des Studiums bleibt offen. Wir können nur hoffen.

 

Der dritte im Bunde geht sofort nach der Schule. Scheinbar für immer. Das Studium zwingt dazu. Ehe man sich versieht ist er weg, mit Möbeltransfer und ohne ‚Rückfahrkarte‘. Neben dem Geleit bleibt die Hoffnung auf die vorlesungsfreie Zeit.

 

Der Verlust schmerzt sehr, aber stolz sind wir auch. Es gehen Kinder, und es kommen Erwachsene. Jedes Zusammentreffen stellt uns vor neue Herausforderungen. Die vertrauten Phasen der kindlichen Ent­wicklungen sind ab­ge­schlossen. Ver­än­de­rungen sind wieder angesagt. Sie machen uns unsicher, aber sie halten uns wach und lebendig. Neue Erfahrungen prägen die vertraute Eltern-Kind-Beziehung. Das Los­lassen ist zwingend. Wir geben das Heft aus der Hand und verlassen den Mittelpunkt der Le­bens­welten unserer Kinder. Wenn wir uns diesen Veränderungen stellen, geben wir ihnen spürbar Rückhalt und Sicherheit bei den Höhen und Tiefen ihrer eigenen Lebens­entwürfe.

 

Jürgen Zimmermann-Höreth

 
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